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Reaktionen auf FrankreichwahlPolitiker zufrieden, Börsen verunsichert

Nach dem Hollande-Sieg zeigen sich Sigmar Gabriel und Rainer Brüderle optimistisch. Asiens Börsen wurden durch die Wahlergebnisse in Frankreich und Griechenland jedoch beunruhigt.

Hollande-Sieg: Asiens Börsen freuten sich weniger. Bild: Reuters

BERLIN/TOKIO rtr/dapd | Nach dem Wahlsieg des Sozialisten François Hollande in Frankreich erwartet SPD-Chef Sigmar Gabriel eine politische Kursänderung in Europa. Der reine Sparkurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel habe Europa tiefer in die Krise geführt, sagte Gabriel am Montag im Deutschlandfunk. Mit Hollande werde „Europa eine neue Richtung nehmen, und das ist auch gut so“, betonte der SPD-Chef. Der europäische Fiskalpakt müsse ergänzt werden durch einen Wachstumspakt. Zudem brauche Europa ein „Bündnis gegen Jugendarbeitslosigkeit“, forderte Gabriel.

Auch FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle äußerte sich optimistisch zum Wahlausgang in Frankreich. Zwar werde die Lage durch Hollandes Sieg nicht einfacher. Aber auch Hollande wisse, dass Deutschland und Frankreich zusammenstehen müssten, weil beide Länder sich brauchten.

Die von Hollande angestrebte Änderung des europäischen Fiskalpakts stößt in Berlin weiter auf strikte Ablehnung. „Aus unserer Sicht ist eine Neuverhandlung des Fiskalpakts nicht möglich“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Er verwies darauf, dass der Pakt von 25 der 27 EU-Staaten unterschrieben worden sei.

Nach Einschätzung des CDU-Europapolitikers Elmar Brok hat François Hollande keinen Spielraum, seine Wahlversprechen umzusetzen. Wenn er sein Land reformiere, könnte er Berlin aber dazu bringen, über die Einführung von Euro-Bonds nachzudenken, sagte der EU-Abgeordnete im dapd-Interview.

Die Grünen sehen das Ergebnis der Präsidentschaftswahl in Frankreich als Schlappe für Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Ihr Lieblingspräsident Sarkozy hat in Frankreich krachend verloren“, sagte Grünen-Chef Cem Özdemir am Montag in Berlin.

Höfliche Staatschefs

Der britische Premierminister David Cameron hat eine sehr enge Zusammenarbeit mit dem künftigen französischen Präsidenten François Hollande angekündigt. In einem Telefonat vereinbarten die beiden am späten Sonntagabend, auf der bereits „sehr engen Beziehung“ zwischen Großbritannien und Frankreich aufzubauen, wie ein Regierungssprecher in London erklärte. Der Konservative Cameron hatte den Sozialisten Hollande während eines Besuchs in Paris im Februar nicht getroffen.

Der italienische Regierungschef Mario Monti will mit dem neuen französischen Staatspräsidenten François Hollande eng für mehr Wachstum in Europa zusammenarbeiten. Monti sagte Hollande am späten Sonntagabend am Telefon, Italien wolle mit Frankreich vor allem im europäischen Rahmen kooperieren, „mit dem Ziel einer immer effizienteren und auf Wirtschaftswachstum ausgerichteten Union“. Hollande habe diese Auffassung geteilt und wünsche ebenfalls eine enge Zusammenarbeit der Regierungen, teilte Montis Amt in Rom mit.

Spaniens konservative Regierung ist nach den Worten von Ministerpräsident Mariano Rajoy zu einer Verständigung mit dem künftigen französischen Staatspräsidenten François Hollande verpflichtet. „Ich stehe in der Pflicht, mich mit ihm zu verständigen und zu versuchen, eine Politik zum Vorteil Frankreichs, Spaniens und Europas zu betreiben“, sagte Rajoy am Montag im Radiosender Onda Cero.

Die dänische Regierung sieht den Wahlsieg des Sozialisten François Hollande in Frankreich als Chance für eine auf Wachstum und Schaffung von Arbeitsplätzen orientierte Politik in Europa. Die sozialdemokratische Ministerpräsidentin Helle Thorning Schmidt sagte am Montag in Kopenhagen: „Das sind die Schlüsselpunkte für unsere dänische EU-Ratspräsidentschaft.“ Dänemark hat die Präsidentschaft in der ersten Jahreshälfte inne.

Ängstliche Börsen

Weniger entspannt reagierten Asiens Börsen auf die Wahlergebnisse in Frankreich und Griechenland. Sorgen um die Stabilität der Euro-Zone nach den Wahlen, vor allem die Ungewissheit über die Regierungsbildung in Griechenland beunruhigte die Anleger.

Hollandes Ankündigung, die vor allem von Deutschland verfolgte Sparpolitik nicht unverändert weiterzuführen, sowie das schlechte Abschneiden der Regierungsparteien in Griechenland schürten Bedenken, dass die Bemühungen um Haushaltssanierung und Reformen in Europa ins Stocken geraten. Diese Anstrengungen gelten an den Märkten als ausschlaggebend, um die Schuldenkrise in den Griff zu bekommen.

Der Index für Aktien aus dem Asien-Pazifik-Raum ohne Japan gab 2,4 Prozent auf den niedrigsten Stand seit drei Monaten nach. Auch in Tokio rutschte der 225 Werte umfassende Nikkei-Index auf ein Drei-Monats-Tief und ging 2,8 Prozent tiefer auf 9119 Punkten aus dem Handel. Der breiter gefasste Topix-Index verlor 2,6 Prozent auf 772 Zähler. Die Börsen in Hongkong, Shanghai, Seoul, Taiwan und Australien verloren bis zu zwei Prozent.

