Palästinenser wollen UN-Vollmitgliedschaft: Abbas nennt Israel Friedensblockierer
Vor der UNO ging Palästinenserpräsident Mahmud Abbas mit Israel hart ins Gericht. Der Antrag auf UN-Vollmitgliedschaft eines Palästinenserstaates liegt nun in New York - ohne Erfolgsaussichten.
NEW YORK afp | Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat bei der UNO einen Antrag auf Vollmitgliedschaft eines Palästinenserstaats eingereicht. Er übergab das Papier am Freitag bei einem Treffen mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in New York, wie die Vereinten Nationen und Abbas' Sprecher Nabil Abu Rudeina mitteilten. Ban soll den Antrag nun an den UN-Sicherheitsrat weiterleiten, der nicht vor mehreren Wochen entscheiden wird.
Die israelische Regierung erklärte, sie "bedauere" den Antrag auf Anerkennung eines Palästinenserstaats durch die UNO. Der Sprecher von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, Gidi Schmerling, sagte, der einzige Weg zu einem palästinensischen Staat und einem "wirklichen Frieden" führe "über Verhandlungen und nicht über einseitige Schritte".
In einer Rede vor der UN-Vollversammlung warf Abbas Israel vor, seit einem Jahr "alle Bemühungen um Frieden" blockiert zu haben. Die israelische Siedlungspolitik in Ostjerusalem und im Westjordanland zerstöre die Grundlage für eine Zwei-Staaten-Lösung, wie sie von der internationalen Gemeinschaft befürwortet werde. Unter der Bedingung der "vollständigen Beendigung des Siedlungsbau" und auf der Grundlage der Grenzen von 1967 seien die Palästinenser aber zur Rückkehr an den Verhandlungstisch bereit.
Der umstrittenen Initiative der Palästinenser werden kaum Chancen eingeräumt. Im UN-Sicherheitsrat müssen mindestens neun der 15 Mitglieder für den Antrag stimmen. Bislang haben sich erst fünf Staaten in dem Gremium eindeutig auf die Seite der Palästinenser gestellt. Abbas' diplomatischer Berater Madschdi el Chaldi sagte, die Mitglieder Bosnien, Gabun und Nigeria stünden unter hohem Druck der USA.
Zudem darf keine der fünf Vetomächte dagegen stimmen. Die Vetomacht USA lehnt eine Vollmitgliedschaft der Palästinenser ohne eine Verhandlungslösung mit Israel ab. Deutschland ist derzeit nicht-ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat und hat sich ebenfalls gegen einen palästinensischen Alleingang ausgesprochen. Sollte der Antrag scheitern, wollen die Palästinenser versuchen, in der UN-Vollversammlung wenigstens einen aufgewerteten Beobachterstatus als Nicht-Mitgliedsstaat zu erreichen.
Zehntausende bei Kundgebungen
Im von Israel besetzten Westjordanland beteiligten sich zehntausende Palästinenser an Freudenkundgebungen parallel zu Abbas' Auftritt in New York. Die größten Demonstrationen gab es in Ramallah, dem Sitz der Palästinensischen Autonomiebehörde, Nablus, Hebron und Jericho.
Bei gewaltsamen Zusammenstößen im Dorf Kusra bei Nablus zwischen jüdischen Siedlern, Dorfbewohnern und israelischen Soldaten wurde ein Palästinenser getötet. Zusammenstöße gab es auch am Checkpoint Kalandia zwischen Jerusalem und Ramallah, in Ost-Jerusalem sowie in der Nähe jüdischer Siedlungen bei Hebron und Nablus. Israel erhöhte den Alarmzustand auf eine Stufe unterhalb der Höchststufe. Entlang der "grünen Linie" zwischen Israel und dem Westjordanland waren 22.000 Polizisten im Einsatz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin