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Taxifahrer streiten mit ZentraleBremens Taxen vereinigen sich

Bremer TaxifahrerInnen wollen sich mit einer Interessengemeinschaft gegen den Unternehmerverband "Taxi-Ruf Bremen" zur Wehr setzen.

Dieser Fahrer hat bestimmt nicht den Status "Service-Fahrer". Bild: dpa

Eine Interessengemeinschaft Bremer TaxifahrerInnen will sich gegen Sanktionen und Schulungen des „Taxi-Ruf Bremen“ wehren. In dieser Zentrale sind fast 85 Prozent aller Bremer Taxiunternehmen Mitglied.

„Mit der Verlängerung meines Taxi-Scheins vor einem halben Jahr habe ich einen neuen Vertrag des Taxi-Rufs bekommen“, sagt Marco Bark, Vorstandsmitglied der Interessengemeinschaft, kurz IG. Darin wurde er verpflichtet, einmal im Jahr an einer kostenpflichtigen Schulung teilzunehmen. „Als ich sagte, dass ich das nicht unterschreiben würde, sollte ich keine Funkfahrten mehr bekommen.“ Bark hätte dann nur noch „Einsteiger“ fahren können, also Fahrgäste, die nicht über die Zentrale einen Wagen bestellen, sondern spontan auf der Straße oder am Taxistand. Das hätte massive Konsequenzen, denn Taxifahrer verdienen kein festes Gehalt, sondern bekommen Provisionen zwischen 35 und 40 Prozent des Umsatzes. So unter Druck gesetzt, hätten fast alle Kollegen den Vertrag unterschrieben, sagt Bark.

Allerdings hätten sich einige FahrerInnen geweigert, die Schulungen zu besuchen: „Die kosten 35 Euro, die wir aus eigener Tasche bezahlen müssen“, sagt Bark, „plus Verdienstausfall für den Tag der Weiterbildung.“ Außerdem, sagt er, sei er nicht beim Verband, sondern einem der 210 Taxi-Firmen angestellt: „Wenn, dann muss mich mein Chef zu Schulungen verpflichten.“

Das hat der freilich getan, wenn auch indirekt: „Wir haben in unserer Mitgliederversammlung abstimmen lassen“, sagt Ingo Heuermann, Vorstandsmitglied beim Taxi-Ruf. Die Mehrheit der Unternehmen sei für die Schulungen gewesen, die laut Taxi-Ruf die Kundenfreundlichkeit, den Service und die Sicherheit der Fahrgäste und Fahrer erhöhen sollen. Die Mehrheit habe auch für Sanktionen gegen die Schulungs-Verweigerer gestimmt: „Wer nicht teilnimmt, verliert seinen Status als Service-Fahrer“, sagt Heuermann.

Service-Taxi-Fahrer sollen sich durch hilfsbereites Verhalten, Orts- und Sprachkenntnisse sowie ein gepflegtes Fahrzeug auszeichnen. 90 Prozent aller Fahrer dürfen sich so nennen, der Rest seien in der Vergangenheit durch Unfreundlichkeit oder Unzuverlässigkeit aufgefallen, sagen sowohl Bark als auch Heuermann. Die meisten Kunden würden Service-Wagen bestellen, bestätigt Bark.

Zwei von seinen Kollegen sind vor Gericht gezogen. Das Ergebnis: Ein Vergleich, nach dem nicht der Fahrer, sondern der Taxiunternehmer die Schulungen zahlen muss. Die IG, in der 132 von rund 2.000 FahrerInnen organisiert sind, will, dass dies für alle gilt – und der Verdienstausfall kompensiert wird. Außerdem sollen alle wegen der abgelehnten Schulungen gesperrten FahrerInnen ihren Service-Status zurückerhalten – und Sanktionen abgeschafft werden, mit denen FahrerInnen bestraft werden, wenn sie Pausen einlegen oder Aufträge ablehnen.

Ingo Heuermann vom Taxi-Ruf verteidigt die Sanktionen. Viele FahrerInnen würden Fahrten mit Ausreden wie Pausen ablehnen, weil sie ihnen zu kurz sind. „Für 3,50 Euro will keiner fahren.“ Heute will der Aufsichtsrat des Taxi-Ruf über die Forderungen der IG sprechen.

