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Syrisch-türkischer KonfliktAufrufe zur Deeskalation

Die internationale Politik ist sich einig. Von Washington bis Peking gilt ein Krieg zwischen Syrien und der Türkei als Horrorszenario.

Der Bürgerkrieg in Syrien geht weiter, die Angst vor einer internationalen Eskalation wächst. Bild: dapd

GENF taz | Ein Krieg zwischen Syrien und der Türkei mit all seinen unkalkulierbaren Folgen für den gesamten Nahen und Mittleren Osten wird von der internationalen Politik als Horrorszenario betrachtet. Ebenso die eventuelle Involvierung der beiden benachbarten Regionalmächte Iran und Saudiarabien.

Entsprechend bestimmen Aufrufe zu Besonnenheit und Zurückhaltung die internationalen Reaktionen auf die gegenseitigen Militärattacken entlang der syrisch-türkischen Grenze. Die Nato und westliche Regierungen erklärten sich solidarisch mit ihrem zuerst angegriffenen Bündnispartner Türkei.

Bereits am Mittwoch – noch vor den ersten türkischen Vergeltungsschlägen gegen syrischees Territorium – waren die 28 Botschafter der Nato in Brüssel auf Antrag der Türkei zu „Konsultationen" entsprechend Artikel vier des Nato-Vertrages zusammen gekommen.

Sie verurteilten den syrischen Granatbeschuss, der fünf türkische Todesopfer gefordert hatte, als „flagrante Verletzung internationalen Rechts“. Die Situation werde genauestens beobachtet, hieß es in Brüssel. Weitere Konsultationen wurden vereinbart.

Eine Ausrufung des Bündnisfalles nach Artikel fünf des Nato-Vertrages, der Beistandspflichten aller Mitglieder für ein angegriffenen Bündnispartner vorsieht, wurde von Ankara nicht beantragt. Ein solcher Antrag hätte nach Angaben eines Nato-Botschafters gegenüber der taz auch „keinerlei Unterstützung" gefunden.

Bündnisfall nicht angemessen

Bereits vor der Nato-Sitzung war aus Regierungskreisen der Bündnisvormacht USA verlautet, angesichts des geringen Ausmaßes der militärischen Übergriffe auf türkisches Territorium wäre die Ausrufung des Bündnisfalls nicht angemessen. Sollte die Gewalt allerdings eskalieren, könnte die Einschätzung in Zukunft aber auch anders ausfallen.

Ob der UN-Sicherheitsrat sich mit dem Konflikt befassen wird, ist noch offen. Die Türkei hatte den Rat in einem Schreiben aufgefordert, die „nötigen Maßnahmen“ zu ergreifen, um „die syrische Aggression zu stoppen“ und um „sicherzustellen, dass Syrien die territoriale Souveränität des Landes respektiert“. Dazu hatte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon die Regierung in Damaskus bereits vor Eingang des Schreibens aus Ankara aufgefordert. Zugleich rief er alle Seiten zur Mäßigung auf.

Bundeskanzlerin Angela Merkel verurteilte den Beschuss türkischen Gebiets durch syrische Granaten am Donnerstag „aufs Schärfste“. Zugleich rief sie „alle Beteiligten zu großer Besonnenheit auf“. Ähnlich äußerten sich auch Außenminister Guido Westerwelle und die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton. Der britische Außenminister William Hague sagte, die militärische Reaktion der Türkei sei verständlich. „Wir erklären unsere tiefe Solidarität mit der Türkei, aber wir wollen keine weitere Eskalation dieses Vorfalles.“

„Tragisches Versehen“

Russland erklärt sich zwar nicht mit der Türkei solidarisch, wies aber der syrischen Regierung die Hauptverantwortung für eine Deeskalation des Konfliktes zu. Außenminister Sergej Lavrov forderte Syrien auf, den Beschuss türkischen Territoriums vom Mittwoch offiziell als Versehen zu erklären.

Laut Lavrov habe die syrische Regierung gegenüber dem russischen Botschafter in Damaskus erklärt, dass es sich um ein „tragisches Versehen“ gehandelt habe und zugesichert, so etwas werde nicht noch einmal passieren. „Wir denken, dass es von fundamentaler Bedeutung für Damaskus ist, dies auch offiziell zu erklären“, betonte der russische Außenminister.

