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Prozess um Buback-ErmordungBecker wegen Beihilfe verurteilt

Verena Becker wird wegen Beihilfe am Mord von Generalbundesanwalt Siegfried Buback verurteilt. Der Tatverlauf bleibt ungeklärt.

Zweieinhalb Jahre ihrer Haftstrafe gelten wegen ihrer früheren Veruteilung als abgegolten. Bild: dapd

STUTTGART taz | Das Oberlandesgericht Stuttgart hat Verena Becker wegen Beihilfe zum Mord verurteilt. Sie soll die Täter des RAF-Attentates auf Generalbundesanwalt Siegfried Buback und seine zwei Begleiter in ihrem Tatentschluss „bestärkt“ und „vehement“ auf eine baldige Ausführung der Tat gedrängt haben.

Siegfried Buback wurde im April 1977 von einem RAF-Kommando getötet. Der Prozess ergab jedoch nicht, wer damals geschossen hat oder wer das Tatmotorrad fuhr. Der Vorsitzende Richter Hermann Wieland ging anhand von Zeugenaussagen davon aus, dass das RAF-Kommando aus „drei Männern“ bestand. Das Gericht sah keinen Nachweis, dass Becker an der Tat selbst oder an der Vorbeeitug beteiligt war. Es liege daher keine Mittäterschaft Beckers vor, nur Beihilfe.

Entscheidend für die Verurteilung Beckers war ihre Teilnahme an einem RAF-Treffen in Holland Anfang 1977, bei dem der endgültige Entschluss für den Buback-Mord getroffen wurde. Becker hatte gesagt, sie habe das Treffen vorzeitig verlassen. Das Gericht hielt das für ausgeschlossen. Die Richter stützten sich dabei maßgeblich auf Ex-RAF-ler Peter-Jürgen Boock. Dessen Aussage sei „sachlich und besonnen“ gewesen.

Harte Worte fanden die Richter für Nebenkläger Michael Buback, den Sohn des Opfers. Er hielt Becker für die Schützin und vermutete eine schützende Hand des Staates über Becker. Er habe die Beweise mit einem „Tunnelblick“ bewertet und dabei „Realität und Wunschvorstellungen vermischt“.

Das Gericht verurteilte Verena Becker zu vier Jahren Haft. Davon gelten aber zweieinhalb Jahre im Rahmen eines Härteausgleichs bereits als verbüßt. Damit wird berücksichtigt, dass die Verurteilung nicht schon in eine Gesamtstrafe mit anderen Mordvorwürfen, für die Becker 1977 bestraft wurde, einfließen konnte.

Noch ist offen ob Becker tatsächlich ins Gefängnis muss. Darüber wird wenn das Urteil rechtskräftig ist, eine Strafvollstreckungskammer entscheiden. Sie kann die Strafe nach zwei Dritteln der vier Jahre zur Bewährung aussetzen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass Becker schon vier Monate in Untersuchungshaft saß. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass Becker die Reststrafe auf Bewährung erlassen wird.

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16 Kommentare

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  • AB
    a. behrendt

    ich finde es eine sauerei das eine verena becker verurteilt wurde nur weil ein herr buback wieder mehr medienaufsehen bekommt. die raf hat das richtige getan und da solte der sohn akzptieren. es ist eine schande das die justitz den fall nochmal aufgerollt hat.

    die stuttgarter justiz spert lieber die kleinen leute ein als die grossen die lässt sielaufen.

    ich fande es gut was die raf gemacht hat damals hut ab vor diesen leuten.

    ein herr buback solte sich bedekt halten

  • S
    Slobo

    Dieser Kram ist wirklich hirnrissig: keine Beweise und trotzdem schuldig. Ich vermute, dass hier wieder ein Exempel statuiert werden soll. Bei den nächsten Wahlen werden dann Linke pauschal mit Terroristen gleichgesetzt, damit die CDU wieder mit ihrem inhaltsleeren Klassiker "Linksrutsch vermeiden" punkten kann.

  • VG
    Vera Gehlkiel

    Dreh-und Angelpunkt dieser Aufarbeituns-Farce ist offenbar mal wieder der perfide Peter-Jügen Boock.

    Dem kann man noch nicht mal einen Vorwurf machen. Wo ein kongenialer Selbstinszenierer wie der Buback-Sohn als Spielmacher und Flankengeber fungiert, ist es ja schon fast ein Selbstläufer, und wäre man ja mit dem Klammerbeutel gepudert, nähme man das Blutgeld, das nochmal bei der Sache rausspringen könnte, nicht noch mit. Wieder wird es Honorar und Werbezeit bei Beckmann, Maischberger oder Plasberg, vielleicht sogar bei allen dreien, geben. Der Stern lurt auch schon gierig um die Ecke. Und Stefan Aust blickt auf einem Gestüt in Norddeutschland in den Nachthimmel und fragt sich, ob das am Mond liegt mit dieser nächtlichen Unruhe neuerdings.

