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Streit der Woche„Ein Generalstreik ist notwendig!“

Braucht Europa den Generalstreik? Oskar Lafontaine von der Linkspartei fordert ihn ein. Die Stifterin Ise Bosch kritisiert „Reichen-Hetze“.

Braucht Europa mehr Solidarität? Bild: reuters

Nächsten Mittwoch, am 14. November, sind in Spanien und Portugal Generalstreiks geplant, aus Protest gegen die Sparauflagen der EU. Der Europäische Gewerkschaftsbund hat einen Aktionstag angekündigt. In zahlreichen europäischen Ländern sollen Solidaraktionen und Demonstrationen stattfinden.

Oskar Lafontaine, ehemaliger Parteivorsitzender der Linkspartei, hat in einem Beitrag für den „Streit der Woche“ in der sonntaz vom 10./11. November einen Generalstreik für ganz Europa gefordert: „Ein europaweiter Generalstreik ist notwendig!“ Er biete die Chance, die brutale Politik der Umverteilung zu stoppen.

Arbeitnehmer, Rentner und Beschäftigte des öffentlichen Dienstes würden für die Zockereien der Banken und ihrer Kunden in brutalster Form zur Kasse gebeten, schreibt Lafontaine. Ein Generalstreik sei ein Mittel, um die Fehlentscheidungen von Parlamenten rückgängig zu machen. „Das Versagen der Regierungen, die korrupte Politik in Athen und die Lohndrückerei in Deutschland schaden den Menschen in ganz Europa.“

Flaggen-Aktion statt Generalstreik

Ise Bosch, Stifterin und Erbin der Bosch-Familie, beklagt in ihrem Beitrag die „Reichen-Hetze“. Als kritische Erbin freue sie sich, dass endlich über Ressourcenverteilung geredet werde. Im Gegensatz zum Generalstreik schlägt sie eine „Flaggen-Aktion“ vor: „Hier auf dem Land hängt monoton Schwarz-Rot-Gold, ein paar Portugal- und Griechenland-Flaggen werden echt auffallen.“

taz
sonntaz

Den kompletten Streit der Woche und viele andere spannende Texte lesen Sie in der aktuellen sonntaz vom 10./11. November 2012. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz.

Bernadette Ségol, Generalsekretärin im Europäischen Gewerkschaftsbund, kritisiert indes „die Kluft zwischen der Dramatik der Situation und der Untätigkeit der europäischen Institutionen“. Wenn der Streik das einzige Mittel ist, sich Gehör zu verschaffen, dann brauche ganz Europa Streiks, schreibt sie. Sie fordert „einen Kurswechsel hin zu einem sozialen Europa der Vollbeschäftigung“.

Stefan Kramer, Fachanwalt für Arbeitsrecht, weist darauf hin, dass laut deutscher Gesetzgebung „ein Generalstreik bereits aus rechtlichen Gründen ausscheidet“. Der politische Arbeitskampf sei hierzulande unzulässig und rechtswidrig. Stattdessen plädiert er dafür, die europäische Solidarität durch wirtschaftliche Hilfestellung zu bekunden.

Die sonntaz-Frage „Braucht ganz Europa den Generalstreik?“ diskutieren außerdem Ingrid Gilcher-Holtey, Professorin für Zeitgeschichte, Ursula Engelen-Kefer, bis 2006 stellvertretende Vorsitzende des DGB und Armin Nassehi, Professor für Soziologie – in der sonntaz vom 10./11.November 2012.

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13 Kommentare

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  • S
    Synoptiker

    Hallo Gerda Fürch, wissen Sie überhaupt, was Sie wollen? Oder ist Ihnen in ihrem Beitrag nur der rote Faden verloren gegangen?

  • S
    Synoptiker

    Während hier unwichtige Details diskutiert werden (richtig toll und naiv), schaffen Finanzkreise und der entfesselte Markt Fakten. Die Ausbeutung und Disziplinierung feiert einen Höhepunkt nach dem anderen. Siehe Arbeitgeberrechte: "Krankenschein vom 1.Tag an". Hier ist das Zusammenspiel der Eliten Richter, Arbeitgeber, Äerzte in natura zu greifen.

    Hr. Lafontaine hat recht, wir brauchen den Generalstreik in Europa als Ordnungsrecht. Die lasche Haltung der deutschen Gewerkschaften an dieser Stelle kann ich nur als Bankrott-Erklärung für eine verfehlte

    Politik betrachten.