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11 Kommentare

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  • A
    Ant-iPod

    @Volksverdummung:

     

    ähem... mit Respekt... aber wir stimmen darin überein, dass Moral nicht die Triebfeder von Außenpolitik IST - aber meiner Ansicht nach sollte sie dies sein.

    Mir geht es hier nicht allein um naive, romantische Vorstellungen einer gerechten Welt, welche ich nichtsdestotrotz für erstrebenswert halte.

    Meiner Ansicht nach haben wir ein nationales Interesse daran, dass Diktatoren nicht über ihr Volk obsiegen dürfen. Wir haben auch als so genannte "westliche Wertegemeinschaft" ein Interesse daran. Einerseites weil sich Demokratien in der Regel nicht gegenseitig angreifen, oder zumindest die Wahrscheinlichkeit dafür geringer ist. Mit Demokratien findet man die verlässlichen Strukturen, um Konflikte zu lösen oder zumindest nicht gewaltsam auszutragen.

    Andererseits sind Demokratien der einzige mir bekannte Weg, um überhaupt herauszufinden, was eine Bevölkerung mehrheitlich will. Dies geht unter einem Diktator qua Definition nunmal nicht.

    Da - wie Sie selbst formulieren - der Wille der Bevölkerung maßgeblich sein soll, ist hier eine eindeutige Parteinahme unserer demokratischen Staaten geradezu Pflicht!

     

    Sie werfen die Frage auf, ob man ein Volk gewaltsam befreien konnte und sich dieses darüber gefreut hat - merkwürdig... denn wenn es nur ein Beispiel gäbe, dann wäre Deutschland nach der gewaltsamen Niederringung des Hitlerregimes genau das Beispiel, nachdem Sie fragen.

    Ich kann auch nicht erkennen, dass die Japaner noch immer mit der Herabstufung ihres Kaisers vom Gott zum Idol hadern. Die Kosovaren - bei aller berechtigten Kritik - sind auch nicht so ganz unglücklich über ihre Unabhängigkeit von Serbien und auch wenn Libyen sicher noch einen sehr weiten Weg vor sich hat... so scheint es langsam die Kurve in die richtige Richtung zu kriegen und bei allen wahrlich vorhandenen Problemen von dem gewaltsamen Regimewechsel zu profitieren.

     

    Es gibt durchaus Beispiele, wo massiver, militärischer Einfluss von Außen im Sinne der Bevölkerung gewesen ist.

    Ferner kann ich nicht erkennen, was ein NATO-Angriff auf Syrien schlimmer machen kann, als das, was die syrische Luftwaffe und Artillerie momentan ohnehin fabiriziert?

     

    Worin wir übereinstimmen ist, dass es den Anschein hat, als wollen westliche Regierungen einen möglichst langen Abnutzungsbürgerkrieg in Syrien erwirken... und bisher gelingt dies recht gut. Ein auf Jahre hinaus geschwächtes Syrien ist offenbar das Hauptinteresse und die Belange der syrischen Bevölkerung sind Westerwelle & Co.(genauso wie Baschar Al-Assad) herzlichst egal - ich bin also kein naiver Phantast - ich wünsche mir nur, dass meine Regierung in meinem Namen eine ganz andere Politik betreibt.

    Nicht nur aus reinem Gutmenschentum, sondern weil es richtig ist.

  • V
    Volksverdummung

    @Ant-iPod (Danke.)

    zu 1.

    a. Selbstverständlich ist "Glaubwürdigkeit für die Effektivität von Außenpolitik sehr wichtig". Um so "abträglicher" ist es, wenn man seinen Ruf verliert! Insofern stimmen wir überein.

    Auch VERLÄSSLICHKEIT und BERECHENBARKEIT sind "für die Effektivität von Außenpolitik sehr wichtig", als Fundament stabiler Beziehungen.

     

    b. "Moral" ist hingegen in der Internationalen Politik lediglich ein "Bauer", kein AUSSCHLUSSGRUND! Sie mögen das bedauern -ich tue es auch-, aber die politischen Akteure nehmen darauf keine Rücksicht.

    Es geht den handelnden politischen AKTEUREN letztlich -IMMER- primär um die Durchsetzung der jeweiligen "nationalen Interessen", die man auch ökonomisch definieren kann!