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4 Kommentare

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  • TG
    Thorsten Grotheer

    Nur mal grob überschlagen, ergibt 35 € mal 2000 Fahrer 70.000 € im Jahr; in den nächsten 5 Jahren -ohne Zinsen - 350.000. Wenn das ein AG-Verband von seinen Geringverdienern, die die einzigen sind, die Umsätze erwirtschaften, einkassieren will, dann ist da was faul...

     

    Ich empfehle auch die Webseite der neuen Initiative:

     

    www.ig-bremer-taxifahrer.de

     

    Was man da zu lesen bekommt, ist echt unglaublich. Es soll wohl ein sehr inhumanes und zudem unnötiges Pausenverbot geben und der Vorsitzende des Taxi-Rufs soll wohl gesagt haben, dass 20 % der Taxifahrer "schwarze Schafe" seien.

     

    Mich würde mal interessieren, woher diese Zahlen mit den 20 % kommt und warum dagen mit Pinkelpausenverbot und Zwangsbeiträgen für alle Taxifahrer vorgegangen werde soll.

     

    Mit Qualitätsverbesserung hat dat jedenfalls gor nix to don.

  • JG
    Jürgen Gies

    Es wird langsam Zeit,das im 21. Jahrhundert eine andere Umgehensweise miteinander kultiviert wird. Es fallen immer wieder Begriffe wie " Sanktionen" o.ä.,der Vorstand des Taxirufs hat kein Recht Angestellte seiner Mitglieder zu bestrafen. Richtig ist,das eine knappe Mehrheit an Mitgliedern die Schulungen der Fahrer befürwortet,allerdings sind dem Taxiruf auch zahlreiche sog. Vertragspartner angeschlossen,die kein Stimmrecht haben. Die Mitglieder allein repräsentieren also nicht den Taxiruf. Dies wird gerne verschwiegen, insbes. wohl deshalb weil die Mehrheit der Vertragspartner sich gegen diesen Beschluss ausgesprochen haben. Es handelt sich also lediglich um eine relative Mehrheit und wenn man die Belegschaft ( Fahrer) hinzurechnet,so wird aus der vermeintlichen Mehrheit eine satte Minderheit. In modernen Dienstleistungsunternehmen ist ein demokratisch -partnerschaftlicher Führungsstil an der Tagesordnung und es existieren flache Hirarchien,keinesfalls werden wertvolle Mitarbeiter von wichtigen Entscheidungsprozessen ausgeschlossen. Es gibt bereits 90 Prozent Servicetaxifahrer,diese erledigen ihre Arbeit zur vollen Zufriedenheit ihrer Arbeitgeber. Schulungsmassnahmen für die restlichen 10 Prozent,um eine Qualitätsverbesserung zu erzielen wäre eine sinnvolle,folgerichtige Schlussfolgerung auf die Kundenbeschwerden ( 3-4 Reklamationen bei 1000 Touren). Eine Schulung aller Fahrer ist nicht notwendig ! Zufriedenes Fahrpersonal ist das wichtigste Kapital eines jeden Taxiunternehmers,dies sollte oberste Prorität haben. Jürgen Gies seit 1995 Taxiunternehmer und Mitglied beim Bremer Taxiruf

  • WB
    Werner Beil

    Ich bin vor einigen Jahren für diese Taxizentrale gefahren. Die Kollegialität unter den Taxlern war trotz des Wettbewerbs untereinander immer recht groß. In Erinnerung ist mir besonders geblieben, wie hoch die Unzufriedenheit der Fahrer mit ihrer Zentrale war. Wahrscheinlich ist dieser Unmut über die Jahre noch stärker geworden und mündete in diesem Streit. Die Zeiten haben sich geändert. "Tagelöhner" mit Stundenverdiensten teilweise deutlich unter 5,- €/Std. mit solchen Maßnahmen zu drangsalieren macht absolut keinen Sinn. Das Gewerbe muß zuerst Umdenken und faire Löhne zahlen, damit auch wieder bessere Fahrer nachrücken.

  • KH
    Klaus H.

    Die Arroganz dieser Taxizentrale bekommen auch Kunden zu spüren, wenn ihnen mitten im Gespräch der Hörer in die Gabel geworfen wird.

     

    Vielleicht sollte die Taxi-Ruf-Leitung zuerst mal im eigenen Hause kehren und dort allgemeingültige Dienstleistungsstandards setzen.