  • V
    vic

    Einen europaweiten Generalstreik kriegen wir nicht hin, eine "Reichenhetzte" sehe ich nicht.

    Ansonsten siehe:

    13.11.2012 17:53 Uhr

    Beitrag von Gerda Fürch

  • GF
    Gerda Fürch

    "Braucht Europa den Generalstreik?", fragt die taz. Meine Antwort auf diese Frage lautet: "Nein!".

     

    Wenn aber gefragt werden würde: "Wollen Sie ein marktkonformes Europa?". Meine Antwort auf diese Frage wäre: "Nein!".

     

    Würde gefragt werden: "Wollen Sie ein sozialstaatlich ausgerichtetes Europa?". Auf diese Frage wäre meine Antwort: "Ja!".

     

    Mit dem freien, unabhängigen und demokratischen Sozialstaat, der eine Frieden stiftende, auf Ausgleich und auf aktive Teilnahme an der Zivilgesellschaft strukturierte Gesellschaftsform ist, habe ich gute Erfahrungen gemacht - bis zur Massenarbeitslosigkeit von über 8 Millionen Menschen im Januar 1998.

     

    Ab 1998 erfolgte dann der massive neoliberale Anspruch und Umbruch der gewohnten und respektierten Gesellschaftsform sowie die gesellschaftsschädliche Einteilung der Menschen in "Gewinner" und "Verlierer", in "Leistungsträger" und "Sozialschmarotzer", hin zur scheinbar unabänderlichen Marktkonformität mit den allein gültigen "Gesetzen des Marktes", denen sich alle Marktteilnehmer (Gewinner, Verlierer, Leistungsträger, Sozialschmarotzer) zu unterwerfen haben! Möglichst bis in alle Ewigkeit!

  • R
    Rallinksy

    Sehr geehrte Frau Serdyuk,

     

    so einfach und pauschal kann man das Recht auf den politischen Streik nicht abkanzeln. Die momentane Rechtsprechung kann vielmehr durchaus kontrovers diskutiert werden. Ich empfehle hierzu, einmal einen Blick auf folgenden Internetauftritt zu werfen:

     

    http://politischer-streik.de/

     

    Der Wiesbadener-Apell ist eine Initiative von Gerwerkschaftern verschiedenster politischer Coleur, Professoren und Politikern.

    Außerdem hat zuletzt die IG-Bau den politischen Streik in ihr Programm aufgenommen, sowie es bereits innerhalb der verdi ähnliche Betrebungen gibt.

     

    Mit freundlichen Grüßen

    Rallinsky

  • T
    Tusti

    Ist schon alles richtig mit dem Generalstreik.

     

    Leider hört das spätestens bei den deutschen Gewerkschaftschefs auf. Da Mitglieder der Gewerkschaften im Bundestag als Abgeordnete sitzen,

    ist mit einer Unterstützung dieser entscheidenden Leute nicht zu rechnen.

     

    Außer, der deutsche Lohnarbeiter .. naja, usw...

  • K
    karola

    Und wer soll dran teilnehmen ? Die meisten Arbeitnehmer-Innen sind derart abhängig beschäftigt, dass sie sich hüten werden, auch noch durch Streikgespräche aufzufallen.

     

    Das Kind liegt im Brunnen - der Zeitpunkt ist verpasst.

     

    Zu viel Maintream in den Medien, wobei die Linkspartei schon überhaupt nicht mehr erwähnt wird - ist mir aufgefallen.

     

    Ich finde einen europaweiten Generalstreik sehr gut - sehe aber nicht, wie er in Deutschland umgesetzt werden könnte. Allerdings lebe ich auf dem Land - wo eh alles ruhiger und anders ist.

     

    Für die großen Städte - Berlin, Frankfurt, Hamburg, Bremen, Dortmund, München, Hannover könnte ich mir das gut vorstellen.

     

    Wenn die Gewerkschaften das nicht initiieren können weil sie nicht dürfen, wer dann ?

