piwik no script img

Schlechter Service bei AmazonKonto weg, Bücher weg, angepampt

Amazon hat wieder einmal bei seinem E-Reader-Service Kindle Kunden verprellt. Daran ist das sogenannte Digitale Rechtemanagement mitschuldig.

So stellt sich Amazon zufriedene Kindle-Kundschaft vor. Die Realität sieht anders aus. Bild: dpa

BERLIN taz | Wie ein Lauffeuer verbreitete sich am Montag die Nachricht: Amazon bereitet der Kundschaft wieder einmal Probleme bei seinem E-Reader-Service Kindle. Einer Norwegerin wurde erst das Amazon-Konto gesperrt, sie hatte auch keinen Zugriff mehr auf ihre von Amazon bezogenen Bücher – und der Kundenservice versagte vollkommen.

Der norwegische IT-Spezialist Martin Bekkelund beschreibt den Fall in einem unglaublichen Blogposting: Eine Freundin von ihm, die sich einen gebrauchten Kindle-E-Book-Reader gekauft hatte, wurde, als sie das Gerät reparieren lassen wollte, von der britischen Amazon-Filiale komplett ausgesperrt. Mit ihrem Konto sei missbräuchliche Nutzung verbunden gewesen, sie sei bei Amazon nun nicht mehr willkommen.

Schade nur, dass Bekkelunds Freundin sich keines Missbrauchs bewusst war – und mit defektem Gerät und ausgeschlossen von ihrem Amazonkonto auch all ihre legal erworbenen Bücher nicht mehr zurückbekam. Alles, was der Amazon-Kundenservice dazu zu sagen hatte: „Wir wünschen Ihnen Erfolg bei der Suche nach einem Anbieter, der ihre Bedürfnisse besser erfüllt. Leider können wir Ihnen keine weitergehenden Angaben zu diesem Vorgang machen.“ Ende der E-Mail.

Keine Kommunikation, kein Zugriff, keine Bücher. Und der Kunde ist weitgehend aufgeschmissen. Denn Amazon setzt beim E-Book-Reader Kindle und der zugehörigen Software auf das sogenannte Digitale Rechtemanagement (DRM). Wer Bücher über die Kindle-Software erwirbt und keinen Zugriff auf sein Amazonkonto mehr hat, fliegt faktisch raus.

Nur eine Nutzungslizenz?

Tatsächlich erwirbt der Nutzer auch kein Buch, so argumentiert Amazon, sondern nur eine Nutzungslizenz. Und damit diese bestehen bleibt, muss er sich haarklein an die Regeln halten, die Amazon ihm vorgibt. Auch wenn der Nutzer diese nie gelesen hat.

Der lange Arm von Amazon reicht dabei technisch so weit, dass die Firma sogar Bücher von den Geräten der Nutzer löschen kann, wie es im Jahr 2009 mit Titeln von George Orwell geschah. Erst im Nachhinein stellte Amazon fest, dass das Unternehmen gar nicht die notwendigen Vertriebsrechte besaß.

Damals entschuldigte sich Firmengründer Jeff Bezos wortkarg aber eindeutig: Nie wieder solle etwas Vergleichbares vorkommen. Und nie bedeutet bei Amazon offenbar drei Jahre lang. Nachdem es nun wieder Proteste hagelte, funktionierte der Account plötzlich mitten in der Nacht wieder. Wie von Geisterhand.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

14 Kommentare

 / 
  • KO
    klint ostwald

    Es gibt da noch eine "handfesten" Vorteil des "echten" Buches: Man kann es vererben. Versuchen Sie das mal mit "DRM"s. Amazon & friends werden Ihnen etwas anderes erzählen. Und ob der Übergang von einer Generation auf die nächste klappt, wenn es sich nur um Inhalte auf einem elektronischen Gerät oder auf dem PC/Notebook handelt - das halte ich für hochgradig zweifelhaft....

    Wer's nicht glaubt, kann ja mal beim kanadischen Amt für Landvermessung nachfragen, was technologischer Wandel mit Archivbeständen anrichten kann..

  • Z
    Ziepelmamn

    Manche setzen DRM mit ebook gleich. Ich bin froh das es ebook gibt. Die Vorteile überwiegen die Nachteile wenn man sich für den richtigen Hersteller entscheidet. Hier rufen viele Leute nach dem Waschbrett weil sie mit der Waschmaschine nicht klarkommen.

  • S
    Spinoza-Freund

    Junge Junge, wie mir diese ewiggestrigen Buch-Schnüffler und Papier-Knisterer mit ihrem Gestammel vom "haptischen Erlebnis" auf den Sack gehen. Fehlt nur noch der obligatorische Rotwein am heimeligen Kaminfeuer... Es geht ums LESEN, um den CONTENT! und nicht ums Fummeln und Schnüffeln, ihr Spackos...

    (Und wer von seiner eBook-Sammlung nicht ein DRM-freies Backup auf einer externen Platte hat, dem ist eh nicht zu helfen...)

  • B
    Blaubär

    Das mit der Kontosperrung ist uns auch schon passiert. Jemand hatte sich unserer Bankdaten bedient und ein Konto bei Amazon eröffnet und fröhlich auf unsere Kosten bestellt. Die fragliche Lastschrift wurde zwar nach Rücksprache! mit dem Amazon-Kundendienst zurückgezogen, unser komplettes Amazon-Kundenkonto danach aber für lange Zeit gesperrt. Grund: möglicher Kontomissbrauch durch Dritte. Wir hatten auch Strafanzeige gegen unbekannt gestellt, laut Polizei hat Amazon aber jegliche, den Fall betreffende Auskunft verweigert. Dutzende von Anfragen und Beschwerden sind im Gestrüpp der Kundendienst-Hotline verschollen. Amazon hat leider Kundenzufriedenheit (noch) nicht nötig.

