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Rassismus bei U-21-FußballspielAffen auf serbischen Tribünen

Serbische Fans beleidigten einen dunkelhäutigen englischen U21-Spieler. Nun fordert Danny Rose den Ausschluss Serbiens.

Auseinandersetzungen zwischen serbischen und englischen Spielern nach dem U-21 Spiel in Serbien. Bild: dapd

Während im Berliner Olympiastadion die Sieg-Rufe am Dienstag verstummten, sprachen serbische Fußballfans dem englischen U21-Spieler Danny Rose dessen Zugehörigkeit zur menschlichen Rasse ab. Beim Playoff-Rückspiel zur Nachwuchs-EM im serbischen Krusevac (0:1) beleidigten serbische Fans den dunkelhäutigen Spieler deutlich hörbar mit permanenten Affenimitationen.

Außerdem gab Rose an, dass er mindestens zweimal von Gegenspielern geohrfeigt und von Fans mit Steinen beschmissen wurde. Als Rose frustriert den Spielball auf die Zuschauertribüne kickte, verwies ihn der türkische Schiedsrichter Huseyin Gocek vom Platz.

Nach Angaben der englischen Spieler begannen die rassistischen Äußerungen der serbischen Zuschauer bereits während der Aufwärmphase. Auch kam es zwischen den Spielern immer wieder und vor allen nach Spielende zu Handgreiflichkeiten. Dies und das Affengeschrei ist den im Netz abrufbaren Aufzeichnungen des Spiels deutlich zu entnehmen.

Nach Spielende liefen bei der Uefa Beschwerden von höchster politischer Ebene ein. Nicht nur der englische Fußballverband (FA), die englische Profifußballervereinigung, und die europäische Fußball-Antirassimusorganisation Fare haben Beschwerde eingelegt. Auch der britische Premierminister David Cameron äußerte sich persönlich zu den Vorfällen.

Geldbuße oder Spielabbruch

Der serbische Fußballverband hatte zunächst versucht, die Vorfälle zu dementieren, und jegliche Schuld von sich gewiesen. Doch aufgrund des anhaltenden Drucks hat der Serbiens Premier Ivica Dacic letztendlich doch eine polizeiliche Untersuchung angeordnet.

Danny Lynch von der Organisation Kick it Out!, die sich seit Jahren mit Rassismus im englischen Fußball beschäftigt, hinterfragte die Maßnahmen der Uefa bei solchen Vorfällen. So wurde Serbien bereits 2007 nach einem ähnlichen Vorfall zu einer Strafe in Höhe von 20.000 Euro verurteilt. „Man sollte über die Strafmaßnahmen nachdenken und sich fragen, ob Geldbußen überhaupt effektiv sind, wenn sich solche Vorfälle wiederholen“, so Lynch. Seiner Meinung nach hätte der Schiedsrichter das Spiel auch abbrechen können.

Claudia Krobitsch von Fare, die zusammen mit der Uefa auch in Serbien gegen den Rassismus im Fußball arbeitet, bedauerte den Vorfall, der genau in den Wochen passierte, in denen das Netzwerk auch dort Aktionswochen veranstaltet. In Zusammenarbeit mit Schulen und Vereinen vor Ort laufen noch bis Ende Oktober in Serbien eine Palette von Aufklärungskampagnen.

Aufarbeitung in England

David Lynch, dessen Organisation Kick it out! in England schon lange Aufklärungsarbeit leistet, gibt zu, dass es trotzdem immer wieder zu Vorfällen kommt. Nicht nur in Serbien, sondern auch in England, meint Lynch, zuletzt bei einem Spiel zwischen Bolton und Tottenham, nach dem vier Spieler, Marvin Sordell, Lee Chung-Yong, Darren Pratley und Benik Afobe, angaben, dass sie rassistisches Gegröle über sich ergehen lassen mussten. Auffällig war hier, dass sich beide Vereine sofort dazu bereit erklärten, den Vorfall gemeinsam aufzuarbeiten.

Wie die Uefa auf die Beschwerden aus England reagieren wird, und ob England und Serbien dabei zusammenarbeiten wollen, ist nicht klar. Danny Rose verlangt jedenfalls zusammen mit der Profifußballervereinigung einen Ausschluss Serbiens. Aber eventuell lässt sich das auch anders lösen. Vielleicht könnte man auch die Fan-Affen zusammen mit den deutschen Sieg-Papageien in den Belgrader Zoo sperren?

