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Religiöses Online-Dating"Im Internet ist es leichter"

Ob Juden, Christen oder Muslime – auf die Online-Partnersuche gehen sie alle. Das gemeinsame Ziel lautet Eheschließung, meistens zumindest.

Seriöse Partnersuche: die islamische Singlebörse Muslimlife. Bild: Screenshot: Muslimlife

BERLIN taz | "Romantik und was dazu gehört nicht ausgeschlossen!", lässt Hannah auf ihrer Profilseite wissen. Die 53-jährige Bayerin lebt in einer festen Beziehung mit einem "Goi". Das ist hebräisch und bedeutet Nicht-Jude.

"Es hat sich für mich immer wieder bestätigt, dass ein Goi unsere Seele nicht wirklich versteht", schreibt sie weiter. Jetzt ist sie auf der Suche nach Abwechslung. Ansonsten ist Hannahs Profil recht durchschnittlich. Sie ist 163cm groß, kocht gern und hat viele Lieblingswitze.

Hannah ist eines von über 6.000 Mitgliedern der jüdischen Online-Partnerbörse "Jewish Singles & Friends". Das Jüdische spielt auf der Seite allerdings kaum eine Rolle. Klar, ein paar Anzeigen für Reisen nach Israel, für Klezmer-Musik und im Logo der Webseite der Davidstern. Aber das war's.

Anders als Hannah ist Tanya S. auf der Suche nach einer festen Partnerschaft. Auch sie hat einen Account bei "Jewish Singles & Friends". Zudem sei sie bei anderen, nicht-jüdischen Partnerbörsen angemeldet. Hier bei den jüdischen Singles lägen die Leute allerdings eher auf der gleichen Wellenlänge. "Ob mein Partner aber jüdisch oder christlich ist, ist mir wurscht."

Tanya S. ist in der Marketingabteilung eines mittelständischen Unternehmens beschäftigt. Als berufstätiger Mensch sei der eigene Bekanntenkreis relativ begrenzt, man treffe nicht ständig neue Leute."Auch ein bisschen Schüchternheit spielt mit", gibt sie zu. "Im Internet ist es leichter. Man versteckt sich hinter dem Bildschirm und los geht's."

Online-Dating wird immer populärer. Einer Studie des Hightech-Verbandes Bitkom zufolge hat jeder vierte Deutsche bereits Erfahrungen mit Online-Dating gemacht. Bei den Unter-30-Jährigen kann sogar jeder Zweite auf einen virtuellen Flirt zurückblicken.

Eine andere Studie, die die Betreiber der Webseite "Singlebörsen Vergleich" durchführten, nennt 19 Datingportale, deren Mitgliederzahl die 1-Millionen-Grenze überschreitet – eine große Auswahl für die 11,5 Millionen Menschen, die der Studie zufolge im Jahr 2010 ohne festen Lebenspartner lebten.

Neben den großen, teils international agierenden Singleportalen hat sich in Deutschland eine bunte Landschaft an religiösen Partnerbörsen herausgebildet. "Jewish Singles & Friends" ist nur eine von vielen. Auch die Angebote der christlichen und islamischen Datosphäre sind breit gefächert.

Als er seine Dating-Plattform Muslimlife 2008 in Leben rief, habe es kaum Singleportale für Muslime gegeben, blickt Cüneyt Tirgil zurück. Heute leitet der Informatiker aus Hamm eine der größten islamischen Partnerbörsen auf dem deutschen Markt.

"Unsere Nutzer sind ein Spiegel der Gesellschaft", erzählt er. Ob konservativ oder liberal – wichtig sei allein, dass das Verhalten der Mitglieder den islamischen Gepflogenheiten entspreche. Dazu zählt neben einem respektvollen Umgang miteinander die Absicht einer "aufrichtigen Familiengründung". "Wir wollen eine seriöse Partnerbörse sein“, betont Tirgil. "Flirten kann man woanders."

HIV-positive Muslima sucht infizierten Partner

Stimmen die Absichten, kann es losgehen: Die NutzerInnen legen sich ein Profil an, bei dem der übliche Fragenkatalog zu Interessen und Aussehen durch verschiedene Fragen zu religiösen Einstellungen und Praktiken ergänzt werden. 19,90 € kostet die Vollmitgliedschaft pro Monat.