     

    c. Die in die Irre führenden "moralischen Begründungen" vom "guten Krieg" sind weder logisch, noch vernünftig. Unverzichtbar sind sie, wenn man die öffentliche Meinung auf seine Seite ziehen muss (insbesondere in Demokratien...).

    Eine "moralische Aussenpolitik" WÜRDE es nur geben können, wenn man die eigenen "Interessen" NICHT ÜBER (!) die Interessen beliebiger anderer Völker stellt. Die "von externer Befreiung" betroffenen Völker werden ja nie befragt, ob Sie mit Krieg oder Bürgerkrieg einverstanden sind!

    Ich stimme überein, dass man "Despoten" nicht um der Stabilität willen "unterstützen" sollte; Priorität sollte das Wohl der Bevölkerung haben, und dieses "Wohl" schliesst den Krieg als "Mittel der Aussenpolitik" in den meisten Fällen aus. "Glaubwürdigkeit" in der Aussenpolitik ist kein Masstab, der sich beliebig definieren lässt.

     

    d. "Doppelzüngig" wäre es, eine unterdrückte Bevölkerung VORSÄTZLICH in einen Krieg zu stürzen und zu behaupten, man tue dies auf Wunsch und zum Wohle der Bevölkerung.

    Das, UNTERMINIERT die "Glaubwürdigkeit". Es gibt weltweit keinen Fall, in dem sich die Bevölkerung bei unerwünschten "Befreiern" dankbar gezeigt hätte.

     

    e. Krieg ist KEIN legitimes Mittel (weder völkerrechtlich noch moralisch), um andere Länder von EINEM (!) Despoten zu "befreien".

    De facto herrscht in der Politik der "GRUNDSATZ", dass die "Moral" eines Despoten daran gemessen wird, ob er mit den "eigenen Interessen" kooperiert, oder ob er "inkompatible, andere Interessen" präferiert.

     

    FAZIT: Ich denke tatsächlich, dass Sie einem MYTHOS aufsitzen. Denn die Geschichte der Aussenpolitik westlicher Staaten (inklusive Deutschlands) zeigt ziemlich eindeutig und belegbar, dass "MORAL" bis in die Gegenwart hinein niemals die Ursache, Triebfeder, oder der Katalysator politischer Handlungen gewesen ist.

    "Moralische Überlegenheit" speist sich nicht aus dem Willen zur Macht, auch nicht durch den Gebrauch von Gewalt als Mittel der "politischen Überredungskunst", sondern durch ein beispielgebendes Verhalten, in Innen- und Aussenpolitik.

    .

    • Nur kurz zu 2.

     

    Eine meisterhaft formulierte Antwort! Sie wären mein Spitzendiplomat.

     

    Die Türkei soll nicht nach Syrien hinein, aber sie soll Transitland und Nachschubdepot für die "Rebellen" bleiben. Das liefe auf einen perversen Bürger- und Abnutzungskrieg hinaus, ..."in vollem Wissen um die religiöse Unterwanderung und Fanatisierung einiger weniger Oppositionsgruppen und durch wen diese angetriggert" (ihre Worte) werden.

     

    Ich hoffe, sie erkennen, dass der "Trigger" der westlichen Aussenpolitik nicht die Moral ist.

    Mit freundlichen Grüssen

    .

    HESSE

    .

  • A
    Ant-iPod

    @Volksverdummung:

     

     

    Zu 1.:

    Ich will Ihnen gar nicht unbedingt widersprechen - ich denke halt, dass letztlich Glaubwürdigkeit für die Effektivität von Außenpolitik sehr wichtig ist. Insofern ist ein Verlust oder eine Beschädigung der Glaubwürdigkeit für die eigene Außenpolitik abträglich.

    Deswegen bin ich der Ansicht, dass die Unterstützung von Despoten wegen derer vermeintlich "stabilisierenden" Rolle aus meiner Sicht nicht im westlichen Interesse sein kann, wenn dadurch die Glaubwürdigkeit dauerhaft unterminiert wird.