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9 Kommentare

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  • DZ
    Daniel Zylbersztajn

    p.s. (@transmet) um die Vermutung das Danny Lynch ist wirklich David Lynch weiter zu treiben, wäre scharf wenn David Lynch jetzt für Antirassismusthemen verfügbar wäre. Vielleicht ihn jemand mal Fragen... Spaß beiseite hier ist ein Link vom DANNY LYNCH der in meinem TAZ Bericht zitiert wird von einem Gespräch mit der FIFA (mit Bild, englisch) ... http://www.fifa.com/aboutfifa/socialresponsibility/news/newsid=1672722/index.html

  • DZ
    Daniel Zylbersztajn

    An Stefan: Ich verweise bezüglich der Sieg rufe auch auf meinen Taz Kollegen Deniz Yüzel. Er schrieb in der Taz vom 22.06.12 "...wer Sieg sagt, der muss auch Heil sagen...." Danke transmet, es kam tatsächlich ein Produktionsfehler auf, welcher den Vornamen von Danny Rose auch auf David Lynch übertrug. Vielen Dank für den Hinweis!

  • T
    transmet

    Ich behaupte einfach mal, daß ihr nicht wirklich David Lynch meint, sondern wohl eher Danny Lynch.

  • P
    petergruber

    Ein unzulässiger Relativierungsversuch seitens der serbophilen Kommentatoren. Es keinen Grund sich indirekt zu rechtfertigen. Dieses menschenunwürdige Verhalten ist vor dem Hintergrund der rechtsradikalen Ultrasfangemeinschaft in Serbien nicht überraschend. Dass sich unter denen auch perspektivlose desillusionierte Ultras aus Partizan Belgrad finden ist ebenso zu erwarten.

    Ohne ein vergleichendes Argument hervorbringen zu wollen, sondern nur der Tatsachenbeschreibung wegen: der Massenschlächter "Arkan" war ein bekennender Rassist und gehörte zu Blegrader Ultras. Wo hatte sich denn dieser Kriegsverbrecher radikalisiert?

  • PP
    peter pa

    Lieber Stefan,

    auch von mir noch was dazu:

     

    Zu oft hört man von einzelnen Idioten ( zuwenige, um es im Fernsehen zu hören, aber laut genug, wenn man drin steht) nach dem "Sieg" auch noch das "Heil". Das ist definitiv eine ganz kleine Minderheit, aber sie sind da und es soll thematisiert werden, finde ich.

     

    Grüße

  • M
    Moritz

    Lieber Stefan,

    das mag zwar Stimmen, kann aber dennoch kritisiert werden, auch auf Vereinsebene! Selbst wenn mein Verein 12:0 gegen die Bayern oder Barca gewinnen würde, würde mir dieser "Jubel" nie über die Lippen kommen. Das "Sieg"-Gerufe klingt, auch wenn es von vielen vielleicht nicht so gemeint ist, doch immer noch sehr faschistoid. Deshalb ist der Kommentar an sich sehr passend, zudem auch der Vereinsfußball ein Problem mit rechten Fans hat und damit sollten nicht die “typischen Verdächtigen“ aus dem Osten gemeint sein. So haben die Ultras in Aachen gerade einen sehr schweren Stand und sind schon mehrmals in den letzten Jahren Opfer von rechter Gewalt geworden!

  • U
    Urgestein

    @Stefan

     

    Stimmt nicht, das tumbe "Sieg"-Gegröle ist eine Eigenart eines Teils der sogenannten "Schlachtenbummler" (sic!) bei Spielen der deutschen Nationalmannschaft. Bei Club-Spielen hören sie das nicht. Nichtmal, wenn auf internationaler Ebene gespielt wird.

  • K
    Kerstin

    Lieber Stefan,

     

    die Tatsache, dass dieses Gebrüll "in jeder Kurve bei jedem Spiel" aus den Mündern von gedankenlosen Deppen schallt, macht es nicht besser, sondern schlimmer.

  • S
    Stefan

    Lieber Autor,

     

    dieses Sieg-Geschrei kommt in jeder Kurve bei jedem Spiel vor und hat überhaupt nix mit der Nationalmannschaft zu tun und sollte deshalb nicht immer mit irgendwas assoziiert werden.