Er sei Sunnit und versuche auch danach zu leben, lässt Batu24 aus Jena auf seiner Profilseite bei Muslimlife wissen. Zwar bete er nicht fünfmal täglich, aber immerhin so oft es gehe. Die Frage, ob er nach islamischen Essensvorschriften lebe, beantwortet er mit ja. Ob er einen Bart trage? Nein. Bärte gelten im Islam als Zeichen starker Religiosität und werden von einigen Gelehrten als religiöse Pflicht diskutiert. Die weiblichen Mitglieder können entsprechend angeben, ob sie ein Kopftuch tragen.

Dass die Hälfte der Mitglieder bei Muslimlife in der Türkei lebt, erstaunt nicht. Gibt man bei Google den türkischen Begriff für "Partnersuche" ein, ist die Seite unter den ersten Treffern mit dabei. Auch unter den restlichen Nutzern, von denen die meisten aus Deutschland kommen, hat der Großteil einen türkischen Background.

Für Tirgil ist Muslimlife mehr als eine Fortführung herkömmlicher Formen der Partnersuche. Eine junge HIV-positive Türkin habe einmal einen ebenfalls infizierten Partner gesucht. „Für solche Menschen oder auch für Menschen mit Behinderungen, die auf traditionellen Wegen schlechtere Chancen haben, stellt Muslimlife eine wunderbare Alternative dar“, so der Gründer.

Aber auch sonst bringt Online-Dating für Muslime und Muslimas in Deutschland viele Vorteile mit sich, glaubt Tirgil. "Wenn jemand in Bayern auf dem Dorf lebt und einen muslimischen Partner sucht, wie soll das funktionieren?", veranschaulicht er die Probleme muslimischer Singles in einem säkular-christlich geprägten Umfeld.

Den Wunsch nach einem Partner oder einer Partnerin aus der gleichen Religionsgemeinschaft haben nicht nur Singles islamischen Glaubens. Gemischtreligiöse Ehen sind in Deutschland die Ausnahme. Auch Christen und Christinnen heiraten vorwiegend untereinander, oft sogar innerhalb der eigenen Konfession.

Eine Studie des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, die die amtliche Eheschließungsstatistik auswertet, zeigt, dass am häufigsten Juden außerhalb der eigenen Gemeinschaft heiraten. Hier liegt der Anteil gemischtreligiöser Ehen um die 30 Prozent. Von den christlichen Frauen heiraten dagegen 73 Prozent, von den christlichen Männern 84 Prozent PartnerInnen derselben Religionsgemeinschaft. Bei Muslimen verbleiben 83 Prozent respektive 66 Prozent bei der Eheschließung innerhalb ihrer Glaubensgemeinschaft.

Doch warum spielt Religion bei der Partnersuche eine so wichtige Rolle? Martin Kugler, Betreiber des katholischen Dating-Portals "Kathtreff", hat eine Antwort: "Der gemeinsame Glaube und geteilte Werte sind Kitt für jede Beziehung", meint er. Anders als bei Muslimlife stellt Kugler weniger die konkrete Glaubenspraxis als eine gemeinsame Wertebasis in den Mittelpunkt seines Fragenkatalogs für neue Mitglieder. "Wenn ich einem Bettler begegne ...", beginnt einer der Sätze, die vervollständigt werden sollen. Die NutzerInnen können wählen zwischen "Von mir kriegt er nichts" bis hin zu "Ich frage ihn, ob ich ihm helfen kann".

Virtuelles Lächeln

Neben geteilten Werten können aber auch rechtliche Gründe bei der Wahl eines gleichgläubigen Partners eine Rolle spielen. So ist im Islam die Heirat einer Muslima mit einem nicht-muslimischen Mann aus religionsrechtlicher Perspektive problematisch.

Tobias Zschöckner, Gründer der christlichen Partnerbörse "Himmlisch Plaudern", sieht ganz pragmatische Gründe für die Heirat innerhalb der eigenen Religionsgemeinschaft: "Als Christ muss man nicht unbedingt mit einem Christen zusammenleben. Aber es räumt viele Konflikte von Vornherein aus." Wenn einer sonntags ausschlafen, die Partnerin aber zum Gottesdienst gehen wolle zum Beispiel. Ganz zu schweigen von der religiösen Erziehung der Kinder.

