Kolumne B-Note: Deutsche schützen den Frieden
Sport und Spiritualität, geht das zusammen? Das olympische Dorf ist ein Ashram – ein Ort der Anstrengung. Und die Obergurus sind die deutschen Schützinnen und Schützen.
N eunzehn Sportler entsandte der Deutsche Schützenbund zu den diesjährigen Spielen: Acht Gewehr-, fünf Pistolen-, vier Flinten- und zwei Bogenschützen. Ganz schön schießgewaltig, möchte man meinen, aber gendermäßig Avantgarde, elf Frauen und acht Männer.
Diese postmodernen Hippies unterwerfen sich nicht äußerlichen Zwängen: Keiner muss lange Haare tragen, keiner geht mit Batikshirts an den Start. Sie sehen so aus wie andere Schützen, das ist Teil ihres Plans. Sie nehmen echte Waffen in die Hand und schießen sich bis ins Finale, wenn es sein muss.
So wie Florian Schmidt. Der lag lange auf Medaillenkurs, aber kurz vor Schluss bewies er Aparigraha in Reinform: Nur das nehmen, was angemessen ist. Keine Mitnahmementalität. Er brach mit der erfolgreichen deutschen Schützentradition – auf stolze 51 olympische Medaillen blickt man zurück – und verzichtet aufs Finale. Großes Kino!
ist Volontärin der taz.
Oder Schützin Munkhbayar Dorjsuren. Eine „Waffenstörung“ kostete sie das Finale. Denn aus der Ersatzwaffe kam die Botschaft: Schießen ist bäh. Gegen den Frieden und die Liebe.
Nein, das war kein Zufall. Keiner der 19 Sportler errang eine Medaille für Deutschland. Selbst der Bronzemedaillengewinner von Peking, Christian Reitz, tat es seinen Verbündeten gleich. Das gab es ein halbes Jahrhundert nicht mehr, zuletzt blieb Deutschland 1964 medaillenlos. Oder war es 1945?
Wie dem auch sei, wer hat das schon nötig, wenn einem im Gegenzug die gesamte Energie des Universums zur Verfügung steht? Eine gemeinschaftliche Selbstverwirklichung, ausgeklügelt bis ins letzte Detail.
Keiner hatte mit diesem Boykott gerechnet. Zu allerletzt der Deutsche Schützenbund. Der bangt jetzt vermutlich um die staatlichen Fördergelder. Aber einen Verlierer muss es ja geben auf dem Weg zu Ahimsa – der Enthaltung von Gewalt.
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