    Die Konsequenz aus solcher Doppelzüngigkeit (Demokratie ist uns wichtig - deswegen unterstützen wir antidemokratische Despoten!) ist Gegenwehr... und ob wir Al-Kaida mögen oder nicht - deren These ist, dass man nicht mehr die Marionetten, sondern die Puppenspieler angreifen sollte und deswegen die Anschläge von New York, London und Madrid verübt worden sind.

     

    Insofern halte ich glaubwürde Außenpolitik für wichtiger als eine vermutete Stabilität durch Despoten.

    Ferner hat ein Professor Hacke ein Buch über die westliche Führungsmacht USA verfasst "Zur Weltmacht verdammt" - darin beschreibt er, dass US-Außenpolitik in deren Selbstverständnis auf einer moralischen Überlegenheit (morale Highground) basieren soll - und warum.

    Die Unterstützung von Despoten widerspricht diesem Grundsatz... wobei ich jetzt hier nicht alle Hintergründe aus dem Buch darlegen kann.

     

    Zu 2.:

    Ich würde hier zwischen dem Westen und den anachronistischen Golfmonarchien unterscheiden - denn beide Fraktionen haben unterschiedliche Interessen.

     

    Um es en Detail zu erklären, müsste man viele Zusammenhänge darlegen - aber um es kurz zu sagen:

    Wer hat denn die militärische Macht etwas an der Situation zu verändern und tut dies nicht und hält überdies die Türkei davon ab, dies zu tun?

    Clinton, Westerwelle & Co. haben sich ja förmlich darin überboten, die Türken zur "Besonnenheit" aufzurufen - in vollem Wissen, was die militärische Zurückhaltung seit über 12 Monaten für die Bürgerkriegslage in Syrien bedeutet.

    In vollem Wissen um die russischen, iranischen und mittlerweile sogar irakischen Lieferungen zu Gunsten des Regimes und der bekannten saudisch-katarisch-türkischen Unterstützung der Opposition.

    In vollem Wissen um die religiöse Unterwanderung und Fanatisierung einiger weniger Oppositionsgruppen und durch wen diese angetriggert wird.

     

    Beantwortet dies Ihre Frage nach dem "Wer trägt hier Verantwortung?" hinreichend?

  • V
    Volksverdummung

    @Ant-iPod:

    Ich habe zwei Fragen an sie:

    1. Worin besteht "die Glaubwürdigkeit der Außenpolitk westlicher Demokratien"? Sitzen sie nicht einem MYTHOS (!) auf?

    (Zitat: "Einerseits zerstört es die Glaubwürdigkeit der Außenpolitkk westlicher Demokratien, wenn man Monarchen und Diktatoren behandelt, als wären sie vom Volke legitimierte Staatsmänner.")

     

    2. Wer ist -ihrer Ansicht nach- für die "säuberlich orchestrierte Demontage eines Landes..." verantwortlich?

    Entspringt die "Demontage" Syriens nicht der westlichen UND der wahabitischen Aussenpolitik?

    (Zitat: "Ich bin klar dagegen, despotische Regime zu unterstützen und ich kann nicht erkennen, dass die vermeintliche Berechenbarkeit dieser Despoten einen wirklichen Vorteil bringt. ....Das ist kein außer Kontrolle geratener Regionalkonflikt, sondern eine fein säuberlich orchestrierte Demontage eines Landes... und ich stelle mit Erschrecken fest, dass ich bei aller Ablehnung Baschar Al-Assads ihm in dieser verrükten These nicht mehr ernsthaft widersprechen kann.")

     

    Mit freundlichen Grüssen

    .

    HESSE

    .

  • V
    Volksverdummung

    @Frank Stiasny

    ...kann mich "Ant-iPod" nur anschliessen. Sie haben eine interessante Analyse abgeliefert!

    Ich bin der Ansicht, dass Staaten und Regime, gleich ob sie die Aussenpolitik in Damaskus, Istanbul, Washington oder Tel Aviv bestimmen, letztlich ohne Rücksicht auf humanitäre Menschenrechte agieren. Nicht nur diese -hier stellvertretend genannten- Staaten unterstützen und "benutzen" -offen und verdeckt- so genannte Terrororganisationen, um ihre "Souveränität" (unumschränkte Macht) zu festigen, oder zu erweitern...

    .

    HESSE

    .