Anders als bei Muslimlife ist die Anmeldung auf Zschöckners Plattform kostenlos. "Man muss nicht gleich mit einer Nachricht anfangen", erklärt er, "sondern kann auch ein Lächeln verschicken. Das macht man im echten Leben ja auch so."

Ähnlich wie bei der "Anstups"-Funktion bei Facebook schickt der Nutzer ein virtuelles Lächeln, das dem Empfänger als Smiley erscheint. Bei Muslimlife ist es ein Gruß: "Sende ein Salam!", werden die Mitglieder aufgefordert. "Nach der ersten Kontaktaufnahme können dann auch Blumen verschickt werden", erzählt Zschöckner. Auch die natürlich virtuell. Langsam arbeitet man sich zum ersten Date in der analogen Welt vor.

„80 Prozent im Internet ist nur Spielerei!“

Dass die Balz im Netz aber durchaus Probleme mit sich bringt, weiß Kathtreff-Betreiber Kugler. Oft seien die Erwartungen der Online-DaterInnen sehr hoch. Viele würden sich von ihren Internet-Kontakten schon zu früh ein Bild machen und dann lange Strecken zurücklegen, um die Person zu treffen. "Die Enttäuschung kann sehr groß sein, wenn die Bekanntschaft dann tatsächlich das erste Mal den Mund aufmacht."

Einer, der von der ganzen Internet-Kupplerei gar nichts hält, ist Jose Weber. Er ist ein sogenannter Schadchen, ein jüdischer Ehevermittler. Seit 1987 betreibt er die Partnerbörse Simantov – kein Webportal, sondern ein ganz gewöhnliches Büro im Norden Frankfurts a.M. Seine Mission: Juden und Jüdinnen zusammenführen. Wie bei Muslimlife, Kathtreff und "Himmlisch Plaudern" führt sein Job idealerweise zur Eheschließung seiner Klienten.

"Ich will die Menschen kennenlernen", betont er. Im Internet sei doch achtzig Prozent nur Spielerei. "Auch in jüdischen Singleportalen ist das nicht anders." Was andere Partnerbörsen durch ausgiebige Fragenkataloge und Matching-Tests zu ermitteln versuchen, bringt Weber selbst in Erfahrung.

Um sich einen persönlichen Eindruck seiner Kunden zu machen, scheut er vor langen Reisen nicht zurück. Monate-, teils jahrelang begleitet er die Suchenden mit Rat am Telefon. Singlebörsen im Netz seien doch wie ein Automat. "Ob der besondere Funken zwischen zwei Menschen vorhanden ist, erkennt man nur bei einem persönlichen Treffen." Wie viel sein Service kostet, möchte er am Telefon nicht preisgeben. Für 19,90 € pro Monat ist er aber sicherlich nicht zu haben.

* Namen geändert

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7 Kommentare

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  • Online Partnersuche ist ein heißes Thema und wird von Jahr zu Jahr mehr. Gerade für Christen ist es eine tolle Sache, da man hier schnell jemand Gleichgesinnten kennen lernen kann. Ich selbst bin bei https://www.christliche-partner-suche.de angemeldet und habe schon sehr gute Erfahrung damit gemacht.

  • H
    Harry

    @EnzoAduro:

    Du sprichst zwei unterschiedliche Dinge an. Wenn jemand auf Blondinen steht, dann ist das halt so und hat mit Rassismus nichts zu tun.

     

    Womit ich ein Problem habe ist, wenn jemand tatsächlich nach Pass oder Religionszugehörigkeit geht, unabhängig von Optik oder Charakter. Ich habe schon mehrmals erlebt, dass ich über Online-Portale Kontakt mit Frauen hatte die nach anfänglichem Interesse und gegenseitiger Sympathie den Kontakt abbrachen, weil ich nicht die "richtige" Religion oder Abstammung hatte.

     

    @von wieso nicht?:

    Natürlich verläuft die Partnerwahl erstmal nach dem Prinzip der sexuellen Anziehung, das ist die Grundlage. Danach greifen andere Kriterien, aber die sind nachgeordnet. Wen wir sexuell nicht anziehend finden, der ist doch von unserer Partnerwahl von vorn herein ausgeschlossen.

