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Streit um FilmzitatDeutsche Bank beugt sich Protest

Die Deutsche Bank verzichtet darauf, einen Film wegen eines strittigen Zitats zu verbieten. Vorausgegangen waren Proteste von Facebook-Nutzern.

Via Facebook zu beeinflussen, aber sonst? Deutsche Bank. Bild: dpa

BERLIN taz | Noch am Freitagnachmittag wollte die Deutsche Bank einen Teil des Films "Schuld - Die Barbarei der Privatheit" verbieten lassen, der sich mit Nahrungsmittelspekulationen beschäftigt. Doch nachdem dies bekannt wurde und mehrere hundert Nutzer das Vorgehen der Bank auf deren Facebookseite kritisierten, erklärte die Bank am späten Abend, doch nicht gegen die Filmemacher klagen zu wollen.

Auslöser für den Streit war eine Szene des Films, in der ein Sprecher der Deutschen Bank sagt, die Menschen in Somalia seien "selbst schuld" an der Hungersnot dort - und nicht die Banken.

Laut einem Schreiben der Bank hätten die Filmemacher den Sprecher nicht darüber informiert, dass das Telefongespräch aufgezeichnet wird. Deshalb forderte sie die Filmemacher auf, die Passage nicht weiter zu veröffentlichen und den Film von YouTube zu löschen. Als Frist setzte die Bank den heutigen Montag fest und drohte mit gerichtlichen Schritten.

Der Film wurde vom Zentrum für politische Schönheit produziert, einem Zusammenschluss von rund 70 Künstlern, die durch Aktionskunst auf politische Missverhältnisse hinweisen wollen. Neben einer fiktiven Rahmenhandlung zeigt der Film mehrere reale Interviews, unter anderem mit dem Sprecher der Deutschen Bank. Seit dem Hochladen am 9. Dezember wurde der Clip rund 37.000 mal geklickt.

Rolle auf dem internationalen Markt für Nahrungsmittel

Es ist nicht das erste Mal, dass die Deutsche Bank wegen ihrer Rolle auf dem internationalen Markt für Nahrungsmittel kritisiert wird. Die Organisation Foodwatch veröffentlichte im Oktober einen kritischen Report unter dem Titel "Die Hungermacher: Wie Deutsche Bank, Goldman Sachs & Co. auf Kosten der Ärmsten mit Lebensmitteln spekulieren". Laut einem Bericht des ZDF-Magazins Frontal21 habe die Bank in Deutschland die meisten Fonds aufgelegt, die auf steigende Preise für Nahrungsmittel setzen. Insgesamt seien es 35 Fonds mit über 4 Milliarden Euro Wetteinsatz.

Vor dem Einlenken der Bank hatte der künstlerische Leiter der Filmgruppe, Philipp Ruch, am Freitag gegenüber der taz angekündigt, nicht nachzugeben. "Wir wollen auf die Aufforderung der Bank erstmal nicht reagieren, weil wir darin einen Eingriff in die Kunstfreiheit sehen."

Der Banksprecher sei vorab informiert worden, dass der Ton des Gespräches mitgeschnitten werde, sagte Ruch. Mit der Aufforderung, das Video zu entfernen, habe sich die Bank einen Bärendienst erwiesen, weil sie den Film so in die öffentliche Diskussion bringe. "Diese Hydra werden sie nicht mehr köpfen können", sagte Ruch.

Ein Blick auf die Facebook-Seite der Deutschen Bank vom Wochenende gibt ihm Recht. Seit Freitag prügelten Kommentatoren im Minutentakt auf die Praxis der Nahrungsmittelspekulationen bei der Bank ein.

"Arrogante Art gegenüber Kritiker"

Kurz nach 22 Uhr am Freitagabend postete die Deutsche Bank schließlich eine Erklärung: "In eigener Sache: Wir werden nicht gegen Herrn Ruch klagen. Damit würden wir ihm zu viel Ehre erweisen, denn es geht ihm offenbar vor allem um eine möglichst öffentlichkeitswirksame Auseinandersetzung mit der Bank." Man halte jedoch daran fest, dass Ruch rechtswidrig gehandelt habe.

Bis Sonntagnachmittag hatten diesen Post bereits 260 Nutzer zum überwiegenden Teil sehr zynisch kommentiert. Neben den direkten Reaktionen auf die Erklärung der Bank riss die allgemeine Kommentarwelle nicht ab. Auch in den folgenden Tagen kritisierten Hunderte Facebook-Nutzer das Institut. Vor dem PR-Desaster findet sich nicht einmal eine Handvoll Kommentare pro Tag auf der Seite der Deutschen Bank.

Philipp Ruch sagte der taz am Sonntag, er habe mit Freude vernommen, dass die Bank doch keine rechtlichen Schritte einleiten will. "Meine Hoffnung ist jetzt, dass die Deutsche Bank insgesamt etwas an ihrer arroganten Art gegenüber Kritikern ändert."

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19 Kommentare

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  • N
    Nonkonform

    Ein wichtiges Thema, aber mich stört sehr dass bei diesem Kunstwerk nicht deutlich gemacht wird, dass die "Rahmenhandlung" (also die Fondsmanagerin u. A.) nicht echt sind UND das im Film selbst NICHT deutlich gemacht wird.

  • B
    berndjoel

    Auf Facebook wird dazu aufgerufen, weiterhin der Facebook-Seite von der Deutschen Bank ordentlich einzuheizen, z.B. hier:

     

    http://www.facebook.com/events/275581542483085/

     

    Endlich mal ne schöne Aktion, wo man im Warmen sitzen bleiben kann :-)

  • BP
    barbara Parlow

    Der politische Umgang mit Nahrungsmitteln, zu denen auch Tiere gehören, ist einfach menschenunwürdig.

