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Prozess Massaker von HadithaUS-Soldaten bleiben ohne Haftstrafen

Mehr als sechs Jahre, nachdem im Irak 24 unbewaffnete Menschen von US-Soldaten erschossen wurden, ist der letzte Prozess zu Ende. Der Angeklagte wird im Dienstgrad zurückgestuft.

Er befehligte die Einheit in Haditha im Jahr 2005: Frank Wuterich und seine Verteidigerin. Bild: dapd

CAMP PENDLETON dapd | Das Massaker von Haditha, das das Image der USA im Irak-Krieg nachhaltig beschädigt hat, bleibt ungesühnt. Mehr als sechs Jahre nach den tödlichen Schüssen, denen im November 2005 24 unbewaffnete Iraker zum Opfer fielen, entschied ein Militärgericht in Kalifornien am Dienstag gegen eine Haftstrafe für den letzten von insgesamt acht Angeklagten.

Grundlage für das Urteil war eine Absprache mit der Anklage, in der der Beschuldigte Frank Wuterich sich der Pflichtverletzung für schuldig bekannte. Demnach wird der Unteroffizier nun lediglich im Dienstgrad zurückgestuft, muss aber nicht ins Gefängnis. Die Anklage hatte auf Totschlag in neun Fällen gelautet.

Die Einheit Wuterichs ging 2005 gegen unbewaffnete Bewohner der irakischen Stadt Haditha vor, nachdem ihr Militärkonvoi auf einen Sprengsatz gefahren war. Der Angeklagte hatte eingeräumt, den Befehl ausgegeben zu haben, erst zu schießen und dann Fragen zu stellen. Der 31-Jährige erklärte aber, er habe damit eine Bedrohung abwehren und das Leben seiner Leute retten wollen.

In einer Erklärung vor Gericht entschuldigte sich Wuterich bei den Angehörigen der Opfer. Er habe nicht auf unschuldige Frauen und Kinder gezielt, betonte er. Hintergrund seiner Anordnung sei nicht gewesen, zivile Opfer zu treffen, sondern im Angesicht des Feindes potenziell tödliches Zögern zu verhindern.

Diese Erklärungen widersprechen allerdings Aussagen von Angehörigen der Einheit sowie Vorwürfen der Anklage, wonach Wuterich Schüsse in ein dunkles Hinterzimmer feuerte, in dem eine Frau und Kinder getötet wurden. Unter den Opfern waren zehn Kinder und Frauen.

Ursprünglich zielten die Militärankläger auf einen Prozess wegen Totschlags, bei dem lebenslange Haft gedroht hätte. Schon kurz nach Beginn des lang erwarteten Prozesses war jedoch klar, dass das Strafmaß geringer ausfallen würde. Mit dem Urteil vom Dienstag endete der letzte von einst acht Prozessen gegen US-Soldaten in dem Fall. Ein Angeklagter wurde freigesprochen, in den anderen Fällen wurden die Vorwürfe fallen gelassen. Wuterich hat angekündigt, die Marineinfanterie zu verlassen.

In Haditha stieß das Urteil auf Empörung. Er habe erwartet, dass die amerikanische Justiz den Angeklagten zu lebenslanger Haft verurteilen würde, und dass Wuterich sein Verbrechen eingestehen würde, sagte der Überlebende Awis Fahmi Hussein. "Damit hätten die USA sich als demokratisch und fair erweisen können."

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8 Kommentare

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  • D
    Djibrila

    Kein Wunder, daß sich andere Länder gegen diese Art "Gerechtigkeit" wehren und nichts von der sogenannten Demokratie wissen wollen!

  • W
    Webmarcxist

    Mörder werden nomalerweise härter mit Gefängsnisstrafe und nich mit einer milden Degradierung bestraft.

     

    Frieden schaffen ohne Waffen.

  • F
    FreeBradleyManning

    Verkehrte Welt, wie bei den Angriffen von "Crazyhorse 18" werden die Kriegsverbrecher und Mörder nicht zur Verantwortung gezogen, statt dessen droht Bradley Manning lebenslange Haft.

  • A
    Arne

    Naja, wenigstens versuchen die US-Streitkräfte da was zu klären.

    In der BRD ist der Oberst Klein nicht mal angeklagt worden geschweige denn degradiert worden.

  • B
    Brandeis

    @Blues

     

    Und wer sind die anderen? China? Hoffentlich nicht Deutschland.

  • S
    SirKiebitz

    Wie heißt der Mann? Wuterich? Da war der Name wohl Programm ..

     

    hohoho ... *schenkel klopf*

  • B
    Blues

    Die Schande am "Amerikanismus" ist, dass die Maßstäbe, die sie für die restliche Welt setzen, für sie selbst oft nicht gelten lassen. Nach dem Motto: "Alles tanzt nach unserer Pfeife", schafft man sich ,so, viele "Freunde". Die USA hat bald ausgedient-, nun sind die anderen mal dran. (Rom ging auch durch seine Selbstüberschätzung zu Grunde.)(Wie Westerwelle und die FDP.)

  • V
    vantast

    Das erinnert an My Lai zur Zeit des Vietnamkrieges. Auch Kissinger ist nie verurteilt worden.

    Verbrechen im Sinne des Staates sind also erlaubt, womit Tucholsky erneut bestätigt wird: Soldaten sind Mörder.

    Makaber: der Pilot des Atombombenflugzeuges "Ennola Gay" ist ausgezeichnet worden. Auch der Westen ist sowas von verlogen!