     

    Egal, wie man politisch ausgerichtet ist und was man über den Linksterrorismus im allgemeinen und besonderen denkt: dass Christian Klar, Brigitte Mohnhaupt und andere dieser ehrenwerten Gesellschaft gegenüber lieber nichts sagen möchten, ist verständlich. Nicht hinzunehmen aber ist, wie die Boocks und Bubacks und Austens, die sich, auch mit unkritisch-liebedienerischer öffentlich-rechtlicher Beihilfe, eine goldene Nase verdient haben, immer wieder die Moralkeule schwingen.

     

    Das Gericht hat Michael Buback offenbar, jedenfalls zum Teil, kritisch hinterfragt. Lächerlich, wie er ins Mikro zeterte, man wisse zwar nicht, wer geschossen habe, könne aber offenbar ausschliessen, es sei die Becker gewesen. Natürlich geht das, das könnte sogar ein Kind verstehen: man weiss zwar nicht, wer es gemacht hat, aber bestimmte Personen waren es sicher nicht. Findet man einen Schuhabdruck Grösse sechsundvierzig, fallen alle Leute mit Schuhgrösse achtunddreissig weg, obwohl man nicht weiss, welcher von denen, die sechsundvierzig haben, es nun war. Soweit, so einfach, ausser, wenn man Michael Buback ist und deshalb eine schwere Kindheit hatte; wie er sie ja wirklich hatte, ganz unbenommen.

     

    Das Gericht, welches nun Michael Buback soeben noch rügte, lobt nun aber den Peter-Jürgen Boock, der ja auch eine schwere Kindheit, wenn auch aus anderen Gründen, mit sich führt. Dieses arme dünne B., dessen televisonär aufbereitete Manifestation jenes dicke B. mit erschuf, mit der ganzen Wucht, welche die selbstgerechte Wut der Provinz in förderalistisch organisierten Systemen erzeugen kann. Das Gericht scheint verärgert, von Buback und Becker, von allem, ausser von Boock. Wer quatscht, den mag so ein Richter, dann muß er selbst nicht die ganze Zeit quatschen und fühlt sich nicht so aufgepumpt und in den Mittelpunkt gedrängt. Boock, dieser Mozart des Denunziantentums, weiss sowas natürlich. Der geht immer dahin, wo es nicht weh tut. Deshalb ist das auch nur noch eine Frage der Zeit, bis er im Big-Brother-Container auftaucht.

  • L
    leckermalzbier

    Ich verstehe die Aufregung nicht. Auch das Theater des Sohnemanns nicht. Wenn ich mir heute ansehe, was sich unsere "Elite" so tagtäglich herausnimmt und aufgrund von Ausbeutung tausende Tote (nehme ich die Hungertoten dazu, sind wir bei Millionen) auf dem Gewissen hat, dann sollte man die RAF nicht als ideoloische Mörderbande verteufeln, sondern als Befreier feiern. Im Zweifel für den Angeklagten hat auch bei Frau Becker Anwendung zu finden. Wo kommen wir den hin, wenn nun offensichtlich salomonische Urteile gefällt werden, um das Gewissen der Kapitalmafia zu befriedigen? Wäre Frau Becker Leiterin des Verfassungsschutzes und hätte, wie Fromm, die mörderischen Rechten "unterstützt", wäre es mit einem "Rücktritt" ausgestanden gewesen. Freispruch ist also das Einzige, was hier zu passieren hat und ich hoffe, sie geht in Revision. Denn die Urteilsbegründung ist schlicht und einfach lächerlich! Rechtsstaatlichkeit ist immer mehr eine Frage des Komntostandes. Willkommen in Kolumbien.

  • H
    Halunke

    Na ja,ich glaub mit dem Urteil kann sie leben.Im schlimmsten Fall macht sie noch zwei Monate im offenen Vollzug,dann hat sie 2/3 der Strafe verbüßt.Nur Buback wird die Faust in der Tasche ballen, weil es im nicht gelungen ist die Justitz für sein Rachefeldzug komplett auf seine Seite zu bringen.Teilweise hat er es ja geschafft...)Aber es bietet sich ein guter Vergleich zwischen RAF und Verfassungsschutz an,beide halten sich an ihr Schweigegelübte....)

  • P
    Pink

    Michael Buback wird wohl Zeit seines Lebens über den Tod des Vaters nicht hinwegkommen.