  • D
    DRMnix

    Selber Schuld wer sich so ein DRM-Gerät kauft, nur weil der ständig den "guten" Namen von der Werbung her kennt. Dabei gibt es längst DRM-freie Geräte, die auch (laut Tests) viel besser sind. Aber die kennt halt keiner - noch.

  • P
    Puck

    Gegen solchen Ärger gibt es ein einfaches Mittel: Man geht zum Buchhändler seines Vertrauens und kauft ein Buch aus Papier.

    Das hat zwei weitere Vorteile: 1. Man braucht kein Gerät, um es zu lesen (außer vielleicht ne Brille...), man schlägt es auf und los geht's.

    2. Man bekommt ab und an sogar ein kluges Gespräch mit dem Buchhändler gratis dazu.

  • JC
    Joseph Canaillo

    Die Schutzfolie wird aufgerissen, das Buch liegt in der Hand, es wird angeschaut,es wird aufgeklappt, wie riecht es? Wie fühlt sich das Papier an, wie klingt es, das umschlagen der Seiten...

    Ein haptisches Erlebnis - beim E-Buch auf fast Null reduziert. Außerdem: meine Bibliothek ist nicht geheim, aber ich entscheide wer wissen darf, was ich lese.

  • S
    Sowasaberauch

    @ neubau:

    Im Prinzip richtig.

    Wenn jemand aber wie ich 10'000 Kilometer entfernt von der nächsten Buchhandlung mit deutschsprachigen Büchern wohnt und lebt, sind eBooks ein wahrer Segen.

    Denn soviele Bücher kann ich auf meinen dreijärhlichen Europa-Aufenthalten nun auch nicht mitnehmen.

    So hab ich zwei Reader in meinem Pad.

    Schöner wärs natürlich analog, aber eben.

  • BI
    Bertram in Mainz

    Das mögen Extremfälle sein. Aber sie sollten uns eine Warnung sein. DRM bedeutet totale Gängelung! DRM bei Filmen, Musik, HD+, E-Books mit DRM, online-Pflicht für Software kommen immer mehr in Mode. Dem Käufer ist das leider egal. Bis er irgendwann merkt, was er alles nicht darf.

     

    Was passiert wohl, wenn einem Studenten der E-Book-Reader abhanden kommt? Keine Bücher, keine Sicherungskopie, mühsamer Neukauf. Vielleicht gibt es mal einen Datenaustausch wie bei Versicherungen. Dann kann man die E-Books nicht mal bei einem anderen Anbieter neu kaufen. Papierbücher? Was ist, wenn es spezielle Fachbücher dann gar nicht mehr in gedruckter Form gibt?

     

    Dazu kommen horrende Schadenersatz-Forderungen, wenn jemand die E-Books aus dem gefundenen oder geklauten Reader kopiert, z.B. mit einem normalen Scanner, und ins Internet stellt. Wir sollten ein derartiges DRM gar nicht erst akzeptieren! Das Weihnachtsgeschäft naht. Da gilt es, den Verlockungen von HD+ und den mit DRM verrammelten E-Books zu widerstehen.

     

    Ich werde mir unbedingt irgendwann einen E-Book-Reader zulegen. Oder einen Tablet-PC, mit dem ich auch E-Books lesen kann. Oder beides. Aber nicht solche E-Books mit solchem DRM und solcher Überwachung!

     

    Wer einen Reader kaufen will, sollte unbedingt auf die darstellbaren Formate achten! Können normale pdf, html und andere gelesen werden? Besser ein paar Testberichte durcharbeiten, als hinterher einen mit DRM vernagelten Reader zu haben. Wenn man nichts findet, dann eben Papierbuch. Die E-Book-Reader können warten.

  • VK
    Versteh kein Wort

    missbrauchsfall kann auch bedeuten das sich jemand illegal zugang zu ihrem konto verschafft hat und das konto 3 tage aufgrund einer sicherheitsüberprüfung ausgesetzt wurde um das benutzerkonto zu bereinigen.

     

    da amazon zu 99% nur autotexte per email verschickt kann ich nicht ganz glauben was hier geschrieben steht. ich bin absolut kein amazon fanatiker aber es gibt kaum einen onlinehändler der so kulant mit reklamationen oder ähnlichem umgeht. natürlich ist es mehr als logisch das alle ebooks deren nutzungsrechte man nicht selber erworben hat vom kindle gelöscht werden.

     

    das buch von george orwell wurde damals doch komplett erstattet oder nicht?

  • P
    peterpankschönendank

    Scheiß Großkonzerne!!!!!!!!!!

  • X
    xVegAnarchistx

    Da hilft, wie so oft, nur eines, rooten/jailbreaken, damit man auch wirklich die volle Kontrolle über sein Gerät hat, damit hat sich dann auch das Thema DRM erledigt.

  • N
    neubau

    Und aus diesem Grund werden Bücher auf Papier gedruckt. Analog ist besser - das Digitale ist hier immer nur eine Imitation eines Buches, und immer damit verbunden, dass der Inhalt entmaterialisiert wird. Erwirbt man ein Buch, so gehört einem dieses. Erwirbt man ein E-Book, so hat man das Recht, das Buch zu lesen. Und beides kostet in etwa gleich viel. Bescheuert, wer hier nicht das haptisch interessantere analoge Modell wählt!

  • S
    Schubi

    Tja, wer Zeugs mit DRM kauft ist halt selber schuld.

    Wenn wir uns das als Kunden einfach nicht bieten lassen ist auch irgendwann Schluss damit, siehe CD-Kopierschutz.