Oranienplatz: Freilassung gefordert
Eigentlich hatte der Senat im Kompromisspapier mit den Flüchtlingen einen Stopp der Abschiebungen versprochen. Jetzt ist einer trotzdem in Abschiebehaft.
Auf einer Demonstration forderten am Dienstag rund 50 Menschen von Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) und Innensenator Frank Henkel (CDU) die Freilassung von Badra D. Der Oranienplatzflüchtling sitzt seit vergangener Woche in Grünau in Abschiebegewahrsam.
Vom Oranienplatz aus zog die Demonstration zuerst zur Senatsverwaltung für Integration. Dort wurde ein Brief des Asylsuchenden Badra D. an Senatorin Kolat verlesen, in dem dieser sich enttäuscht zeigt. Er fühle sich kriminalisiert und könne nicht nachvollziehen, weshalb er in Gewahrsam sitze. In einem Redebeitrag sagte ein Aktivist, Frau Kolat habe alle, die sich auf das sogenannte Einigungspapier vom Oranienplatz eingelassen hätten, angelogen und manipuliert. Anschließend zog die Demonstration weiter zur Senatsverwaltung für Inneres.
Kein Abschiebeschutz
Dilek Kolat hatte im März mit einem Großteil der Oranienplatzflüchtlinge und später auch mit vielen BewohnerInnen der Hauptmann-Schule ein Papier ausgehandelt, in dem ihnen unter anderem eine umfassende Beratung und Einzelfallprüfung durch die Ausländerbehörde sowie ein Abschiebeschutz für die Dauer der Bearbeitung zugesichert wurde. Die Einigung sah auch vor, dass Berlin die Übernahme der Zuständigkeit für jene Personen prüft, deren Verfahren bislang von anderen Bundesländern bearbeitet werden.
D. hat in Sachsen-Anhalt Asyl beantragt. Der Antrag wurde abgelehnt, noch bevor die Einigung mit dem Berliner Senat zustande kam. Nach Angaben der Berliner Innenverwaltung gelte für ihn so nicht der Abschiebeschutz. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, D.s Anwalt hat Beschwerde eingelegt.
Berenice Böhlo, die als Anwältin Geflüchtete berät, bezeichnet den Fall als klassisch: „Keines der bisherigen Verfahren wurde umfassend geprüft. Und alle Anträge, über die schon entschieden wurde, sind abgelehnt worden.“ Aufgrund der bisherigen Praxis der Ausländerbehörde prognostiziert sie, dass keiner der Anträge im Rahmen der Oranienplatzvereinbarung angenommen werden wird.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren