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Streit um Urheberrechte im NetzAnonymous outet die Urheber

Anonymous-Aktivisten haben offenbar Daten der Unterzeichner des „Wir sind die Urheber“-Aufrufs im Netz veröffentlicht. Die Aktion zeigt, wie sehr die Fronten verhärtet sind.

Beliebte Anonymous-Aktion: Die Anonymität anderer angreifen. Bild: dapd

BERLIN taz/dpa | Als die Wochenzeitung Die Zeit vergangene Woche einen gemeinsamen Aufruf von Schauspielern, Schriftstellern und anderen veröffentlichte, in dem diese ihre Interessen in der Urheberrechtsdebatte deutlich machten, war die Empörung im Netz groß. Was dort zu lesen war, galt umgehend als Besitzstandswahrung und als teilweise rückwärtsgewandte Rechtfertigung von Eingriffen in die Freiheitsrechte. Umgehend startete ein Münchner Social–Media-Berater die Gegenkampagne „Wir sind die Bürger“ und einige der Mitunterzeichner des Zeit-Aufrufs mussten sich im Netz unangenehme Fragen gefallen lassen.

Am Montag eskalierte der Streit weiter: Nutzer, die sich der Anonymous-Gruppierung zugehörig fühlen, veröffentlichten auf der Ablageplattform Pastebin massenhaft Daten von Urhebern, die sich dem Zeit-Aufruf angeschlossen hatten – unter ihnen prominente Schriftsteller wie Charlotte Roche und der Musiker Sven Regener. Die Täter überschrieben die Veröffentlichung der Daten mit den Worten „fuck your copyright blah blah blah“.

Der öffentliche Aufruf „Wir sind die Urheber! Gegen den Diebstahl geistigen Eigentums“ wurde bislang von mehr als 6.000 Personen unterzeichnet. Diese bezeichnen das Urheberrecht als „historische Errungenschaft bürgerlicher Freiheit“ und als „materielle Basis für individuelles geistiges Schaffen“. Sie wenden sich indirekt gegen Initiativen aus mehreren Parteien, das Urheberrecht an die veränderten Bedingungen im Netz anzupassen.

Die nun veröffentlichten Daten der Unterzeichner scheinen zwar allesamt vorher schon im Netz zugänglich gewesen zu sein – also alles andere als geheim –, doch von der Veröffentlichung geht das Signal aus: Wir bekämpfen Euch mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln. Die Diskussion um das Urheberrecht kann dies natürlich nicht weiterbringen. Stattdessen verhärmt es die verhärteten Fronten weiter und hat eher den Charakter eines wütenden Kindes, das auf den Boden stampft und „ich will aber“ ruft.

Im öffentlichen Kampfhahngeschrei ist die Debatte um das Urheberrecht in den letzten Monaten hinter einen Punkt zurückgefallen, den sie schon erreicht zu haben schien: dass alle Beteiligten ihre Interessen klar artikulieren und anhand dieser Standpunkte dann die notwendige Überarbeitung des Urheberrechts in Angriff genommen wird. Derzeit erinnert sie eher an die Orchideensportart Schachboxen: mal wird ein wenig gedacht, mal haut man auf sich ein.

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18 Kommentare

 / 
  • M
    Maximix

    Anonymous-Schwachsinn!

     

    Im ernst: Ich bin Urheber und ich bin Anonymous!

     

    Ich unterzeichne den Aufruf der Künstler gegen eine Aufweichung des Urheberrechts, weil ich verstehe, warum es das Urheberrecht in dieser Form geben muss.

     

    Aber Anonymous verstehe ich nicht mehr.

    Vor ganz wenigen Jahren haben wir Scientology-Seiten gehackt und draußen auf der Straße gegen diese kapitalistischen Seelenräuber und andere wirkliche Ungerechtigkeiten gekämpft.

