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Razzia bei bayerischen NeonazisDie meisten Waffen waren nur Deko

Bei Durchsuchungen bei einer bayerischen Neonazi-Gruppe findet die Polizei nur zwei illegale Waffen. Szenekenner gehen davon aus, dass sie mit der Razzia gerechnet hatten.

Sieht aus wie eine Maschinenpistole, kann aber nicht schießen. Bild: dpa

MÜNCHEN taz | Bei einer groß angelegten Razzia gegen die als rechtsextremistisch eingestufte Gruppierung „Jagdstaffel D.S.T.“ hat die bayerische Polizei am Donnerstag zahlreiche Waffen und Munition sichergestellt.

Insgesamt beschlagnahmten die Ermittler 770 Gegenstände, darunter in erster Linie aber schussuntaugliche Deko-Waffen, Gotcha- und Softair-Pistolen, Messer, Schlagringe und eine Axt, sowie entsprechende Devotionalien aus der NS-Zeit und Propagandamaterial.

Nach derzeitigem Stand der Ermittlungen konnten bei den insgesamt 16 durchsuchten Personen im Alter zwischen 20 und 33 Jahren lediglich ein Revolver und eine Signalpistole sichergestellt werden, die unter das Waffengesetz fallen. Die juristischen Konsequenzen der Razzia dürften für die Beschuldigten deshalb eher gering ausfallen.

Robert Kopp, Vizepräsident der Münchner Polizei wertete die Razzia dennoch als Erfolg und verwies auf die Signalwirkung der Aktion. „Wir müssen frühzeitig agieren, um Schlimmeres zu verhindern“, so Kopp. „Wir machen deutlich: Es gibt eine Grenze.“

Nach Angaben der Polizei wird die Gruppierung seit Anfang 2010 vom bayerischen Staatsschutz beobachtet und gilt laut Verfassungsschutz als rechtsextremistisch und gewaltbereit. Sie rekrutiert sich aus Mitgliedern der Skinhead-Szene in München und dem oberbayerischen Umland. Die bayerische Polizei geht davon aus, dass die Gruppierung auch dem rechtsextremen Freien Netz Süd angehört.

Scheinfirma sollte Waffen besorgen

Einige Mitglieder der Gruppierung seien bereits wegen Körperverletzung und unerlaubtem Waffenbesitz vorbestraft, wie die Polizei mitteilte. Darunter auch einer der beiden Anführer der Gruppierung, Dominik Baumann. Dieser hatte dem ebenfalls verurteilten Neonazi Martin Wiese eine Kalaschnikow samt Munition besorgt. Wiese wurde im Zusammenhang mit einem 2003 geplanten Sprengstoffattentat auf das Jüdische Zentrum München zu einer siebenjährigen Haftstrafe verurteilt.

Staatsanwalt Peter Preuß bestätigte darüber hinaus, dass die Gruppierung offenbar eine Scheinwaffenfirma unter dem Label „DoBa-Tec“ betrieb. „Wir gehen davon aus, dass sich die Mitglieder so Zugang zu Waffenmessen verschaffen wollten, um dort Waffen und Munition zu erstehen“, so Preuß.

Dass die Polizei trotz der groß angelegten Aktion nur zwei illegale Waffen beschlagnahmen konnte, werten Kenner der bayerischen Rechtsextremistenszene aus Hinweis darauf, dass die Gruppierung mit einer Razzia gerechnet hatte. Seit Beginn des Jahres hatten zwei Fernsehberichte ausführlich über die „Jagdstaffel D.S.T.“ und deren Reisen zu Schussübungen nach Tschechien berichtet. Die insgesamt 16 Beschuldigten befinden sich derzeit auf freiem Fuß.

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7 Kommentare

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  • OP
    Otto Pardey

    In der Bunmdesrepublik Deutschland ist auch

    die Demokratie nur Dekoration!

  • OP
    Otto Pardey

    In der Bunmdesrepublik Deutschland ist auch

    die Demokratie nur Dekoration!

  • L
    Leser

    Eine Durchsuchung ist ein schwerwiegender Grundrechtseingriff. Er ist nur auf richterliche Anordnugn und in Ausnahmefällen erlaubt.

     

    Fest steht, die Polizei fand praktisch nichts bei den Durchsuchten. Wie die taz vollkommen richtig schreibt, kann es ein, daß die Betroffenen gewarnt wurden oder schlicht unschuldig waren. Da Schuld aber nachzuweisen ist, gelten sie als Unschuldig.

     

    Wenn nun die Polizei dennoch von einem Erfolg spricht, weil man frühzeitig etwas tun müsse, dann grenzt das das, was wir aus dem "Minority Report" kennen. Mit dem Respekt vor dem Grundgesetz und den Grundrechten hat eine solche Aussage nun absolut gar nichts mehr zu tun.

     

    Daß also die Polizei solche Aussagen trifft, ist in höchstem Maße erschreckend.

  • T
    Teermaschine

    Typischer Fall von "embedded journalism"! - Inzwischen gewinnt man zunehmend den Eindruck, die deutsche Journaille wirft für die gute Sache alle ethischen Grundsätze über den Haufen. Und wenn man keine rauchenden Colts findet, dann bemüht man halt den "Szenekenner". Bald schon braucht es nicht mal mehr den. Hauptsache die Richtung stimmt.

  • S
    Sergo

    Opppppfars..............

  • O
    Ottokar

    In der Süddeutschen steht das bei einem 54 Langwaffen gefunden wurden für die der Verdächtige eine Erlaubnis hat. Allerdings kann es sich nicht um einen Sportschützen handeln sondern es muss ein Jagdscheininhaber sein, denn nur diese können unbegrenzt Waffen kaufen. z.B. prüft niemand wenn aus gekauften Ersatzteilen Waffen zusammen gebaut und verhöckert werden. Über 10.000 Schuss Munition sind auch keine Seltenheit. Erst vor kurzem wurde ein Jäger in Paderborn verurteilt der über 300 Waffen illegal in ganz Deutschland verkauft hat. Jetzt weiß man wie diese Kreise an Waffen und Munition kommen. Das Waffengesetz muss nicht verschärft werden, sondern es muss für die grüne Klientel genauso gelten wie für Sportschützen die regelmäßig als Sündenbock herhalten müssen. Man siehe Winnenden. 17 Waffen, Sportschütze?? Geht nicht. Der englische Telegraph schrieb das der Vater begeisterter Jäger war.

  • M
    Marcus

    Trotzdem ein erfolg?

     

    Ich melde mich hiermit zur Durchsuchung an! Abgesehen von dem Revoler und der Signalpistole Findet man die ganzen anderen Waffen auch bei mir. Äxte hab ich sogar 3 im Garten, Messer jede mege in der Küschen und beim Thema chemikalien lässt sich bestimmt irgendwo Rohreiniger und Dünger finden. Leider feld mir das begleitende Propergandermaterial, aber es soll ja Einzelltäter geben.

     

    2 Waffen, von denen eine, eine bessere Silvesterakete ist, bei 16 Personen. Damit liegen die bestimmt nur knap über dem wass man bei 16 zufällig ausgewählten dieser Altergruppe finden würde. Entweder die wussten bescheid oder sind wirklich unschuldig(zumindest in richtung Bewaffnung).