Offensive der Taliban in Afghanistan: Bomben, Attentate, Kämpfe, Morde
Die immer heftiger werdenden Taliban-Angriffe bringen die afghanische Regierung in schwere Bedrängnis. Sie sind eine Antwort auf die Nato-Strategie.
KABUL taz | Die spektakulären Angriffe der Taliban in Afghanistan weiten sich aus. Am Freitag starben 19 Menschen, als in der umkämpften südlichen Provinz Helmand ein Minibus auf dem Weg in die Provinzhauptstadt Lashkar Gal auf eine Mine fuhr und in die Luft flog. Alle Insassen wurden getötet; als die Polizei eintraf, wurde sie von Taliban beschossen.
Am Donnerstag hatten Taliban-Kämpfer in der Provinz Urusgan gleich eine ganze Reihe wichtiger Gebäude in der Hauptstadt Tirin Kot angegriffen, darunter auch die Geburtsstation eines Krankenhauses. Mindestens 21 Menschen starben, darunter zwölf Kinder. Auch ein afghanischer BBC-Reporter kam ums Leben.
Es ist die Antwort der Taliban auf die Strategie der Nato, vor ihrem Abzug so viele Taliban-Kommandeure wie möglich zu töten oder festzunehmen. Die Taliban versuchen nun ihrerseits eine Gegenoffensive. Und diese erscheint im Moment sehr erfolgreich zu sein. Ziel ist es, wichtige Schlüsselfiguren der Karsai-Regierung umzubringen, um das vom Westen gestützte System zu schwächen, noch bevor die westlichen Truppen 2014 ihre Kampftruppen abziehen.
Machtvakuum in Kandahar und Urusgan
Die Liste der hochkarätigen Opfer und der Aufsehen erregenden Attacken wird immer länger: Am 12. Juli tötete ein eng mit der Familie befreundeter Bodyguard Ahmed Wali Karsai, den Bruder von Präsident Hamid Karsai, in seinem Haus in Kandahar. Die Tötung war ein schwerer Schlag für den Präsidenten. Ahmed Wali Karsai, auch "König von Kandahar" genannt, beherrschte mit seiner von der Nato bezahlten Miliz "Kandahar Strike Force" große Teile des Südens.
Nur ein paar Tage später kam Jan Mohamed Khan auf ähnliche Weise in seiner Villa in Kabul um. Der Kriegsfürst und Schattengouverneur der Provinz Urusgan war ebenfalls ein wichtiger Verbündeter von Präsident Karsai; Khans Sohn befehligt eine Privatarmee in der Provinz.
Zwar waren die beiden getöteten Politiker Ahmed Wali Karsai und Jan Mohamed Khan zweifelhafte Gestalten, die mit organisiertem Verbrechen und Korruption in einem Atemzug genannt wurden, doch der Westen stützte sich auf sie, um in den von den Taliban umkämpften Gebieten Einfluss zu behalten. Die beiden Morde hinterlassen nun ein Machtvakuum in Kandahar und Urusgan. Das ist deutlich spürbar. Vor einigen Tagen wurde der Bürgermeister von Kandahar umgebracht. Jetzt folgte der Angriff in Urusgans Hauptstadt.
"Die Morde werden die ohnehin schwache Regierung weiter schwächen", sagt der Chef der afghanischen Menschenrechtskommission, Nader Naderi. "Wenn die Politiker aus Angst nicht mehr nach draußen gehen und mehr Energie darauf verwenden, sich selbst zu schützen", werde die Regierung weiter an Macht und an Ansehen verlieren.
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