Präsidentenwahl in Abchasien: Moskaus Liebling verliert
Obwohl Moskau Premier Schamba kräftig unterstützte, gewann Interimspräsident Ankwab mit deutlicher Mehrheit die Wahl. Denn die Abchasen sind konservativ.
MOSKAU taz | Bei der Präsidentschaftswahl in der von Georgien abtrünnigen Republik Abchasien wurde der 58-jährige Interimspräsident Alexander Ankwab mit fast 55 Prozent im ersten Wahlgang ins Amt gewählt. Premierminister Sergei Schamba landete abgeschlagen mit 21 Prozent auf dem zweiten Platz. Der Oppositionskandidat Raul Chadschimba erhielt knapp 20 Prozent der Stimmen.
Nach Aussagen unabhängiger Beobachter handelte es sich bei dem Urnengang um eine freie Wahl mit geringfügigen Mängeln. Die Wahlen mussten vorgezogen werden, nachdem Amtsinhaber Sergei Bagapsch im Mai verstorben war.
Außer Russland, Venezuela, Nicaragua und zwei pazifischen Inselstaaten versagt die internationale Gemeinschaft der Sezessionsrepublik bislang die Anerkennung. "Die konstitutionellen und juristischen Rahmenbedingungen, unter denen die Wahlen in Abchasien stattfanden, erkennt die EU nicht an", sagte EU-Außenkommissarin Catherine Ashton. Die Kontakte der EU zu Abchasien umschreibt Brüssel mit der Wendung "Engagement ohne Anerkennung".
Einziger Staatschef, der Alexander Ankwab zur Wahl gratulierte, war denn auch Russlands Präsident Dmitri Medwedjew. Seit der russischen Anerkennung nach einem Blitzkrieg gegen Georgien im August 2008 baute Russland den Einfluss auf den kleinen Nachbarn im Süden noch aus. So bezog auch keiner der Kandidaten im Wahlkampf Stellung gegen Moskau.
Vom politischen Werdegang passt Alexander Ankwab am besten zu den Machthabern in Moskau. Er kann auf eine makellose sowjetische Sozialisation und eine erfolgreiche kommunistische Karriere verweisen. Dennoch war er nicht Wunschkandidat des Kreml. Russland setzte auf den Premier und langjährigen Außenminister Sergei Schamba.
Im Unterschied zu früheren Wahlen, bei denen die Intervention zu Trotzreaktionen der Wähler führte, mischte sich Russland diesmal nicht offen in den Wahlkampf ein. Schamba hatte aber Unterstützung russischer Polittechnologen und führte eine aggressivere Wahlkampagne als die Konkurrenz. Russlands Politingenieure hatten eins nicht bedacht: Die Abchasen sind konservativ und schätzen es nicht, wenn sich einer zu sehr in den Vordergrund schiebt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
VW in der Krise
Schlicht nicht wettbewerbsfähig
Grundsatzpapier des FInanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
Mögliche Neuwahlen in Deutschland
Nur Trump kann noch helfen
Kritik an Antisemitismus-Resolution
So kann man Antisemitismus nicht bekämpfen
Prognose zu KI und Stromverbrauch
Der Energiefresser
Anschläge auf „Programm-Schänke“
Unter Druck