     

    Eine Änderung des Urheberrechts führt diesen Kampf gegen Ungerechtigkeit ad adsurdum, weil eine Änderung eine große Ungerechtigkeit wäre. Es trifft vor allem die Falschen - nämlich die kleinen Künstler und nicht die großen Firmen.

     

    Überhaupt hat sich die ganze Anonymous-Bewegung scheinbar verselbständigt. In den Medien sind offensichtlich nur noch pubertierende Mausschwinger federführend, die nichts anderes kennen als "gratis" und "kostenlos". Im Prinzip frisst sich damit Anonymous von innen heraus selbst auf. Weil die Ursprungsidee von denen verraten und völlig falsch ausgelegt wird, die nur ihren eigenen Vorteil im Kopf haben. Dabei wollten wir ursprünglich genau gegen solche Menschen und Firmen vorgehen.

     

    Anonymous geht es heute, wie es einst schon so mancher Terrororganisation ging. Von der RAF bis Al Kaida. Der erste Verrat an der Idee durch unwissende und ignorante Spinner, leitet den Tod der Bewegung ein.

    Ich will damit nix mehr zu tun haben!

    • @Maximix:

      es geht um ein freies internet, um das gedächtnis eines aaron schwartz. gegen urheberrecht bzw vergütung ist niemand. wir sind alle alt geworden aber unsere absichten und bestrebungen sind nach wie vor die selben.

      wir sind viele



      wir vergessen nicht



      erwartet uns

  • TL
    Tanja Langer

    Liebe taz, in der Paperausgabe heißt es: Anonymous hebe die Anonymität der Urheber-Aufrufer auf: das ist schief und wertend, denn gerade weil wir Urheber mit unseren Namen unterzeichnet haben, sind wir nicht anonym, im Unterschied zu den Anonymous-Leuten, von denen wir nicht einmal die Gesichter kennen. Das war zunächst einmal die Idee des Aufrufs: erst einmal zu sagen, über wen hier eigentlich hinweg gesprochen wird, bei KünstlerInnen nämlich. viele Gegner des Urheberrechts scheinen sich wenig Gedanken darüber zu machen, unter welchen Produktionsbedingungen KünstlerInnen arbeiten. es ist manchmal wie der alte Neid der Nichtkünstler auf die Künstler: die haben ihren Spaß, was brauchen die noch Kohle. Jede Internetseite, die Musik, Bilder oder Texte veröffentlicht, verdient daran über Werbung, ohne dass denjenigen, die den Rohstoff liefern, daran beteiligt werden. solange es kein Grundeinkommen für alle gibt, brauchen KünstlerInnen auch Geld, um Brötchen zu kaufen. aber die holen sich Anonymousleute ja vielleicht auch umsonst beim Bäcker. es ist auch nicht richtig, dass die Unterzeichner sich nicht mit den Gegebenheiten auseinandersetzen wollen. seit Jahren sind wir gezwungen, es zu tun, udn es gibt auch sehr viele - zt nichtkommerzielle - Erfindungen. also bitte erst mal nachfragen.

    tanja langer

  • A
    AbwesenderLeser

    Man sollte nicht vergessen, woher die Urheber ihr Geld überhaupt bekommen: vom Konsumenten

    Auf ein Buch/ Film/ Bild zu verzichten, weil der Urheber nicht bereit ist zu kooperieren, ist einfacher für den Konsumenten, als für den Urheber auf sein Essen zu verzichten, weil der Konsument nicht kooperieren möchte.

  • B
    Bachsau

    Richtig so. Wir sind des diskuttierens müde. Die Diskussion muss nicht weiter gebracht, sondern zu ende gebracht werden. Den Feinden der Freiheit die Stimme zu nehmen ist die einzig Sinnvolle vorgehensweise.

