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OB-Wahl in Stuttgart unentschiedenDran bleiben

Keiner der KandidatInnen hat die absolute Mehrheit bekommen. Der Stuttgarter Oberbürgermeister wird nun im zweiten Wahlgang bestimmt.

Fritz Kuhn bekam zwar die meisten Stimmen - der Sieger wird aber erst im zweiten Wahlgang am 21. Oktober gekürt. Bild: dpa

STUTTGART taz | Am Sonntagabend erinnerte im Württembergischen Kunstverein vieles an den 27. März des vergangenen Jahres. Die vielen Aufkleber und Buttons gegen das Großprojekt Stuttgart 21, die lauten „Oben bleiben"-Rufe, der Jubel nach den ersten Hochrechnungen. Doch im Gegensatz zur baden-württembergischen Landtagswahl 2011 jubelte die Menge dieses Mal nicht mehr dem Grünen-Kandidaten zu.

Zwar hat Fritz Kuhn am Sonntag wie Ministerpräsident Winfried Kretschmann vor einem Jahr im ersten Wahlgang der Oberbürgermeister-Wahl das Rennen gemacht. Doch von den Grünen ist die Protestbewegung enttäuscht. Sie feiert am Sonntag ihren Außenseiter-Kandidaten und S21-Gegner Hannes Rockenbauch, der einen Achtungserfolg bei der Stuttgarter OB-Wahl erzielen konnte.

Nach dem vorläufigen Endergebnis erzielte der Stuttgarter Stadtrat 10,4 Prozent. Wie erwartet, schaffte es auch keiner der anderen KandidatInnen am Sonntag, die nötige absolute Mehrheit der Stimmen auf sich zu vereinen. In zwei Wochen wird es deshalb einen zweiten Wahlgang geben, bei dem dann eine einfache Mehrheit reicht.

Den Kampf um den OB-Posten werden dann wohl Kuhn und Sebastian Turner ausfechten, der parteilose Kandidat der CDU, FDP und Freien Wähler. Kuhn gewann den ersten Wahlgang mit 36,5 Prozent vor Turner 34,5 Prozent. Abgeschlagen auf Platz drei landete die ebenfalls parteilose SPD-Kandidatin Bettina Wilhelm mit 15,1 Prozent. Vermutlich wird sie daher ihre Kandidatur für den zweiten Wahlgang zurückziehen. Gestartet als relativ unbekannte Bürgermeisterin aus Schwäbisch Hall hatte sie darauf gehofft, Kuhn und Turner zu überraschen und als lachende Dritte dazustehen.

Sollte sie nicht zurückziehen, würde ein ähnliches Szenario wie 1996 drohen. Damals trat der - nach dem ersten Wahlgang chancenlose - SPD-Kandidat im zweiten Wahlgang noch einmal an. Dadurch verpasste der Grüne Rezzo Schlauch die einfache Mehrheit. Es gewann der heutige Noch-OB Wolfgang Schuster (CDU). „Wer Wahlergebnisse lesen kann, der weiß, dass wir in 14 Tagen gewinnen werden", sagte Kuhn nach dem vorläufigen Endergebnis im Südwestrundfunk. Es gebe durch die WählerInnen von Wilhelm und Rockenbauch ein Potenzial, dieses Ergebnis auszubauen. Aber auch ohne deren Stimmen zeigte sich Kuhn zuversichtlich: „Ich gewinne auch im zweiten Wahlgang, wenn es so bleibt, wie es jetzt ist."

Turner hingegen ist sich sicher, für den zweiten Wahlgang bisherige Nicht-WählerInnen mobilisieren zu können. Seine Strategie: „Wir sagen, wir wollen nicht zweimal Grün." Das will nach der bitteren Niederlage bei der Landtagswahl auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht. Auf deren Unterstützung kann Turner im Endspurt bauen. Für kommenden Freitag hat sie einen Wahlkampfauftritt in Stuttgart angekündigt hat. Dies zeigt die Bedeutung der Wahl. Für die Christdemokraten geht es darum, nach der Abwahl im Land nicht auch noch das zweitwichtigste politische Amt in Baden-Württemberg an die Grünen abtreten zu müssen.

Doch ein Sieg Kuhns scheint nun zunächst wahrscheinlicher. Im Vorfeld hatten bei einer repräsentativen Umfrage bereits die meisten WählerInnen Rockenbauchs und Wilhelms angegeben, im zweiten Wahlgang eher für den Grünen als für Turner zu stimmen. Und auch wenn am Sonntagabend auf der Wahlparty die Anhänger Rockenbauchs buhten, wenn die Rede vom neuen Landesvater Kretschmann war - die Pfiffe beim Wahlergebnis von Turner waren noch lauter.

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4 Kommentare

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  • A
    Anonym

    @Leonie: mit 25% kann man nicht alles umsetzen, was man versprochen hat. Da muss man Kompromisse eingehen oder aufgeben. Ich sehe keinen Grund, warum die Grünen jetzt aufgeben sollten.

  • L
    Leonie

    Wer die grünen wählt wird sich schwarz ärgern. Dr Spruch stimmt eigentlich immer. Was wollen die in Stuttgart mit diesem farblosen Herrn Kuhn?

     

    Hannes Rockenbauch als Stuttgarter Oberbürgermeister wäre doch eine interessante Wahl!

     

    Seit Stuttgart 21 weiß man doch, dass die Grünensobald sie regieren, alles verrraten, was sie im Wahlkampf versprochen haben. Kretschmann baut 12.000 Lehrerstellen in Ba-Wü ab, obwohl BILDUNG ein zentrales Wahlkampfthema war.

     

    Gegen S 21 haben die Grünen ihnen Spielraum als Regierungspartei überhaupt nicht genutzt. Sie haben unnötig die von den StuttgarterInnen heiß geliebten alten Bäume im Schlosspark fällen lassen. - Mit Ökologie und Klimaschutz haben die Grünen nix am Hut, sobald sie regieren.

     

    Und Herr Kuhn ist auch nur so ein pseudo-grüner Dampfplauderer.

  • W
    Wiesmann

    Bitte erkennen Sie doch endlich, der neue Wahlgang in Stuttgart ist per Wahlgesetz KEINE Stichwahl, sondern eine NEUWAHL, bei der derjenige mit der einfachen Mehrheit gewinnt.

  • W
    wauz

    Mit dem Goldenen Löffel im Mund...

     

    Sebastian Turner gibt sich gerne als großer Überflieger. Wer ihn aber - wie ich- aus alten Tagen persönlich kennt, weiß, dass er eine ziemliche Nulpe ist, nur durch familiären Hintergrund, sprich: Protektion, etwas geworden. Nur geringfügig besser als der Freiherr von und zu... unser Super-Doktor.

     

    (Ein bisserl Recherche wäre gut, liebe taz-crew!)