Rüstungseigentümer zum Panzerdeal: „Der Protest hat noch Chancen“
Der Miteigentümer von Krauss-Maffei Wegmann, Burkhart von Braunbehrens, erfuhr aus der Presse vom Panzerdeal mit Saudi-Arabien. Nun will er ihn verhindern.
taz: Herr Braunbehrens, Sie sind Miteigentümer des Panzerherstellers Krauss-Maffei Wegmann. Sie kritisieren gleichwohl den geplanten Verkauf von Leopard-2-Panzern an Saudi-Arabien. Warum?
Burkhart von Braunbehrens: Ich halte die mögliche Lieferung von Panzern an Saudi-Arabien für eine schlimme Antwort auf die arabische Rebellion. Sie verstößt sowohl gegen die deutschen als auch gegen die europäischen Interessen.
Wann haben Sie und die anderen Eigentümerfamilien von dem geplanten Deal erfahren?
Das Datum weiß ich nicht – aber erfahren haben wir es aus der Presse.
Aber Sie sitzen doch in den leitenden Gremien des Unternehmens?
Burkhart v. Braunbehrens, 71, ist Maler in Ebertsheim. Er war 1968 Kopf der Studentenbewegung in Heidelberg, ist Miteigentümer des Rüstungsunternehmen Krauss-Maffei Wegmann.
Nein, in den Kontrollgremien. Die hatten vorher keine Information. Ich hatte Anfang der 70er Jahre, mit knapp 30 Jahren, schon von dem Unternehmen geerbt und habe das Geld in den Aufbau der Druckerei des Kommunistischen Bunds Westdeutschland (KBW) gesteckt. Es ist übrigens die Frankfurter Druckerei, in der auch heute noch die Westausgabe der taz gedruckt wird. Als Gesellschafter aber erfahre ich auch nicht eher von Rüstungsgeschäften als Sie.
Sie haben sich mit Ihrer Kritik auch an den Bundespräsidenten Joachim Gauck gewandt. Hat er bereits geantwortet?
Nein, das ist aber auch erst eine Woche her. Ich erwarte auch nicht unbedingt eine Antwort. Ich hab das um des symbolischen Akts willen getan, um meinen Willen zu dokumentieren. Freuen tät’s mich aber schon.
Nun haben die anderen Gesellschafter und der Aufsichtsrat Sie am Wochenende aus Ihren Ämtern geworfen. Was warf man Ihnen vor?
Diese Meldung kann ich Ihnen weder bestätigen noch dementieren.
Der Rüstungskonzern Krauss-Maffei Wegmann (KMW) erklärte am Montag, dass ihm keine Bestellung aus Saudi-Arabien für Leopard-2-Panzer vorliege. „Wir haben keinen Auftrag“, sagte Unternehmenssprecher Kurt Braatz zur dpa. Braatz – der für die taz grundsätzlich nicht zu sprechen ist – reagierte damit auf die Meldung der Bild am Sonntag, wonach die Saudis nicht 270, sondern sogar bis zu 800 Panzer für rund 10 Milliarden Euro bestellen wollten.
Nun gibt es offizielle Bestellungen ohnehin erst, wenn der Bundessicherheitsrat den Handel abgesegnet hat. Eine Voranfrage beim Bundessicherheitsrat bezüglich der 270 Leopard-2-Panzer wurde Mitte 2011 bekannt. Die Frage, ob ein solcher Verkauf an die saudischen Autokraten von den Rüstungsexportrichtlinien gedeckt ist, beschäftigt seither Exportkritiker, aber auch die Koalition. Immerhin half Saudi-Arabien 2011, den Aufstand in Bahrain niederzuschlagen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erklärte zunächst, Saudi-Arabien sei ein Partner zur Rettung der regionalen Stabilität. Inzwischen sollen jedoch Teile des Kabinetts unsicher geworden sein.
Die Bundesregierung ist dabei in schwieriger Lage. Denn inzwischen hat Spanien stolz verkündet, es könne die Panzer vom US-Konzern General Dynamics in Santa Barbara liefern lassen. Dort wird ein etwas unmodernerer Leopard 2 in Lizenz gefertigt. KMW würde dann weit weniger profitieren. Doch auch wenn Saudi-Arabien Spanien den Zuschlag gäbe - der Bundessicherheitsrat wäre zuständig, sein Plazet zu geben. (uwi)
Wurde Ihnen Geschäftsschädigung vorgeworfen?
Ich kann Sie nicht an Spekulationen hindern.
Wird es auch künftig Kritiker solcher Geschäfte bei Krauss-Maffei Wegmann geben?
Ich kann nicht über andere sprechen, aber es liegt angesichts der Natur der Sache nahe.
Saudi-Arabien spielt jetzt Spanien gegen Deutschland aus: Wenn die Deutschen nicht lieferten, nähme man eben den in Lizenz gefertigten Leopard 2 von General Dynamics in Spanien. Wem wäre also damit geholfen?
Öffentliche Kritik hat immer eine Wirkung. Letzten Endes ist das die nachhaltigste Wirkung überhaupt. Die öffentliche Meinung ist das Medium, in dem demokratische Mitsprache sich entfaltet. Auch für eine Revolution wie die arabische kommt es nicht in erster Linie auf Waffen an, sondern darauf, die Menschen zu überzeugen und so zum Beispiel Soldaten zum Überlaufen zu bewegen. Die Menschen im arabischen Raum sollen wissen, dass sie nicht von Panzern aus Deutschland niedergewalzt werden, sondern dass wir ihre Ziele unterstützen.
Nun ist sowieso umstritten, ob der Saudi-Deal den Exportrichtlinien genügt. Einen Panzerverkauf im Rahmen der Exportrichtlinien finden Sie in Ordnung?
Prinzipiell ja. Eine wachsame öffentliche Kritik ist wohl immer notwendig. Deshalb unterstütze ich die Debatte über die Angleichung der Exportstandards in Europa und hoffe auch, dass jetzt die Verhandlungen über einen internationalen Waffenhandelsvertrag bei den Vereinten Nationen eine gute Lösung erbringen.
Es gibt Exporte, die zwar von sämtlichen Richtlinien gedeckt, aber trotzdem zweifelhaft sind – etwa an Griechenland.
Im Nachhinein wissen wir, dass die Belieferung Griechenlands eine skandalöse Wirkung hatte. Die enormen Militärausgaben Griechenlands sind heute Teil der europäischen Krise.
Die deutsche Rüstungsindustrie profitiert seit Jahrzehnten vom griechisch-türkischen Wettrüsten – Sie auch.
Das muss man annehmen.
Warum so zurückhaltend? Gegen den Saudi-Deal protestieren Sie doch auch.
Da dieser Deal bislang nicht zustande gekommen ist, hat der öffentliche Protest auch noch Chancen.
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