Occupy in Oakland: Besetzer rufen zum Streik
Die Polizeigewalt kann die Occupy-Bewegung nicht stoppen, für Mittwoch ruft sie zum Generalstreik. Lehrer und Hafenarbeiter solidarisieren sich – und der Stadtrat.
WASHINGTON taz | Der Aufruf kommt von der Vollversammlung der BesetzerInnen in Oakland: "Generalstreik!" Das ist ihre Antwort auf das gewalttätige Eingreifen der Behörden Mitte vergangener Woche. Polizisten hatten den besetzten Bahnhofsvorplatz geräumt und dabei Scott Olsen, einem 24-jährigen Irakkriegsveteranen, eine Hirnverletzung zugefügt.
Inzwischen hat Occupy Oakland eine neue Zeltstadt aufgebaut. Am Mittwoch will die Bewegung die kalifornische Stadt lahmlegen – von den Banken in der Innenstadt bis hin zum fünftgrößten Hafen des Landes. Zahlreiche Gewerkschaften unterstützen den Streikaufruf.
Die Lehrergewerkschaft in Oakland fordert ihre Mitglieder dazu auf, am Mittwoch Teach-ins über Generalstreiks abzuhalten. Ein Sprecher der Gewerkschaft der Hafenarbeiter Ilwu, Stan Woods, hat die BesetzerInnen wissen lassen, dass die Nachtschicht im Hafen ausfallen würde – wenn die Demonstration am Werkstor "groß und ernsthaft" sei und wenn sie Ziele habe, die "mit unseren übereinstimmen".
Bei der abendlichen Vollversammlung auf dem Rathausvorplatz überbrachte ein Hafenarbeiter solidarische Grüße. Offenbar erwägen auch zahlreiche Beschäftigte in Oakland, die kein Streikrecht haben, am Mittwoch einen Tag frei zu nehmen.
Im Rat der traditionell fortschrittlichen kalifornischen Stadt haben sämtliche Mitglieder ihre Sympathie mit der Occupy-Bewegung erklärt. Mehrere Ratsleute wollen an der Demonstration teilnehmen. Bürgermeisterin Jean Quan, die wegen der Polizeigewalt Tausende Protestschreiben erhielt, hat sich öffentlich für "Reaktionen" der Polizei entschuldigt. Sie sprach von "Fehlern auf beiden Seiten". Das Ergebnis der internen Polizeiuntersuchung über den Vorfall liegt noch nicht vor.
Verletzer Demonstrant auf dem Weg der Besserung
Unterdessen bessert sich der Gesundheitszustand des Verletzten Olsen. Der 24-jährige, der einen Schädelbruch erlitt, ist nach Angaben von Angehörigen bei Bewusstsein, versteht, was um ihn herum vorgeht und kann sich schriftlich äußern. Sprechen kann er infolge seiner Hirnverletzung nicht. Seine Sprachtherapie hat bereits begonnen.
Bei einem Auftritt vor Occupy Oakland machte Filmemacher Michael Moore am Montag die "von niemandem kontrollierte" Aufrüstung der US-Polizei im vergangenen Jahrzehnt für die kriegsähnlichen Szenen in Oakland verantwortlich. Bei der Räumung des Platzes hatten Polizisten in Kampfuniform Gummikugeln, mit Schrot gefüllte Nylonsäcke, Schock- und Blendgranaten und Tränengas in die Menschenmenge gefeuert.
Oakland ist der erste Ort, an dem die Occupy-Bewegung einen Streik versucht. Die BesetzerInnen wollen am Mittwoch von der Innenstadt bis zum Hafen ziehen. Unterwegs planen sie Halts an den Zweigstellen großer Banken und Konzerne. Im Winter 1946, als eine Streikwelle gegen gewerkschaftsfeindliche Angriffe durch die USA ging, fand in Oakland einer der größten Streiks der US-Geschichte statt.
Während die Bewegung sich im noch spätsommerlich warmen Westen auf den Streiktag vorbereitet, tragen die BesetzerInnen an der Ostküste jetzt Wollmützen und Handschuhe. An mehreren Orten hat die Polizei besetzte Plätze geräumt.
In Nashville hingegen entschied eine Bundesrichterin, dass die Polizeieinsätze, bei denen am Wochenende Dutzende DemonstrantInnen festgenommen worden waren, aufhören müssen. Richterin Aleta Trauger bezeichnete die Besetzung im Herzen der Stadt in dem konservativen Bundesstaat Tennessee als ein "typisches öffentliches Forum". Dergleichen ist von der Verfassung geschützt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Sport und Krieg in der Ukraine
Helden am Ball
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau
Flugzeugabsturz in Kasachstan
War Russland schuld?