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Protest gegen LuxusumbauEx-GSW-Haus besetzt - und geräumt

Berliner Linie: Polizei räumt kurzzeitig besetztes Haus am Schlesischen Tor in Kreuzberg. Die Besetzer wollten gegen Luxus-Umbaupläne protestieren.

Die Bevernstraße 2 kurz vor der Räumung. Bild: dpa

Die Polizei hat gestern mit 150 Beamten ein Haus in der Kreuzberger Bevernstraße nach einer Spontanbesetzung geräumt. „Gegen zehn Personen, die sich auf dem Hof aufhielten, wurde Strafantrag wegen Hausfriedensbruch gestellt“, teilte Sprecher Michael Merkle mit. Zudem wurden Platzverweise erteilt. Die Besetzer leisteten keinen Widerstand, die Räumung verlief friedlich. Bereits am Sonntagnachmittag hatten die Aktivisten vier leer stehende Wohnungen in dem Gebäude besetzt.

Das Wohnhaus in der Bevernstraße 2 – zwischen Schlesischem Tor und Spreeufer – ist seit 2011 im Besitz der Entwicklungsgesellschaft Bevern GmbH & Co. KG. Die will das derzeit fehlende Vorderhaus auf dem Grundstück neu errichten und den Bestand sanieren. Entstehen sollen laut Eigenwerbung „11 Etagenwohnungen sowie 3 exklusive Dachgeschosswohnungen im Vorderhaus und im Altbaubestand 8 Wohnungen“. Diese werden im Internet bereits zum Kauf angeboten – der Quadratmeter zu 2.400 bis 3.700 Euro. Der Berliner Durchschnitt liegt laut IBB-Wohnungsmarktbericht bei 1.840 Euro pro Quadratmeter.

Die Besetzer – Aktivisten der „Kampagne Leerstand belegen. Besetzen!“ – kritisieren die Pläne der Entwicklungsgesellschaft als „Luxussanierung“. Mit der Besetzung wollten sie gegen die Umwandlung der Miet- in Eigentumswohnungen und den Neubau protestieren. In einer Pressemitteilung forderten sie eine „Renovierung der Wohnungen ohne Erhöhung des Mietpreises“.

Die Kritik richtete sich aber auch gegen Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne). Er sei mitverantwortlich für das „Verschleudern“ des Gebäudes an die Immobiliengesellschaft GSW, die es nun an den aktuellen Eigentümer verkaufte. Die Bevernstraße 2 ist eines von 23 Häusern, die die damals noch landeseigene GSW 1993 vom Land Berlin geschenkt bekam – unter der Auflage, „wohnungswirtschaftlich vertretbare Mieten“ zu verlangen. Ob diese Auflage jetzt noch gilt, ist umstritten.

Die verbliebenen Mieter zeigten Verständnis für die Besetzung. „Ich kann alle Forderungen der Besetzer unterschreiben“, sagte einer. Andere Mieter berichten, der Eigentümer versuche, sie aus ihren Wohnungen herauszukaufen. Ihr seien Summen zwischen 10.000 und 20.000 Euro geboten worden, wenn sie ausziehe, so eine Mieterin, die seit drei Jahren im Haus wohnt. Außerdem werde seit Langem nichts mehr am Haus gemacht, Schimmel habe sich ausgebreitet. Das Vorgehen hat anscheinend Erfolg: Nur noch vier der acht Wohnungen im Haus sind vermietet.

Der Eigentümer der Bevernstraße 2 waren für eine Stellungnahme gestern nicht zu erreichen.

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11 Kommentare

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  • S
    Schweizer

    "Hausbesitzerin": renditegierige Hausbesitzer sind nur innerlich vergammelte Diebe, (die den Unterschied zwischen "Renovierung" und "Modernisierung" nicht verstehen).

    Mieter haben ein legitimes Interesse an bezahlbarem Wohnraum und nicht die Funktion, renditegeilen Eigentümern die Bankkonten aufzufüllen.

    "Solidarisch" zehn Prozent mehr Miete von Mietern erwartet aber in den fetten Jahren "selbstverständlich nur noch an Leute" mit hohem Einkommen vermietet. (Habe ich die,unbeabsichtigte, Ironie nicht verstanden?)

    Ich werde nur noch eine Wohnung beziehen, bei der der Vermieter mir einen zehnprozentigen solidarischen Abschlag auf die ortsübliche Vergleichsmiete gewährt.

  • H
    Hans

    @Hausbesitzerin:

    Häh, Ihr Kommentar hat sehr sehr wenig mit dem Artikel zu tun und stellt überwiegend "Meinung" dar. Und ich kann auch verstehen, dass ein/e Hausbesitzer/in von Ihrem Eigentum, wenn es vermietet wird, leben können möchte. Dies ist legitim, doch muss man über Ihre eigene kleine Weltsicht hinaus betrachten, dass immer weniger Menschen, die hart Arbeiten, nicht gewillt sind für eine Mietwohnung im Stadtring zwei Drittel ihres Mantsgehalts auszugeben.

