Transformatoren schalteten sich ab: Brokdorf wieder vom Netz
Das Atomkraftwerk in Brokdorf war erst vor kurzem nach Revision wieder ans Netz gegangen. Jetzt musste Betreiber Eon das Kraftwerk abschalten: die Transformatoren wollten nicht mehr.
BROKDORF/KIEL dpa | Das Atomkraftwerk Brokdorf in Schleswig-Holstein ist am Sonntag nach einem Zwischenfall abgeschaltet worden. Die Transformatoren, über die der Strom aus dem Kraftwerk ins Netz eingespeist wird, schalteten sich aus noch ungeklärter Ursache selbst ab, wie das zuständige Justizministerium in Kiel mitteilte. Wenig später schaltete der Betreiber Eon den Reaktor ab.
Eine Unternehmenssprecherin betonte, das Ereignis habe sich im konventionellen, nicht im atomaren Teil des Kraftwerks ereignet und sei nicht meldepflichtig. Experten sollen jetzt Gasproben aus den Transformatoren auswerten.
Das AKW Brokdorf war erst am 20. Juli nach mehrwöchiger Jahresrevision wieder ans Netz gegangen. Brokdorf war fünf Wochen abgeschaltet – die Arbeiten dauerten zwei Wochen länger als geplant. Das Ministerium begründete die besonders lange Revisionszeit mit der Atom-Katastrophe in Fukushima. Bei der Jahresrevision wurde auch das Notfallkonzept auf Herz und Nieren getestet. Außerdem wurden laut Ministerium 48 der insgesamt 193 Brennelemente ausgetauscht. Wie der Betreiber Eon weiter mitteilte, kostete die fünfwöchige Jahresrevision 30 Millionen Euro. Dabei seien rund 1400 externe Fachkräfte zum Einsatz gekommen.
Zwei meldepflichtige Ereignisse während der Revision
Im Zuge von Sonderprüfungen kam es laut Ministerium während der Revision zu zwei meldepflichtigen Ereignissen, die von Eon der Atomaufsicht ordnungsgemäß angezeigt wurden. Eine Eon-Sprecherin betonte, beide Ereignisse seien nicht sicherheitsrelevant gewesen und hätten unterhalb des Levels der siebenstufigen Internationalen Bewertungsskala für nukleare Ereignisse (INES) gelegen.
Zum einen seien bei der Inspektion von Brennelementen sowie der Durchführung von Fallzeitmessungen der Steuerelemente vereinzelte Abweichungen vom spezifizierten Zustand festgestellt worden. Deshalb seien alle für den Einsatz vorgesehenen 193 Brennelemente gesondert inspiziert und vermessen sowie alle 61 Steuerelemente einer Gängigkeitsprüfung unterzogen worden. Die Abschaltsicherheit der Anlage sei gewährleistet, resümierte das Ministerium. Zum anderen wurden "nicht spezifikationsgerecht eingesetzte Sicherungen" ausgetauscht.
Die Revisionsarbeiten wurden von der schleswig-holsteinischen Atomaufsicht und den von der Behörde hinzugezogenen Sachverständigenorganisationen TÜV NORD, Energie-Systeme Nord, Germanischer Lloyd sowie Bausachverständigen kontrolliert.
Nach der jüngsten Atomgesetzänderung kann Brokdorf noch bis Ende 2021 in Betrieb bleiben. Die beiden anderen Kernkraftwerke im Norden, Brunsbüttel und Krümmel, bereits seit vier Jahren fast durchgängig vom Netz, dürfen keinen Strom mehr liefern.
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