Sächsische Petition zur Homo-Partnerschaft: Die homophobe Hochburg Deutschlands
Der Freistaat ist einsames Schlusslicht in Sachen Gleichstellung von Homo-Partnerschaften. Vor allem die CDU blockiert den Fortschritt.
DRESDEN taz | "Kiss-in" am Mittwochabend vor dem sächsischen Landtag. Ein Teil der rund 200 Demonstranten führt vor, was bei biederen Bürgern immer noch Kopfschütteln auslöst: Gleichgeschlechtliche Partner küssen sich öffentlich. Den Anlass dafür boten eine Landtagsdebatte zur Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften und die Überreichung einer Petition von 4.425 Unterschriften.
Sachsen bildet bei der Umsetzung des schon vor zehn Jahren verabschiedeten Lebenspartnerschaftsgesetzes und von EU-Recht das einsame Schlusslicht unter den Bundesländern. So verbieten die Richtlinie 2000/78 der EU und ein Spruch des Europäischen Gerichtshofs in der Sache "Marko" von 2008 eine Benachteiligung beim Arbeitsentgelt wegen der sexuellen Ausrichtung.
Auch das Bundesverfassungsgericht hat im Juli 2009 entschieden, dass kinderlose Ehen gegenüber kinderlosen Lebenspartnerschaften nicht bevorzugt werden dürfen. Die Linksfraktion im sächsischen Landtag legte schon im März 2010 einen Gesetzentwurf vor, der 40 sächsische Gesetze und Verordnungen entsprechend ändern wollte. Doch diese Bemühungen liefen ebenso ins Leere wie ein interfraktioneller Antrag der Oppositionsfraktionen Linke, SPD und Grüne am Mittwochabend im Landtagsplenum.
Di CDU blockiert die Gleichstellung
Im September war eine Novelle des Beamtenrechts verabschiedet worden, ohne Benachteiligungen gleichgeschlechtlicher Partnerschaften etwa bei Pensionsansprüchen Hinterbliebener zu korrigieren. In der schwarz-gelben Regierungskoalition blockieren die CDU und ihr familienpolitischer Sprecher Alexander Krauß eine wirksame Gleichstellung.
Dagegen engagiert sich zunehmend die "Initiative 2=2" als gemeinsame Organisation der Lesben- und Schwulenverbände. Auf der Demonstration am Mittwoch bezeichnete Sprecher Christian Richter Sachsen als "Musterland staatlicher Diskriminierung von Lesben und Schwulen". "Gleiche Liebe, gleiche Rechte" war auf Plakaten zu lesen. Der Unionsabgeordnete Ralph Schreiber äußerte die vage Hoffnung, bei der im kommenden Jahr geplanten großen Dienstrechtsreform in seiner Fraktion etwas bewegen zu können.
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