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Rücktritt von CIA-Chef PetraeusEin etwas zu freizügiger Verkehr

Der CIA-Chef David Petraeus tritt wegen einer Beziehung zu seiner Biografin zurück. Das Verhältnis flog durch intime E-Mails auf, die das FBI beobachtete.

Plötzliches Karriereende: David Petraeus wurde von Vizepräsident Joe Biden als CIA-Chef vereidigt. Er schwor auf die Familienbibel. Bild: dapd

WASHINGTON taz | Weder Drohnen-Attacken noch die Todesfälle von Bengasi, sondern eine außereheliche Affäre hat die Karriere von CIA-Chef David Petraeus abrupt beendet. Der Viersternegeneral und ehemalige Kommandant im Irak- und Afghanistan-Krieg erklärte am Freitag seinen Rücktritt.

Sein Benehmen sei „inakzeptabel“, begründete Petraeus gegenüber CIA-Beschäftigten, „sowohl als Ehemann als auch als Chef einer Organisation wie unserer“. Der Militär gilt vielen US-AmerikanerInnen als „Held“. Er war eine Zeit lang auch als potenzieller Präsidentschaftskandidat der republikanischen Partei im Gespräch. Im Herbst 2011 beförderte Barack Obama ihn an die Spitze des CIA.

Die Frau, über die Petraeus stolperte, ist genauso wie er selbst eine West-Point-Absolventin, Karriere-Militär und Geheimdienstexpertin. Sie hat in den vergangenen 15 Jahren für das US-Militär an Counterterorrismus-Missionen in „mehr als 60 Ländern“ teilgenommen. Und sie macht unter anderem Werbung für einen Maschinengewehrhersteller.

Anfang dieses Jahres hatte Paula Broadwell ein 400 Seiten dickes Buch über Petraeus veröffentlicht. Der Titel lautet: „All in“. Rezensenten fiel auf, wie uneingeschränkt positiv sie über Petraeus beschrieb. Sie selbst erzählte im Fernsehen, dass sie ihre Interviews mit ihm unter anderem beim Joggen in Afghanistan gemacht habe. Bei einem Fernsehinterview mit Jon Stewart machte Broadwell Liegestütze, um Geld für Veteranen zu sammeln.

Häufiger Gast im Hauptquartier

Broadwell soll Petraeus während mindestens eines Jahres immer wieder im Afghanistan-Krieg besucht und begleitet haben. Nachdem der General im Herbst 2011 von Präsident Barack Obama zum CIA-Chef befördert worden war, soll sie ein häufiger Gast im CIA-Hauptquartier in Langley bei Washington gewesen sein.

Bislang ist nicht bekannt, dass das Verhältnis der beiden zu für den CIA oder andere US-Interessen gefährlichen Informationslücken geführt hat. Offenbar sind die beiden GeheimdienstexpertInnen davon ausgegangen, dass sie selbst vor Beschnüffelung sicher wären. Sie tauschten freizügig E-Mails aus.

Die sind ihnen jetzt zum Verhängnis geworden. Das FBI hat diese E-Mails beobachtet und dank ihrer festgestellt, dass es zwischen den beiden mehr als Interviews und Joggings gab. Ursprung dieser E-Mail-Kontrolle des Geheimdienstlers durch andere Geheimdienstler soll eine Denunziation gewesen sein.

Nach – nicht bestätigten – Informationen der New York Times und anderer US-Medien kam diese Denunziation von einer anderen Frau. Die Denunziantin soll ebenfalls ein starkes Interesse an Petraeus haben. Sie ist aber angeblich weder mit ihm noch mit Broadwell verwandt. Sowohl Petraeus als auch Broadwell sind verheiratet.

Justizministerium wusste von der Überwachung

Präsident Obama soll erst nach seiner Wiederwahl von der Affäre seines obersten Spitzels erfahren haben. Doch das US-Justizministerium war schon lange vorher darüber informiert, dass Petraeus’ private E-Mails vom FBI durchforstet wurden. Und auch Eric Cantor, Fraktionschef der Republikaner im Repräsentantenhaus, wusste nach eigenem Bekunden bereits im Oktober von den FBI-Ermittlungen.

Einzelne Mitglieder der für die Geheimdienste zuständigen Komitees in den beiden Kammern des Kongresses hingegen klagen jetzt darüber, dass sie erst nach dem Rücktritt von der Affäre erfahren haben. Sie wollten Petraeus in den nächsten Tagen zu dem Hergang des Überfalls auf das US-Konsulat in Bengasi, in Libyen, anhören, bei dem unter anderem US-Botschafter Christopher Stevens ums Leben kam.

An Stelle von Petraeus soll nun Mike Morell in der kommenden Woche für die CIA vor das Geheimdienst-Komitee des Repräsentantenhauses treten. Morell ist seit Freitag wieder vorübergehender CIA-Chef. Er hatte die Agentur auch schon vor Petraeus’ vorübergehend geführt.