     

    Die Wahrheit über tatsächliche Abläufe wird wohl nie offengelegt werden.

     

    Nach wie vor existieren Akten, die an verschiedenen Stellen geschwärzt sind.

     

    Also stimmt was nicht im "Staate Dänemark".

    Übereinstimmend kann man jedoch behaupten, ein Staat, dessen Verfassungsschützer Gauner und Mörder alimentieren, läßt das Vertrauen in Recht und Gesetz

    schwinden.

     

    So, verehrte TAZ, nun könnt Ihr meinen Beitrag wieder löschen. Das passt zu Euch !

  • M
    Michael

    Ich bin mir sicher, dass Polizei und Staatsanwalt-

    schaft lügen, wenn es um das organisierte Verbrechen geht.

    Wenn Verena Becker sagt sie ist unschuldig, weiss ich

    nicht was ich glauben soll und werde die Staatsanwalt- schaft skeptisch beäugen.

  • I
    isomatte

    Für diese Rechtsterroristin sollte man einmalig die Todesstrafe einführen! Natürlich nach Volksabstimmung.

  • Z
    Zusammenfassung

    Verena Becker hat 1972 E. Beelitz ermordet und dafür eine Jugendstrafe von 6 Jahren abgesessen.

    Frisch geläutert beteiligte sie sich an einer wüsten Schießerei, bei der ein Polizeibeamter lebensgefährlich verletzt wurde. Dafür gab es dann 12 1/2 Jahre begnadigtes "Lebenslang".

    Jetzt die Verurteilung wg. der Morde an Buback, Wurster und Göbel. Dafür 1 1/2 Jahre.

    Heißt: Frau Becker war an vier vollendeten Morden und einem versuchten Tötungsdelikt beteiligt und dafür sitzt sie 20 Jahre im Gefängnis. Bei einer fast 60jährigen, die sicher noch ein paar Jährchen macht, weit entfernt von lebenslang und vermutlich auch von einem Urteil im Namen des Volkes.

     

    Allerdings ist sie links, weshalb man dort die ganze Sache gerne mit 10 Sozialstunden beim Windradbau der sozialistischen schwulen Transgender mit Migrationshintergrund abgegolten sähe. Alles andere ist Faschismus.

  • O
    Odinus

    Nun können wir ja alle hoffen, dass Herr Buback jun. Ruhe gibt. Er führt seinen Kleinkrieg ja nun über Jahrzehnte.

    Was erwartet er von Alt-68er?

  • MB
    Maximilian Bähring

    Wirklich ekelhaftes Pack. Typisch Krähenprinzip.

    Sobald es gegen die in Drogenhandel verstricken Poliktikkreise in Bad Homburg geht oder die ortsansäßige Sekte ...

     

    http://dynip.name/20120706-1416-korruptionsanzeige.jpg

    http://img819.imageshack.us/img819/1451/201207061416korruptions.jpg

  • MB
    Maximilian Bähring

    STRAFANZEIGE WEGEN BEDROHUNG

    / EINSCHÜCHTERUNGSVERSUCH

     

    Eben, Freitag den 06.07.2020 ca. 14:15 haben mich Beamte vor meiner Tür aufgefordert Strafanzeigen zu unterlassen. Wo leben wir denn – muß man auf Behördendruck Anzeigen wegen Straftaten im Amt / Justiz und Polizeiwillkür zurückziehen. Sind wir schon soweit dass das nicht mehr Gerichte klären sondern "Schlägerbanden" die selbst beschuldigt sind.

  • B
    Brandeis

    Weiß jemand, ob die Vollstreckung der übrigen 1 1/2 Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde? Geht das überhaupt, wenn ein Teil der Gesamtstrafe "nur" als abgegolten gilt?

  • R
    Richter

    Und jetzt bitte Merkel für Massenmord in Kundus und Verfassungsnazis.

  • WR
    Weiße Rose

    Wer hätte von der deutschen Nachkriegsjustiz, die ihren Ursprung in römischer und französischer Feudalherrschaft hat und sich bestens mit der NSDAP und diversen anderen Polit-Halunken(deutsche Kaiser etc.)arrangierte, etwas anderes erwartet?

  • S
    sigibold

    Spätes Rachekomplott eines Sohnes oder späte Gerechtigkeit? Schwer zu beurteilen nach der langen Zeit. Jedenfalls bleibt da ein ungutes Gefühl im Bauch.

     

    Ich denke es wird Zeit über Verjährung auch bei Mord nachzudenken. Vorschlag 30 Jahre. Dann hört vielleicht das Nachtreten bis in die Unendlichkeit auf.