     

    Der Wohnungsmarkt ist unerträglich in Berlin geworden. Es ist klar, dass Sie aus Ihrer Sicht dafür kein verständnis haben. Aber ich würde es Ihnen mal wünschen. Dann sehen Sie vielleicht solchen Aktionismus anders.

  • J
    Jonas

    "Die Bevernstraße 2 ist eines von 23 Häusern, die die damals noch landeseigene GSW 1993 vom Land Berlin geschenkt bekam – unter der Auflage, „wohnungswirtschaftlich vertretbare Mieten“ zu verlangen."

     

    Wieso wird das nicht eingehalten? Wir haben einen eklatanten Mangel an bezahlbaren Wohnungen in Berlin!

     

    Wo sind die Stellungnahmen dazu von Bürgermeister Wowereit, von Müller (Stadtentwicklungssenator, SPD) und von Schulz (Bezirksbürgermeister, Grüne) im Artikel ???

     

    @ Hausbesitzerin

    Ihr Weltbild ist sehr einseitig. HausbetzerInnen haben viele abbruchreife Wohnungen in Eigenregie renoviert und saniert.

     

    Es geht nicht, das in Berlin nur noch für Gutverdiener Wohnungen zu haben sind. Da waren wir vor hundert Jahren bmit der Berliner Mischung ja schon weiter.

     

    In Kreuzberg werden immer mehr Dachgeschösser abgetragen und hässliche Beton-Bunker-Teile aufgesetzt in die dann irgendwelche Yuppies ziehen. Diese grauen Klötze sehen häßlich aus.

     

    Wir verstehen nicht, wieso Baustadtrat Panhoff (Grüne) so einen klotzigen, grauen Baustil genehmigt. Zumal die Häuser danach höher sind als zuvor mit dem schönem alten Dächern.

     

    Der Senat und die Grünen verkaufen die Immobilien in Kreuzberg offenbar an die Meistbietenden.Von sozialer Stadtentwicklung ist weit und breit nichts zu sehen!

  • B
    Benk

    "..das ist ja niedlich.." - Moment. Eigentümer/Verwaltung lässt ein Haus vergammeln, obwohl die Leute darin Miete zahlen. Natürlich darf man fordern, dass das Haus renoviert wird. Eigentlich sollte das selbstverständlich sein. Und für Selbstverständlichkeiten sollte es natürlich auch keine Preiserhöhung geben. (Renovierung muss ja nicht immer Luxussanierung heißen...)

     

    Ich hoffe übrigens, Ihre Tochter wird Hausbesetzerin! Ponys für alle!

  • HH
    @ Helge

    Also mir scheint als hättest du dich nicht wirklich mit der Geschichte des Hauses auseinander gesetzt, denn dann wüsstest du, dass wie auch im Artikel deutlich wurde die Bevernstraße 2 eines der GSW 23 Häuser ist, die die Stadt 1993 an die GSW verschenkt hat. Unter anderem mit der Auflage diese sozialverträglich zu sanieren, also keine exklusiven Eigentumswohnungen zu schaffen.

    Da aber eine Sanierung in den 19 Jahren nicht passiert ist, finde ich es nur gut endlich mal auf eine andere Art und Weise auf das verschimmelte und halb entmietete Haus aufmerksam zu machen. Zu dem kennt die Dreistigkeit des neuen Besitzers keine Grenzen. Die GSW hat einfach Jahre lang nichts gemacht, der neue Besitzer will einfach Eigentumswohnungen bauen und inseriert diese bereits im Internet, obwohl Bürgermeister Schulz sich zum allerersten mal für die GSW23 Häuser einsetzt und hier einen Baustopp ausgerufen hat.

     

    Hier der Link mit dem Schenkungsvertrag und den darin enthaltenen Sozialen Klauseln für dich

     

    http://media.de.indymedia.org/media/2011/05//308792.pdf

     

    hier auch noch der Link zur Pressemitteil der Besetzer_innen

     

    http://de.indymedia.org/2012/03/327301.shtml

     

    Alles in allem finde ich ist es eine gute und wichtige Aktion gewesen. Eine soziale Wohnungspolitik die die Menschen mit geringen Einkommen nicht aus dem innerstädtischen Bereich verdrängt bleibt wohl eines der umkämpften Themen in der nächsten Zeit.

    Das hier immer und immer wieder der Wrangelkiez zum Schauplatz gegen Vertreibung wird ist spannend da gerade hier die Mieten laut des letzten Mietspiegels am meisten gestiegen sind.

     

    Proteste wie die Besetzung der Bevernstraße 2, der Schlesischen Straße 25 sind nicht nur wichtig um auf die Schweinerei von Politik und Wirtschaft aufmerksam zu machen, denn wie der Widerstand und der Rückzug des BMW- Guggenheim Lab zeigte ist es die einzige Möglichkeit die einkommensschwache Menschen haben eine sozialere Stadt zu gestalten.