     

    Und ja, es ist in der Realität tatsächlich so, dass die Attraktivität nachlässt und dann Beziehungen wieder auseinander gehen. That's Life. Aber: Je länger die Beziehung andauert, desto mehr Bindung entsteht auch.

  • U
    UNm

    Was Religioeses kommt mir sicher nie wieder ins Schlafzimmer.

  • E
    EnzoAduro

    @Harry

    Ich denke bei der Partnerwahl ist ein gewisser "Rassismus", wenn man es so nennen mag, legitim. Es würde ja auch keiner jemanden vorwerfen rassistisch zu sein wenn jemand Blondinen mag oder Brünetten. Boris Becker ist auch kein Rassist nur weil er alle mit einem blasseren Teint links liegen lässt.

  • Y
    Yuusou

    Eigene Erfahrungen zum Thema Datingportale sind mehr schlecht als recht. Im Netz wird sehr leicht manipuliert, Frauen geben beschönigende Begriffe für ihre Figur ein, Männer geben mehr Fähigkeiten und Verdienst von sich an, als sie tatsächlich aufweisen. Von daher wird's da selten passen. Gerade U30 ist ziemlich heikel, weil da kaum wirklich feststeht, was der Singlemensch sucht.

     

    Und zum Thema Religion muss ich selbst feststellen: Dass Religion noch eine Rolle spielt, kann ich nachvollziehen. Natürlich ist die Weltanschauung eine andere, aber solange ein Mensch einen Glauben an etwas hat (ich habe den Glauben an mich selbst und bin damit kein Ungläubiger), ist der Mensch innerlich gefestigt. Wichtig ist nur, dass sich viele gemeinsame Interessen feststellen lassen. Und zur religiösen Erziehung stehe ich liberal da: Das Kind soll selbst entscheiden, welcher Religion es beitreten möchte. Ich finde es nicht richtig, einem Kind so etwas vorzuschreiben, wenn es dann später doch wieder austreten würde. Man kann auch positive Werte vermitteln ohne religiösen Bezug.

  • WN
    wieso nicht?

    Seine Partnerschaft vor allem auf die sexuelle Anziehung auszurichten, halte ich für sagen wir mal wenig tragfähig. Natürlich ist das ein Aspekt, aber der tragende kann es kaum sein, denn wenn es um sexuelle Anziehung geht, da kommt spätestens nach ein paar Jahren Ehealltag jemand attraktiveres ins Spiel. Und dann? Im besten Fall Scheidung, im schlimmsten Fall: Affäre. Aber da sind wir schon sehr nah bei der gelebten bundesdeutschen Realität.

     

    Ich finde es kaum verwunderlich, dass Menschen, für die ihre Religion einen mehr oder weniger großen Raum in ihrem Leben und in ihrer Lebensplanung einnimmt, sich gerne an jemanden binden wollen, der in diesem Punkt mit ihnen übereinstimmt.

  • H
    Harry

    Natürlich muss jeder selbst wissen, was er tut oder wen er sucht. Aber den Partner oder die Partnerin nach Glauben auszusuchen ist für mich mehr als fragwürdig. "Ich suche nur einen Moslem/Christen/Juden" ist auch nicht besser als "Ein Deutscher/Türke als PartnerIn kommt für mich nicht in Frage" und grenzt an Rassismus.

     

    Bei der Partnerwahl gelten in der Realität ganz andere Kriterien. Da ist zunächst mal die sexuelle Anziehung, anschließend der Charakter. Bei einigen spielt noch der soziale Status eine Rolle. Aber Glauben oder Rasse? Ist mir im realen leben noch nicht untergekommen.

     

    Aber das ist ja auch das große Problem des Online-Datings. Man sucht den Partner dort wie in einem Katalog nach objektiven Kriterien aus, die man sonst nicht anwenden würde. Deswegen haben die meisten auch nach monatelanger, oft auch jahrelanger Suche, niemanden gefunden, trotz des gigantischen "Angebots". Nach den Daten im Profil passt es, aber wenn man sich dann bei einem realen Treffen gegenüber sitzt "funkt" es nicht. Sympathie und Anziehung lassen sich eben nicht aus Daten in einem Profil heraus lesen.