Auch die Aktienmärkte in Europa – allen voran in Frankfurt und Paris – und in den USA dürften nach den Wahlergebnissen unter Druck geraten. Der Euro fiel auf 1,3005 Dollar.

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4 Kommentare

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  • J
    JGO

    Klar braucht Europa eine neue Richtung, und die wird nun durch Herrn Hollande vorgegeben. Aber ich verstehe nicht was daran für die S)PD positiv sein sollte, denn eigentlich gehören sie nicht derselben politischen Familie an.

    Die (S)PD hat mit den französischen Sozialisten aber gar nichts gemeinsam. Die Wähler vergessen nicht für was die (S)PD stand und auch heute noch steht. Wer (S)PD wählt bekommt die große Koalition, wer das nicht versteht dem ist nicht zu helfen. Bei der (S)PD gibt es keinen der Herrn Hollande auch nur das Wasser reichen könnte.

  • B
    Branko

    Solche Meldungen "Politik mehr links = Börse sackt ein." sind Klasse.

    Man denke sich den Unkehrschluss mal konsequent zu Ende:

     

    Da sitzen nun unsere 80Mio Aktionäre vor ihren Depots mit den 120 Telekomaktien und wissen:

    Rente sowieso schon futsch, Riester = Beschiss = auch futsch; aber es besteht ja die Chance, dass die Aktien nach oben schiessen, und man über Nacht zum Millionär werden könnte.

    Dafür brauchen die Märkte aber vollste Sicherheit.

    Und die gibt`s möglichst weit rechts.

     

    Was meinen Sie, wie es die Börsenindizies oben aus den Dächern rocketieren würden, wenn Faschisten an die Macht kämen?

    Für die freie Marktwirtschaft der best-case-ever schlechthin.

     

    Logisch:

    Höchste Gewinnmaximierung durch massivste Kosten- weil Lohnsenkung durch Zwangsarbeit.

    Gigantische Umsatzvolumensteigerungserwartung durch Option auf einen Weltkrieg.

    Das kurbelt den Resourcenverbrauch und die Produktion an.

    Lässt die sozialen Wünsche der Menschen und Umweltbedenken in den Hintergrund treten, senkt die Lohnkosten (Lebensmittelmarken), sorgt für jede Menge neuer Zwangsleiharbeiter, Kapitalgewinne durch Bodengewinne und entlastet die Sozialkassen durch Kanonenfutterverbrauch.

     

    Und wenn dann erstmal wieder alles in Schutt und Asche liegt, gibt's Renditen in astronomisch unvorstellbaren Höhen. 60% - pah! Lächerlich!!

    Rechnen Sie doch mal den prozentualen Zuwachs auf irgendeinen beliebigen Wert, wenn Sie von Null ausgehen.

     

    Also:

    Gründen wir flugs die Hermann Göring Werke AG - ab damit an die Börse - und zack, zack mal ein bischen mehr Politik gemacht, was die Märkte beruhigt!

  • A
    anke

    Wer oder was ist rtr? Ein öffentlich-rechtlicher Sender der rätoromanischen Schweiz, ein Software-Unit-Test-Programm, eine Einheit der britischen Armee, ein russischen Fernsehsender, eine Geschäftsstelle der Rundfunk-Regulierungsbehörde KommAustria oder ein Messverfahren in der Kommunikationswissenschaft? Egal. Melden sowieso nur nichtssagende Sprechblasen, die Typen! Haushaltssanierungen und Reformen, die angeblich ins Stocken geraten, weil die Leute nicht mehr bereit sind, Parteien, die sich als konservativ bewerben, mit der angeblich komfortablen Mehrheit von 51,9% zu wählen, abstrakt-anonyme Märkte, die Bedenken hegen und denen dies oder jenes als ausschlaggebend gilt, Börsen, die unter einen imaginären Druck geraten und Politiker, die zu höflich sind, als dass sie sagen könnten was sie wirklich meinen – auf so eine Berichterstattung pfeife ich, und zwar vollkommen unabhängig davon, wer sie verzapft hat.

  • C
    Celsus

    Merkwürdig, dass die Börsen immer dann beunruhigt sind, wenn die größten Schuldentreiber im Staat abgewählt werden. Denn die senken ganz und gar üblicher Weise um ein Mehrfaches die Steuern als die Sozialausgaben. So viel Platz bleibt ja in den Ländern Europas auch nicht mehr für den Sozialabbau, wenn da nicht dafür gestimmt werden soll, dass demnächst Menschen verhungern oder was eben wahrscheinlicher ist: In Massenprotsten auf die Straße gehen. Die Griechen leben es als Vorgeschmack des Möglichen vor, was bei instinktloser und dummer Politik nicht nur mit einem Börsen-Crash (siehe Lehman Brothers) sondern auch mit sozialen Katastrophen enden kann.

     

    Natürlich sollten in Frankreich jetzt die Staatsschulden weiter sinken. Ich würde mir wünschen, dass der französische Präsident dann Steuereinnahmen für ein menschenwürdiges Leben von Sozialhilfeempfängern einnimmt und noch mehr Geld, um Shculden zu tilgen. Eine Rechtenaufgabe, die in Deutschland selbst die promovierten Politiker nicht hinbekommen.