  • V
    Volksverdummung

    @Frank Stiasny

     

    ...kann mich "Ant-iPod" nur anschliessen. Sie haben eine interessante Analyse abgeliefert!

    Ich bin der Ansicht, dass Staaten und Regime, gleich ob sie die Aussenpolitik in Damaskus, Istanbul, Washington oder Tel Aviv bestimmen, letztlich ohne Rücksicht auf humanitäre Menschenrechte agieren. Nicht nur diese -hier stellvertretend genannten- Staaten unterstützen und "benutzen" -offen und verdeckt- so genannte Terrororganisationen, um ihre "Souveränität" (unumschränkte Macht) zu festigen, oder zu erweitern...

     

    @Ant-iPod:

     

    Ich habe zwei Fragen an sie:

    1. Worin besteht "die Glaubwürdigkeit der Außenpolitk westlicher Demokratien"? Meiner Ansicht nach sitzen sie einem ideologischen MYTHOS (!) auf.

    (Sie schrieben: "Einerseits zerstört es die Glaubwürdigkeit der Außenpolitkk westlicher Demokratien, wenn man Monarchen und Diktatoren behandelt, als wären sie vom Volke legitimierte Staatsmänner.")

     

    2. Wer ist -ihrer Ansicht nach- für die "säuberlich orchestrierte Demontage eines Landes..." verantwortlich?

    Entspringt die "Demontage" Syriens nicht der westlichen und der wahabitischen Aussenpolitik?

     

    (sie schrieben: "Ich bin klar dagegen, despotische Regime zu unterstützen und ich kann nicht erkennen, dass die vermeintliche Berechenbarkeit dieser Despoten einen wirklichen Vorteil bringt. ....

    Das ist kein außer Kontrolle geratener Regionalkonflikt, sondern eine fein säuberlich orchestrierte Demontage eines Landes... und ich stelle mit Erschrecken fest, dass ich bei aller Ablehnung Baschar Al-Assads ihm in dieser verrükten These nicht mehr ernsthaft widersprechen kann.")

     

    Mit freundlichen Grüssen

    .

    HESSE

    .

  • A
    Ant-iPod

    @Frank Stiasny:

     

    Interessante Analyse - wenngleich ich Ihre Einschätzung des Aufstandes gegen das Regime in Damaskus nicht teilen kann.

     

    Ich bin klar dagegen, despotische Regime zu unterstützen und ich kann nicht erkennen, dass die vermeintliche Berechenbarkeit dieser Despoten einen wirklichen Vorteil bringt.

    Einerseits zerstört es die Glaubwürdigkeit der Außenpolitkk westlicher Demokratien, wenn man Monarchen und Diktatoren behandelt, als wären sie vom Volke legitimierte Staatsmänner.

    Andererseits ist im besonderen Falle Syriens die Unterstützung des Regimes in Punkto Aufrüstung der Hisbollah eindeutig belegt.

     

    Die Hisbollah ist zwar nicht nur ein Teufel, sondern auch eine soziale Organisation und im Libanon eine legitime Partei.

    Allerdings unterminiert sie den demokratischen Staatsaufbau im Libanon, arbeitet teilweise gegen die Regierung - selbst wenn sie Teil der Regierung ist.

    Sie generiert sich als Waffenträger und ist nicht nur Verteidiger der Libanon gegen israelische Aggression, sondern durchaus auch Angreifer, wenn es ihren Zielen entspricht.

    Einige nennen sie auch eine Terrororganisation und ohne Baschar Al-Assad wäre sie bei weitem nicht so gut ausgerüstet - nicht gerade ein Stabilisator des Nahen Ostens also.

     

    Man kann darüber streiten, dass es in der Opposition natürlich auch Verbrecher und radikale Spinner gibt. Man kann in Zweifel ziehen, dass der gewaltsame Widerstand gegen das Regime die richtige Antwort auf die Situation in Syrien ist.

    Man kann aber nicht in Zweifel ziehen, dass Baschar Al-Assad ein ruchloser Diktator ist, der weder vor Mord noch Zerstörung zurückschreckt, um seine Interessen durchzusetzen.

    Unsere Politik (USA und EU) ist gezielt darauf ausgerichtet, das militärische Patt möglichst lange aufrecht zu erhalten und Syrien als Staat immer weiter zu destabilisieren, bis daraus ein unkontrollierbarer Krisenherd wird - wie Sie mit Ihrer Antagonie des Zauberlehrlings sehr treffend beschrieben haben.