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6 Kommentare

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  • A
    AntiFunt

    @xyz

    Unglaublich aber war, das FBI wird als Geheimdienst gewertet. Wieder was gelernt.

     

    @Alexander Mahr

    Klügere Menschen haben mal erkannt, das es Sinn macht, wenn Geheimdienste ihrerseits überwacht werden, um nicht völlig unbehelligt ihr Süppchen kochen zu können.

     

    Und auch wenn es manch linksalternativem Querbeetvögler nicht gefallen mag, könnte man doch argumentieren, dass jemand, der seine Ehefrau sehr häufig hintergeht und belügt, nur bedingt vertrauenswürdig ist, und von daher eventuell nicht geeignet ist für einen der sicherheitspolitisch sensibelsten Posten der Welt? Aber warum lange nachdenken, wenn man auch "Prüde Amis!" gröhlen kann.

     

    Gruß an den Zensor.

  • P
    Peer

    Wer das glaubt, der glaubt auch das der Irak Massenvernichtungswaffen hortete. Da ist also einmal mehr ein Beamter über seine Verkehrsgewohnheiten gestolpert, also über seinen besten Freund ... Nur, sollte man seit der Irak-Lüge nicht alles in Frage stellen, was vom Dienst kommt ? Ist es wahrscheinlich, das einer der Inlandsgeheimdienste dem Auslandsgeheimdienst nachweist, das sein Chef eine Äffare hat? Und der Inlandsgeheimdiesnt hat im Ausland (Afghanistan) recherchiert, um den "Vorwürfen" nachzugehen? Das sollen wir glauben? Ist es nicht Aufgabe des FBI, Terrorismus-Abwehr zu betreiben? Ist die Bücherschreibe-Tante also eine Terroristin? Was wird hier wirklich vertuscht? Erst belästigen die Tommys uns mit ihren "Beweisen" für ihre Kriege im Sandkasten und dann müssen wir auch noch etwas über ihr Verkehrsleben wissen? Give me break !! Wir wollen, wenn überhaupt, wissen was wirklich dahinter steckt, wenn Gen. Petraeus zurücktreten muss. Eine Affäre hat noch keinem Beamten in den USA nachhachaltig geschadet, geschweige denn wäre einer davon freiwillig zurückgetreten. Also, ´raus damit: Was war da wirklich los ?? Und kommt mir nicht wieder mit irgendwelchen Bettchengeschichten.

  • AM
    Alexander Mahr

    fragelich bei alledem ist weniger die "moralische Seite des Herrn 4sterne-General" sondern eher:

     

    1) wieso muss das FBI den CIA-Chef überwachen?

    2) Ist der CIA so unmächtig, dies nicht verhindern zu können?

    3) Was bringt dann der CIA und der ganze vorgebliche "Schutz gegen Terrorism"/Freiheitseinschränkung... wenn die nicht mal das hinbekommen?

    4) Ist Ehebrechen in den USA ein Vergehen/Verbrechen?

    5) Persönlichkeitsrecht des Herrn General? Wieso darf das jemand überhaupt ermitteln?

     

    Im eigentlichen ist doch nur die Moral verwerflich, rechtlich ist es sein gutes Recht gewesen.

     

    Und wenn es um Moral geht, dann ist die Thematik nach Waffen, Ausbeutung 3te Welt, Krieg, Organhandel der größere Skandal. Der schafft es aber nicht so zuverlässlich auf die Titelseite wie dieses "Scheinproblem".

  • JZ
    jan z. volens

    "Washington Post" die zweit-wichtigste Zeitung in USA hatte 10-11 Nov. eine Artikel: "With Paula Broadwell, Gen. Petraeus let his guard down" nach welchen mehr als 900 Leserkommentare folgten - eine einmalige Einsicht in den zotischen Humor des U.S. Mannes und interessanter als der uebliche sarkastische "New Yaaark" Komiker. "kennpittsburg" schrieb: "Wanna surge, gotta surge!" In Anspielung an General Petraeus "Surge" Strategy. SURCH=Anstieg, Woge, Spannungsstoss, branden, sich draengen, sich waelzen, aufwallen, ansteigen. Ich erwaehnte den Ratschlag Frank Sinatras an den damals noch jungen O.J.Simpson: "Forget about chasing chicks till dawn, instead get yourself a couple of prostitutes and get it over with!" ....

  • X
    xyz

    Ursprung dieser E-Mail-Kontrolle des Geheimdienstlers durch andere Geheimdienstler soll eine Denunziation gewesen sein.

     

    Seit wann ist das FBI ein Geheimdienst?

  • D
    Dante

    Habe den Rücktritt immer noch nicht verstanden. War seine Geliebte eine Spionin oder Doppelagentin? Hat Petraeus beim gemeinsamen Schläferstündchen nationale Sicherheit gefährdende Informationen preisgegeben oder darf der Oberste Geheimnishüter einfach nicht fremdgehen, weil so ein außerehelicher Fauxpas moralisch von der Gesellschaft nicht gern gesehen wird?