  • E
    Eulenspiegel

    Ein Generalstreik ist dann rechtens, wenn das Volk dazu gezwungen wird, seine Wunden selbst zu heilen- es ist also so was wie Notwehr.Der Souverän in einer Demokratie ist immer noch das Volk. Nun ist es so, dass Kapital und Parteien längst eine Konkordia bilden-

    Politiker als Staatsdiener im Lobbyismus hantieren- mit dem Ziel Armut zu halten- um Reichtum für eine Minderheit zu schaffen- und damit auch für sich selbst. Wenn das kein kapitalistischer Faschismus ist...!? Demokratie darf nicht bedeuten, dass die da oben tun und lassen können wie es ihnen selbst in den Kram passt.Und dazu noch auf das Grundgesetz hinzuweisen ist doch abstrus. Das Volk kann seinem Untergang nicht hilflos zusehen,nur weil ein Generalstreik nicht rechtens sein soll.Rechtens ist, was das Volk verarmen lässt?-, ohne dass es sich wehren darf? Z.B., ist es rechtens dass ein Management die Löhne der Belegschaft soweit kürzt, dass es sich die Bezüge um 30% erhöhen kann? Was will der Mensch mit einem System, indem keine Moral mehr ist!? "Jeder hat das Recht sein Vaterland vor einer schlechten Regierung zu retten"!

  • W
    Weinberg

    Es ist doch klar, dass Frau Bosch die „Reichen-Hetze“ beklagt, denn ist geht schließlich um den Inhalt ihres "Bankschließfachs"!

  • L
    lowandorder

    Die NEin-Seite ist hübsch.

    Der Herr Anwalt mit Bügelschalte: "nur bei Kauf einer Bahnsteigkarte!"

    Soviel sollte Herr Fachanwalt ja gelernt haben: jeder Streik war mal illegal, stupid - also scheißegal!

    Monsieur le Professeur? gehört und dann doch - zu recht auf die JA-Seite.

    Uli macht auf vergauckten Manés Sperber und den Molli - im Wasserglas.

    Und Frau Erbin? schwurbelt bemüht rum;

    es bleibt dabei : der Stein bestimmt das Bewußtsein.

    Und - das Auge sieht alles - nur nicht sich selbst!

    Kalle Freud halt.

  • B
    Britta

    Ich finde den Vorschlag von Oskar Lafontaine einer Notwendigkeit eines Generalstreiks in Deutschland richtig.

     

    In anderen Ländern Europas ist er ein demokratisches Grundrecht - in Deutschland nicht!

     

    Grundlegende Forderungen, gerade auch jetzt im Zusammenhang mit der Krise, Bankenunrecht, Politikwillkür, Sozialabbau usw. können nur mit vereinter Kraft durchgesetzt werden.

     

    Die Gewerkschaften in Frankreich, Spanien, Portugal, Griechenland, Belgien u.a. machen es uns vor.

     

    Das das dem Kapital und den herrschenden Parteien nicht gefällt, liegt auf der Hand.

     

    Lasst uns für unsere demokratischen Rechte kämpfen!

  • N
    Nathan-der-Greise

    Nicht das Kapital ist das 1. Problem Deutschland, Europas und der Welt. Der Machtmißbrauch durch die Eigner des Kapitals als Waffe gegen die anständigen Menschen, auch gern als einfache Menschen denunziert, ist das wirkliche Problem.

     

    Das 2. Problem sind die Vereinbarkeit von Amt und Mandat. Ursache dieses Problems ist die Entscheidung des Verfassungsgerichtes der Billigung dieser Vereinbarkeit, das damit de facto jede Hoffnung auf Rechtsstaat und Demokratie ausgelöscht hat.

     

    Wo immer sich die Täter selbst die Richter setzen dürfen wird "verbrechen" einseitig geduldet und gefördert und heilig gesprochen.

    Wenn in DE Beamte und Richter die absolute, sogar verfassungsändernde Mehrheit stellen, dann bestellen sie sich selbst auch die "gefälligen" Verfassungsrichter nach der "richtigen" geistigen Haltung. Die Anständigen bleiben auf der Strecke.

     

    Ein Generalstreik wird dann immer legitim, wenn er sich auf Grundgesetz Artikel 20, Ziffer 4 berufen kann; angesichtes des Mangels an Demokratie und Rechtsstaat wäre ein Generalstreik legitim.

  • KF
    karl friedrich

    Momentan eine reine Luxusdiskussion.

    Um es mit aktuellen Worten dieses Herrn Obama zu sagen:

    "Best Is Yet to Come."