     

    Wir unterscheiden uns aber in der Einschätzung der Situation... denn der Zauberlehrling wurde alleine gelassen und hat sich zu große Aufgaben selbst zugemutet.

    Ich denke hingegen, dass wir hier nicht etwas geschehen lassen, dass ausschaut, als wenn man eine Opposition fördert, deren Entwicklung sich verselbstständigt und immer mehr ausser Kontrolle gerät - nein:

    Wir wissen aus vielen Konflikten der Geschichte und aus vielen absolut vergleichbaren Situationen, wie sich solche Dinge entwickeln und wir haben fein säuberlich dafür gesorgt, dass sich die Geschichte in Syrien genau so entwickelt, wie sie dies tut.

     

    Keiner hat die USA und Europa gezwungen, sich einem UNO-Mandat zu beugen und wenn sie es nicht wollen, dann tun sie dies nicht.

    Niemand kann sagen, die Russen oder Chinesen hätten uns mit Krieg gedroht, wenn wir an der UNO vorbei arbeiten.

    Keiner kann sagen, die Waffenlieferungen des Irans an das syrische Regime durch den Irak seien ein großes Geheimnis und könnten nicht durch uns unterbunden werden, wenn wir denn nur wollten.

    Genausowenig die Waffenlieferungen und sonstigen Unterstützungen der syrischen Opposition durch solche "Vorzeigedemokratien" wie Saudi-Arabien und Katar... in Katar liegt eine ganze US-Flotte vor Anker und in Saudi-Arabien ist eine US-Luftflotte stationiert. Die gehen sicher nicht unabgestimmt vor.

     

    Als jetzt die Türkei die NATO-Minister zum Krisentreffen zusammenrief, war die Aussage eindeutig: Kein Krieg, sondern weiter wie bisher in vollem Wissen, dass die Volksgruppen sich immer weiter entzweien, die kulturellen Schätze des Landes sukzessive vernichtet werden und immer mehr Menschen sterben.

     

    Das ist kein außer Kontrolle geratener Regionalkonflikt, sondern eine fein säuberlich orchestrierte Demontage eines Landes... und ich stelle mit Erschrecken fest, dass ich bei aller Ablehnung Baschar Al-Assads ihm in dieser verrükten These nicht mehr ernsthaft widersprechen kann.

  • N
    Nobilitatis

    "Mittlerer Osten" ist die wörtliche Übersetzung der englischen Bezeichnung dessen, was bei uns Nahost heißt. Mittlerer und naher Osten ist also: Blödsinn.

  • N
    Natopack_t

    Wenns um Bodenschätze geht, stehen NATO-Staaten Gewehr bei Fuß, und sind schnell dabei sogar Angriffskriege vom Zaun zu brechen.

    = Klarer Fall von Bündnisfall.

     

    Granatenbeschuß auf die Türkei = kein Bündnisfall.

     

    Für die "tiefe Solidarität" kann sich die Türkei auch nichts kaufen.

     

    Wetten, daß es anders gelaufen wäre, wenn die territoriale Souveränität von israel verletzt worden wäre?

  • FS
    Frank Stiasny

    Ich denke mir, dass ein türkischer Einmarsch in Nordsyrien den Amerikanern so gar nicht in ihr ausgeklügeltes Drehbuch "Regimewechsel in Damaskus per inszeniertem Volksaufstand" passt.

     

    Aber das kommt eben dabei raus, wenn man jahrelang darauf hinarbeitet, ein stabiles Regime zu destabilisieren: eine instabile und anarchische Situation, die man ab einem bestimmten Punkt nicht mehr kontrollieren kann. Dieser Punkt scheint nunmehr erreicht, und Goethes Zauberlehrling lässt grüßen.

     

    Nun stellt sich also langsam heraus, dass sich die amerikanischen Strategen völlig überschätzt haben, und dass die kunstvoll gewirkten Nähte nun eine nach der anderen aufplatzen. Und das nicht nur in Syrien, nein, sondern sogar in Libyen, das ja so etwas wie der Beta-Test für den Regimewechsel in Damaskus war. Eigentlich hätte man das schon beim Irak- und beim Afghanistan-Krieg sehen können, aber so ist das eben mit der Logik der imperialen Überdehnung ...

