Rechtsextremismus: Neonazi-Ausstatter darf offen bleiben
Der Berliner NPD-Chef Schmidtke kann seinen Laden "Hexogen" weiter betreiben. Eine Klage des Vermieters ist gescheitert. Schmidtke soll dort rechtsextreme Musik und Kleidung verkaufen.
Die Brückenstraße in Schöneweide bleibt ein Einkaufsparadies für Neonazis. Szenetypische Kleidung, Elektroschocker und Schlagwaffen – all das kann man auch weiterhin im Geschäft „Hexogen“ des Berliner NPD-Chefs Sebastian Schmidtke einkaufen. Eine Räumungsklage des Vermieters – die Immobilienfirma Real Estate – wurde am Montag vom Landgericht abgewiesen.
Eine detaillierte Urteilsbegründung legte das Gericht noch nicht vor. Schmidtke hatte sich geweigert, eine Nachtragsvereinbarung zu unterzeichnen, die ein Verkaufsverbot von Waren mit rechtsextremen und antisemitischen Bezug vorsah. Daraufhin hatte der Vermieter Schmidtke im Juli 2011 fristlos gekündigt und ihn verklagt, als er nicht auszog.
Eine Sprecherin des Gerichts sagte, dass nicht genügend Beweise für den Vertrieb von rechtsextremer Musik und Kleidung gesammelt werden konnten. Zudem sei unklar, welche Gegenstände vom Verkauf ausgeschlossen werden sollten. Es sei auch nicht möglich, Schmidtke wegen verspäteter Mietzahlungen zu kündigen. Dafür hätte der Vermieter Schmidtke zuvor abmahnen müssen. Der Vermieter könnte in Berufung gehen. Sein Rechtsanwalt Sven Richwin will jedoch mit einer Reaktion warten, bis er die genaue Urteilsbegründung kennt.
Der „Hexogen“-Laden in der Brückenstraße ist Teil einer rechtsextremistischen Infrastruktur, die sich seit einigen Jahren in Schöneweide gebildet hat. Neun Läden sollen dort in rechter Hand sein. Nur einige Häuser entfernt vom „Hexogen“ liegt die Kneipe „Zum Henker“, die als zentraler Treffpunkt für die Neonazi-Szene Berlins gilt. Clara Hermann, Rechtsextremismus-Expertin der Grünen, hofft, dass die Bürger sich vor Ort weiter gegen den Laden engagieren und der Vermieter weitere Schritte unternimmt. „Das ist kein normaler Laden, den Herr Schmidtke da betreibt.“ Sie empfiehlt privaten Vermietern von Anfang an eine Rechtsextremismus-Klausel in den Mietvertrag aufzunehmen. Mit dem Passus können Vermieter Ladenbetreibern direkt kündigen, wenn diese Waren mit rechtsextremistischen Bezug verkaufen.
Bei einer Razzia der Polizei im „Hexogen“ waren im Mai 880 Exemplare der „Schulhof-CD“ der NPD sichergestellt worden. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien hat sie als volksverhetzend indiziert. Die Polizei ermittelt gegen Schmidtke noch in einem anderen Fall: Er soll seinen Nachbarn mit Reizgas attackiert haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Filmförderungsgesetz beschlossen
Der Film ist gesichert, die Vielfalt nicht