  • F
    Franz

    Mag ja sein, dass es coolere Leute gibt, wie Hausbesetzer, aber wer mit solch plakativem Sprüchen um sich wirft, in denen sogar noch von "Gottes schöner Erde" die Rede ist (... bist du 90?), beweist nur die eigene bedeutungslose Existenz. GÄHN!!!!

  • M
    Martin

    Ich finde das normal, dass Vermieter Schimmel beseitigen und das Treppenhaus in Schuß halten.

    Der Protest richtet sich ja aber in erster Linie wohl gegen die Luxussanierung. Davon Betroffen sind letztendlich ja alle Kreuzberger, ich will hier auch nicht wegziehen.

     

    @Helge:

    Hier gehts ja nicht ums Coolsein. Das Problem sind ja eben diejenigen, die für ihren Cocktail lieber 12,50 Euro ausgeben, weil das sooo cool ist.

     

    Wirklich cool war allerdings, dass eine Anti-Räumungs-Party mit viel Live-Musik dann auf der Brache an der Cuvrystraße stattfand.

     

     

    P.S. Mir schienen unter den Besetzern tatsächlich einige sehr junge Menschen zu sein.

  • H
    Hausbesitzerin

    Viel wichtiger als irgendwelche gammeligen Hausbesetzer sind die Hauseigentümer in diesem Land, denn diese schaffen Wohnraum.

     

    Besetzer sind nur Diebe, sonst nichts. Ich kenne keinen Hausbesetzer, der jemals ein Haus neu gebaut hätte und von Renovierung kann bei dem Schund, den diese Heuschrecken hinterlassen, wenn sie denn endlich ausgemistet wurden, auch nicht sprechen.

     

    Eigentümer hingegen haben ein völlig legitimes Interesse daran, ihre Rendite zu síchern und dafür werden dann auch Modernisierungen umgesetzt, die selbstverständlich in Mietsteigerungen resultieren, denn Mieten bilden sich am Markt nach Angebot und Nachfrage und nicht nach den Träumen der Sozialromantik.

     

    Als ich nach der Wende mein erstes Mehrparteienhaus in Mitte kaufte, kamen 15 sehr harte Jahre, bei denen mich keiner der Mieter unterstützt hat, in dem solidarisch z.B. 10% mehr Miete freiwillig gezahlt wurde, ohne zu modernisieren.

     

    Als dann endlich der Mietboom kam, habe ich selbstverständlich nur noch an Leute vermietet, die sich die hohen Mieten auch leisten konnten. Dafür wohnen sie auch in topmodernisierten Wohnungen.

     

    In meine Wohnungen lasse ich nur Yuppies und das ist gut so, denn diese Leute agieren nach Leistung und Gegenleistung und nicht nach dem Prinzip nichts leisten und alles fordern.

     

    Hausbesetzer raus auf die Straße.

  • H
    Hans

    Es macht mich wütend zu sehen, wie Landeseigener Besitz (und damit auch Steuergelder) über irgendwelche Lobby-Hintergrund-Machenschaften verschleudert wird und am Ende in der privaten Hand landet, die sich damit, Wunder oh Wunder ne Goldene Nase verdient.

     

    Ich schätze Bürgermeister Schulz und sein Engagement, aber da haben sowohl er als auch das Land gepennt, oder viel schlimmer, mit dran verdient.

     

    Wen wundert es noch, bei der Landesregierung.

     

    Nebenbei suche ich grade ne Wohnung und wundere mich, dass ich mittlerweile 150-200 € mehr für entsprechende Objekte an Miete beraffen muss, als noch vor 3 Jahren. Und das kann man mir nicht mit Inflation und Rohstoffpreisen erklären. Demnächst wohnt in Berlin nur noch, wer das nötige Geld hat. Die prekären Schichten dürfen nach Marzahn und Co.

  • O
    Otto

    @helge:

    bitte den artikel lesen und verstehen:

    "Die Bevernstraße 2 ist eines von 23 Häusern, die die damals noch landeseigene GSW 1993 vom Land Berlin geschenkt bekam – unter der Auflage, „wohnungswirtschaftlich vertretbare Mieten“ zu verlangen."

    heutzutage ähnlich unrealistisch wie noch länger pony reiten zu dürfen, aber trotzdem wahr. warum sollte man kampflos hinnehmen, dass sich irgendwelche geldgeilen säcke das geld in die eigene tasche stecken?!

  • H
    Helge

    „Renovierung der Wohnungen ohne Erhöhung des Mietpreises“ - das ist ja niedlich, erinnert mich an meine Tochter: "Ich will weiter auf dem Pony reiten!!! Baaäahah!!". Hausbesetzer sind echt das uncoolste, was so auf Gottes schöner Erde rumläuft. Die dürften mittlerweile auch alle über 90 sein.