  • P
    pablo

    Kulturtaxe/Kulturflat für alle die einen entsprechenden Internetanschluss besitzen oder es so machen wie es jetzt mit der GEZ kommt jeder Haushalt zahlt und der Streit ist beigelegt. Alles andere ist nur noch Kindergarten denn beide Seiten haben gut Argumente aber keine Seite will das Problem wirklich lösen. Es wird immer Möglichkeiten geben sich geistiges Eigentum im Internet für Umsonst zu besorgen und genau deswegen führt kein Weg daran vorbei es so zumachen wie mit der GEZ.

  • FM
    Frau Müller

    Das Produkt eines Schaffenden Menschen kommt nur durch Sozialegsselschaftliche Interaktion zustande .

    Es ist somit nicht sein absolutes eigentum da jede Idee nur eine witerentwicklung einer bereits bestehenden Idee ist .

    Künstler sind Medien sie sind ein Teil unserer Gesselschaft und gehören wie das Herz eines Menschen zum Körper dazu .

    Ohne Herz kein Mensch und ohne Mensch kein Herz.

    Zudem verlangsamen diese Besitzanspruchsklärungen die Evolution .

    Ach übrigens der Gesamte Globus wurde soeben Privatisiert ,der Besitzer duldet keine anderen Personen auf seinem Grundstück .

  • M
    molosovsky

    Sicher, dass Sie Angabe zu der Zahl der Unterzeichner von »Wir sind die Urheber« stimmt. Auf der Website der Aktion selbst sind derzeit nur ca. 3.416 aufgelistet (pro Bildschirmseite ca. 61 x 56 Bildschirmseiten).

     

    Die Aufbereitung auf der Seite von WSDU alles andere als ›lesefreundlich‹ (man darf auch ›transparent‹ lesen).

     

    — Ergänzungen, Vertiefungen, Geraderücken von Passagen, die (böswillige) Lesarten geradezu herausfordern (>> Es gilt, den Schutz des Urheberrechts zu stärken und den heutigen Bedingungen des schnellen und massenhaften Zugangs zu den Produkten geistiger Arbeit anzupassen.

  • S
    Schmiddes

    @anomeise dankeee!!! So kurz und prägnant und wohltuend wahr ...

  • V
    vieleicht

    haben manche einfach auch kein Bock auf die positivistische, 'konstruktive' Diskussion, der sich die liebe taz offenbar so verpflichtet fühlt?

  • R
    Robert

    "...mal wird ein wenig gedacht, mal haut man auf sich ein..."

    Wie wär's mit:...mal haut man aufeinander ein? Ein unbeholfener Satz bleibt es allerdings.

  • D
    Dave_Robicheaux

    Im Grunde ein Missverständnis.

     

    Ohne das Interesse der Rechteinhaber bzw. die Absichten ihrer vermeintlichen Gegenseite kleinzureden, aber es geht - wenn man sich die Umsätze betrachtet - nicht um die individuellen Rechteinhaber.

     

    Es geht eher um große Akteuere wie Microsoft u.a., die sich am Copyright in den letzten drei Jahrezhenten goldene Nasen verdient haben und die mittlerweile auf breiter Ebene in die Souveränitätsrechte ganzer Nationen eingreifen.

     

    Da lässt sich bis auf die einfache Ebene herunterbrechen. Wer sich einmal als kleiner Freiberufler ein dringend benötigtes Softwarepaket kaufen muss, dass er gelegentlich mehr als die Hälfte des Preises auf den Tisch legen muss, den ein halber Gebrauchtwagen kostet.

     

    Also bitte, liebe taz, nicht so tun, als wolle man der Charlotte Roche (vollkommen willkürliches Beispiel) ihre mickrigen Tantiemen nicht dulden oder nicht eine verhältnismäßig geringe Summe für elektronischen Content bezahlen.

  • O
    OmmandanteOmOn

    UNser Dein u. Mein, liebe Ur-teiler

     

    Mein Geist, mein Körper, meine Seele, mein Text meiner

     

    hungrig schreinenden Frauen und Kinder, die ich nicht

     

    verwirklichte, wollen Befriedung . Natürlich

     

    widerspricht es jedweder Lebenswahrscheinlichkeit,

     

    nicht der bleiben zu wollen, der ich bin. Ich lasse

     

    mir von Niemandem, meinen hart erarbeitetes Leben,

     

    bzw. seine Früchte, mit der Freiheit, zum Haare vom

     

    Kopf fressen, nehmen. Das Mitglied gliedert mit in

     

    der Mitgliedschaft. Das reicht. Der Eigentumsbürger

     

    tümmelt in der Burg des Eigentums. So geht`s und

     

    nicht anders. Pech und Schwefel für die, die über

     

    die Mauer wollen. Gwinner kann es nur durch ihr

     

    Gegenteil geben. Kein Atom den Schmarotzern.

     

    Abschließend komme ich nicht umhin, die gerichtliche Berufungsinstanz,sicherheitshalber, darüber in Kenntnis zu setzen, das in der allgemeinen

    Kirchengeschichte über 600 Levitationen ( Schwerkraftaufhebungen ) dokumentiert sind, was in der Justizgeschichte, mißbräuchlicher weise, vormals, zur Praxis dersogenannten Gottesurteile führte, so daß es nicht der ordentlichen Anspannung, der Geistes u. Gewissenskräfte, der Berufungsinstanz entsprechen würde, meine Ausführungen, meiner unmaßgeblichen Meinung nach, als ungewöhnlich einzuschätzen.

    Alles in Allem beantrage ich, aus guten Gründen...

  • N
    Nobs

    Anonymous nervt

  • J
    Jörn

    Das Urheberrecht wurde "zur Anpassung an das digitale Zeitalter" mehrfach massiv verschärft. Von daher ist jede Angst lächerlich, dass es für das Internet aufgeweicht würde. Die Privatkopie, das Mitschneiden und private Weitergeben von TV-Mitschnitten war genauso legal wie das Kopieren der eigenen Plattensammlung einschliesslich der Weitergabe an Freunde.

    Die Verleger wollen darüber hinaus noch ein "Leistungsschutzgesetz" um das Urheberrecht noch weiter auszuweiten.

    Das Urheberrecht welches immer eine Balance zwischen den Rechten des Autors bzw. Verwerters und der Allgemeinheit (z.B. Zitatrecht, Privatkopie, Fair Use, Satire- und Kunsfreiheit) gewahrt hat, ist dadurch in Schieflage geraten. Gleichzeitig sehen die Autoren allenfalls 10% des Ertrages ihrer Schöpfungen - der Rest geht an die Verlagsindustrie.

     

    "Wir sind die Urheber" könnte so verstanden werden, eine faire Aufteilung der Honorare zwischen Verlegern und Autoren zu fordern. Es könnte auch so verstanden werden, das Urheberrecht auf das zurückzuführen, was es früher einmal war. Oder - und das ist wahrscheinlicher - es kann als Lobbyarbeit verstanden werden, um die nächsten Verschärfungen des Urheberrechts zu rechtfertigen. Ganz nach dem Motto "Haltet den Dieb" zu rufen um vom eigenen Diebstahl abzulenken.

  • TK
    Tim Krause

    Äh, 'tschuldigung?

    Fronten verhärtet?

    Seit wann ist "Anonymous" Gesprächspartner in Sachen Urheberrecht - und für wen?

  • D
    duke

    Solche Kindergartenaktionen schaden der Urheberrechtsdebatte und -reform mehr als alles andere.

     

    So hat die Seite der Besitzstandswahrer wieder ein Argument mehr.

     

    So sieht eine guter Beitrag zum Thema übrigens aus:

     

    http://11k2.wordpress.com/2012/03/22/sven-regener-du-erzahlst-unsinn-und-ich-erklar-dir-warum/

  • A
    anomeise!

    das ist alles ganz ganz gruselig, was hier gerade geschieht! zuerst klaut man den leuten ihren kram, dann haut man ihnen noch ins gesicht - ekelaffffff