Protest gegen Rassismus: Rathaus in Dessau besetzt
Weil sie den Alltagsrassismus satt haben, besetzten Aktivisten in Dessau das Rathaus. Sie fordern mehr Distanzierung der Stadt von rassistischen Demos.
DESSAU taz | Aktivisten in Dessau haben am Dienstag das Rathaus der Stadt in Sachsen-Anhalt besetzt. Sie versperrten Türen und hängten Transparente mit den Slogans "Gegen den Rassismus der Mitte" und "Für Aufklärung und Transparenz" auf.
Dabei stellten sie fünf Forderungen an Stadt- und Landespolitiker. So forderten sie unter anderem die Einführung der Kennzeichnungspflicht für Polizisten des Landes sowie eine "Distanzierung der Stadt von den rassistischen Demonstrationen und ernsthafte Überlegungen, wie diese künftig zu verhindern sind".
Nach Angaben der Stadtverwaltung ist die Besetzung am Nachmittag durch die Polizei beendet worden. Die 30 Besetzer, die die Zugangstüren zum Rathaus teils mit Ketten verbarrikadiert und sich in den Rathaussaal zurückgezogen hätten, hätten die Besetzung nach Rücksprache mit der Polizei aufgegeben.
Dessaus Oberbürgermeister Klemens Koschig habe "mit Befremden auf die Besetzung reagiert", sagt ein Sprecher. Allen Dessauerinnen und Dessauern stünden die Möglichkeiten offen, sich in Gesprächen einzubringen, Fragen zu stellen und diese auch beantwortet zu bekommen.
Von der Polizei krankenhausreif geschlagen
In den letzten Wochen war es in Dessau immer wieder zu Auseinandersetzung zwischen Migrationsverbänden, Bürgern, Rechtsextremen und den Behörden gekommen. Ausgangspunkt war ein Vorfall am 7. Januar als nach einer von ihm angemeldeten Demonstration der in Dessau bekannte Aktivist Mouctar Bah von Polizisten krankenhausreif geprügelt worden war. Er hatte zuvor eine Demonstration zum Gedenken an den im Jahr 2005 in Dessauer Polizeigewahrsam ums Leben gekommenen Sierra Leoner Oury Jalloh durchgeführt.
Zahlreiche antirassistische Vereine und Verbände hatten sich daraufhin bundesweit empört gezeigt. In der Folge war es immer wieder zu Auseinandersetzungen in Dessau gekommen. So hatten Unbekannte die Polizeiwache in Dessau mit Brandsätzen angegriffen und mit der Parole "Oury Jalloh - das war Mord" besprüht.
Mitte Januar liefen dann Neonazis teils gemeinsam mit Dessauer Bürgern durch die Stadt. Dabei wurde unter anderem eine Veranstaltung des Kurt-Weill-Festes gestürmt, das nach dem aus Dessau stammenden jüdischen Komponisten benannt ist.
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