Online-Netzwerk "FoWL": Wikileaks sammelt Freund und Feind
Ein eigenes Social Network namens "FoWL" soll die Wikileaks-Unterstützer organisieren – und damit den Betrieb der Plattform sicherstellen. Kann das funktionieren?
![](https://taz.de/picture/235821/14/fowl.jpg)
Die Whistleblowing-Plattform Wikileaks hat die Maßstäbe der Informationsveröffentlichung im Netz verändert. Immer wieder veröffentlicht die oft totgesagte Internetseite Daten und Dokumente, die so bislang nicht verfügbar waren.
Und immer wieder stehen die Seite und ihre Macher unter Beschuss, wird technisch wie juristisch angegriffen. Doch Wikileaks ist nicht kleinzukriegen, und das liegt vor allem an einem großen Kreis an Unterstützern, die den radikalen Transparenzanspruch teilen und technisch, finanziell, juristisch und organisatorisch Schützenhilfe leisten. Die wollen die Betreiber nun sammeln und untereinander besser vernetzen: "Friends of Wikileaks", kurz FoWL. ist ein Social Network, dass dies leisten soll.
Wikileaks ist kein bescheidenes Projekt. Und ganz im Stil des Lebemannes und Wikileaks-Gründers Julian Assange beschreibt ein Manifest etwas pathetisch – und in holprig übersetzter Eindeutschung – die Ziele: über die Plattform wolle man Unterstützung "jedem zukommen zu lassen, der sich aufgrund der Veröffentlichung von Informationen zur Erwirkung einer gerechteren Gesellschaft in Gefahr befindet." Darunter macht man es bei Wikileaks einfach nicht.
Zwölf passende Freunde
Funktionieren soll das Soziale Netzwerk nach ähnlichen Kriterien, wie auch die großen Geschwister vom Typ Facebook: Fowl, was auf Deutsch mit Geflügel übersetzbar wäre, soll künftig das Federvieh der Wikileaks-Freunde miteinander in Kontakt bringen.
Vorerst passiert auf der Website allerdings nach einer Anmeldung gar nichts: erst, wenn eine entsprechende Mindestanzahl an Nutzern auf der Seite registriert ist, will man mit dem "Pattern Matching" starten – und dann jedem angemeldeten Wikileaks-Freund zwölf passende Freunde, sortiert nach selbstgewählten Sprachpräferenzen, anbieten.
Erreichbar ist die neue Seite über den französischen Provider Gandi bei der digitalen Wikileaks-Heimstatt OVH: Der französische Hostinganbieter, der zu den größten Webseiten-Speicherplatzanbietern im ganzen Internet gehört, wurde im Dezember 2010 für Wikileaks zum Fluchtort, Protesten des französischen Industrieministers Eric Besson zum Trotz.
Dieser hatte versucht, den Anbieter über eine französische Behörde zur Löschung und Vertragsauflösung auffordern zu lassen. Der Anbieter, gegründet 1998 vom polnischen Einwanderersohn Octave Klaba, widersetzte sich dem erfolgreich vor Gericht. Offenbar ist Julian Assanges neuestes Werkzeug bei Klabas Anbieter erst einmal sicher.
Zuhause in Frankreich
Noch unklar ist, was Assange mit Fowl wirklich will. Der Australier, gegen den in Schweden nach wie vor wegen Vergewaltigungsvorwürfen ermittelt wird und der in Großbritannien gegen seine Auslieferung prozessiert, hat bisher keine klaren Hinweise darauf gegeben. Doch mit dem neuen Projekt macht der kämpferische Technikanarchist klar: trotz aller Querelen und Probleme, die Wikileaks in den vergangenen Jahren gebeutelt haben, kann Assange auch neue technische Projekte anschieben.
Ob es dabei tatsächlich eine gute Idee ist, ein Verzeichnis der weltweiten Unterstützer für das umstrittene Projekt zu generieren, muss man hinterfragen. Und ob auf der Plattform am Ende mehr Freunde oder Feinde für das Wikileaksprojekt zu finden sein werden? Daran entscheidet sich, ob die Idee "Fish or Fowl" ist – Fisch oder Fleisch. Und natürlich auch, ob Wikileaks-Gründer Julian Assange wirklich noch genug Freunde hat.
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