    Was für eine unglaubliche Verrohnung!!

  • K
    Kinnal

    Wer als Kunde nicht mehr möchte, dass die Deutschen Bank unverantwortlich mit seinen Einlagen „arbeitet“, sollte dieser Spur folgen:

    http://www.attac.de/aktuell/bankwechsel/

     

    Auch die Mitarbeiter der Deutschen Bank können von der „dunklen Seite der Macht“ zu den Guten – das heißt auf verantwortungsvolle Arbeitsplätze im Bankenwesen – wechseln:

    http://www.social-banking.org/

  • R
    Robbin

    Hi!

     

    Danke für die Tipp's!

     

    Bei der Umweltbank bin ich schon länger Kunde.

     

    Nun habe ich auch meine private Bankverbindung geändert und bin Kunde der GLS-Bank. Mal sehen, wie gut es da läuft - und dann landet mein Geschäftskonto auch dort.

     

    Ich denke nur so kann man den "Herren dort oben" zeigen, dass WIR uns nicht alles gefallen lassen.

     

    Gruß Robbin

  • AG
    André Gaufer

    Protest gegen Nahrungsmittel-Spekulationen

    Spekulanten profitieren vom Handel mit Nahrungsmitteln, während die Zahl der Hungernden weltweit steigt! Die Initiative handle-fair.de protestiert dagegen!

  • T
    Tillmann

    Keine Frage: Die Drohung der Deutschen Bank gegen die Filmemacher war nicht akzeptabel. Vor allem aber war sie dumm: Ohne sie hätte wohl kaum jemand gemerkt, dass es diesen Film überhaupt gibt. Und mal ehrlich: Das wäre auch besser so gewesen, denn dieser so genannte Dokumentarfilm ist doch ziemlich dämlich: Der Informationsgehalt tendiert gegen Null, teilweise versteht man kaum, worum es eigentlich geht (etwa in dem wirren Interview mit Foodwatch-Chef Thilo Bode). Der Populismusgehalt ist dagegen umso höher, und die moralingetränkte, pathetische Attitüde, mit der das vorgetragen wird, ist nur schwer erträglich. So schreckt man von der guten Sache, um die es den Filmemachern geht, eher ab.

  • M
    Menschin

    Es mag kleinlich sein, aber die DB selbst kann nicht "verbieten", wie Sie es im Teasertext suggerieren möchten. Da gestehen Sie der DB etwas zu viel Macht zu, wenngleich ihr großer Einfluss auf politisches Geschehen nicht zu leugnen ist. Sie kann Anzeige erstatten oder Beschwerde bei der FSM einlegen. Das Urteil fällen andere. Im Text schreiben Sie es ja richtig, es ging um das fehlende Einverständnis eine Passage aus einem Interview zu zitieren. Ich befürworte die massive Kritik an dem Untenehmen, aber seien Sie doch bitte korrekt in ihrer Berichterstattung und weniger tendenziös. Sonst nimmt die Kritik keiner mehr ernst und spielt den Falschen in die Hände.

  • N
    Nina

    UNGLAUBLICH!! Beteiligt Euch am Sturm gegen die Deutsche Bank. Nahrungsmittelspekulationen STOPP – JETZT!!

  • J
    joerg

    Die Aktion war ein Erfolg. Es wäre noch zu erwähnen, dass diese Aktion von der Occupy Bewegung gestartet wurde. Die Taz hat , durchaus teilweise mit Berechtigung, nicht immer positiv über die Occupy Bewegung in Deutschland berichtet. Diese Aktion zeigt, dass die Occupy Bewegung in Deutschland durchaus in der Lage ist, einiges zu bewirken und dann könnte die TAZ das auch erwähnen.

  • J
    Jürgen

    Es ist Zeit, dass man Bankmanager wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit anklagen kann!

  • B
    Bankwechslerin

    Mein Vorschlag an Robbin und alle die wechseln wollen:

     

    Triodos (www.triodos.de)

    Umweltbank (www.umweltbank.de)

    GLS (www.gls.de)

    Ethikbank (www.ethikbank.de)

  • F
    Film
  • L
    Link
  • C
    Chris

    An den Postbank-Kunden Robbin, der wechseln will:

     

    Ich habe das schon bei der Übernahme der Postbank durch die Deutsche Bank gemacht. Ca. ein Jahr nach Schließung des Kontos hat die Postbank dann nochmal versucht, eine Jahresgebühr für die nachweislich ebenfalls gekündigte Kreditkarte zu kassieren.

     

    Also bei der Kündigung hübsch auf Nummer sicher gehen und für den Notfall eine Kopie des Einschreibens bereithalten, das man dann wieder als Einschreiben schicken kann. Dann ist endgültig Ruhe... hoffentlich...

  • JD
    jott dee

    Über den von Ihnen zitierten Facebookkomment der DB kann ich mich nur wundern: herrscht da soviel Panik im Hause Ackermann, dass da so ungelenk und beleidigt kommentiert wird? Wie gekonnt sachlich und humorvoll die Presseleute der DB kontern können, dürfte man zuletzt doch nach dem Empfang des Lobby-Preises genießen.

  • G
    Georg

    Schade, dass kein Link zum Film im Artikel steht, freue mich über eine Linkzusendung, falls bekannt...

  • V
    vic

    Über die Deutsche Bank muss man sich nicht wundern, so geht Profit.

    Aber was sind das für Leute, die hoffen, durch Lebensmittelknappheit ein wenig reicher zu werden?

  • R
    Robbin

    Obwohl ich nur bei einer DB-Tochter (Postbank) mein Konto habe, ist jetzt endlich das Maß voll.

     

    Bankenwechsel und Einstieg in SINNIGE Geldanlagen!

     

    Ich mach mich mal vom Acker,mann.