     

    Und ganz besonders entgleitet den Amerikanern gerade die Kontrolle über ihre Pfiffjungen in Ankara sowie über ihre eigenen islamistischen Söldner in Syrien. Es hat sich in den letzten Wochen ja gezeigt, dass unsere "demokratischen Freiheitskämpfer" überhaupt nicht in der Lage sind, die Assad-Regierung aus eigener Kraft zu stürzen, sondern dass die Regierungstruppen mittlerweile immer mehr die Oberhand gewinnen.

     

    Die Aufständischen haben auch lange Zeit darauf spekuliert, dass es die Amerikaner ein weiteres Mal schaffen würden, ein UN-Mandat für eine "Flugverbotszone", auf deutsch: für ein feindliches Dauerbombardement Syriens zu bekommen (wie schon gesagt: Beta-Test Libyen). Dem haben aber Gott sei Dank Russland und China einen Riegel vorgeschoben, die sich verständlicherweise querstellen beim amerikanischen Versuch, den Mittleren Osten endgültig unter ihre Kontrolle zu bringen.

     

    Daher sehen es die Rebellen-Spezis jetzt wohl als ihre letzte Chance, wenn sie einen Krieg zwischen der Türkei und Syrien provozieren können, damit die Kräfte des syrischen Militärs andernorts im Norden des Landes gebunden werden.

     

    Und die Türken sehen ihrerseits eine Chance, im PKK-Hinterland aufzuräumen, sich als regionale Militärmacht in Szene zu setzen, und überdies auch ihr eigenes, chronisch unzufriedenes Militär ein wenig "konstruktiv" zu beschäftigen.

     

    Sowohl die Türken als auch unsere "Freiheitskämpfer" haben also allen Grund dafür, einen Zwischenfall zu inszenieren, der einen militärischen Angriff gerechtfertigt erscheinen lässt: ideale Voraussetzungen für eine Neuauflage des Tonkin-Zwischenfalls.

     

    Wenn die Türken jetzt sagen: wir werden zwar auf syrisches Gebiet vorstoßen, aber keinen Krieg beginnen, dann ist das so, als würde einer sagen: ich stoße dem und dem ein Messer rein, werde ihn aber nicht verletzen. Wir beginnen keinen Krieg - wir besetzen nur den Norden Syriens. Aber klar doch!

     

    Randnotiz für Israel, das sich in Syrien bislang fein-klug zurückgehalten und lieber den Amerikanern den Vortritt gelassen hat: Pech gehabt. Mit Assad hättet ihr als direkten Nachbarn wenigstens einen Feind behalten, den ihr kennt. Ein stabiler, verlässlicher Feind: das ist das Nächstbeste nach einem verlässlichen Freund. Jetzt steht ihr statt dessen vor diesen Alternativen:

     

    Entweder ein quasi-anarchischer Staat a la Irak oder Afghanistan - das ideale Biotop für Terroristen; oder ein islamistisches (und ebenfalls Terroristen-freundliches) Regime, sozusagen die Taliban-Version des heutigen Ägypten; oder ein Assad (bzw. irgendein General aus dem gleichen Stall), der nunmehr aus Erfahrung weiß, dass sich jeglicher Versuch, mit Israel zu koexistieren (wie friedlich oder angespannt auch immer), auf lange Sicht überhaupt nicht auszahlen wird.

     

    Und das als direkten Nachbarn mit einer viel zu langen Landgrenze. Herzlichen Glückwunsch, Tel Aviv: epic fail!

     

    Immerhin hat diese verkorkste Situation auch ihr Gutes: es wird vorerst keine Bombardements des Iran geben. Netanjahu müsste seinen Verstand schon völlig verloren haben, würde er angesichts des Brandes auf dem Nachbargrundstück nun auch noch mit Benzinkanistern um sich werfen!

  • WA
    Werner aus Much

    Krieg ist das, was die Mensch

    heit sich wünscht, unabhängig von deraSchicht....unabhängig vom Rang?

    Oh, nooo,, der wird doch dafür bezahlt...vom Staat.

    Warrior payed from the state........