Norwegischer Hetzblogger hat's schwer: Eine Spende für "Fjordman"
Seit sich der islamfeindliche Blogger "Fjordman" nach den Breivik-Terrortaten selbst geoutet hat, läuft alles schief: Job und Wohnung ist er los. Und im TV spottet man über ihn.
STOCKHOLM taz | Arbeit verloren, die Wohnung gekündigt, im Internet betteln gehen müssen und dann auch noch im Fernsehen verarscht werden: Peder Are Nøstvold Jensen hat es schwer, seit er sich im August selbst als der islamkritische Hetzer geoutet hat, der seit 2005 unter dem Pseudonym "Fjordman" durch die einschlägige Internetszene gegeistert war.
Die Osloer Sozialfürsorgeeinrichtung, für die der 36-jährige gearbeitet hatte, gefiel Jensens Nebenjob als "Fjordman" offenbar nicht so besonders, und weil auch die Wohnung weg ist, habe er beschlossen an anderer Stelle neu anzufangen, zitiert ihn der norwegische Rundfunk NRK.
Nun muss man zwar auch als Arbeitsloser im Sozialstaat Norwegen nicht am Hungertuch nagen, aber "Fjordman" hielt es jedenfalls für angebracht, einen Spendenaufruf in eigener Sache zu starten. "I would be grateful if you donated a few bucks", schreibt er auf dem Blog "Vlad Tepes". Andere gleichgesinnte Internetseiten linken zu diesem Spendenaufruf - und darf man aus den Kommentaren schließen: offenbar nicht vergebens.
Wieviel Spenden nach 14 Tagen zusammengekommen sind, will Jensen auf NRK-Anfrage nicht sagen und auch nicht, wo sein "neues Leben" beginnen soll. Als "Fjordman" will er offenbar nicht mehr weiterbloggen, alle seine neuen Posts seit August laufen unter seinem richtigen Namen.
Gleich mehrere Bücher
Nach dem vielfachen Bezug des Massenmörders Anders Breivik in seinem "Manifest" auf ihn als großes Vorbild habe er an diesem Pseudonym "die Lust verloren", erklärte Jensen gegenüber norwegischen Medien: Er wolle nicht mit so einer Person in Verbindung gebracht werden. Doch wird der in der Szene offenbar attraktive Verfassername "Fjordman" erst einmal noch in einer Reihe von Buchaugaben vermarktet, für die einige seiner Texte in verschiedene Sprachen übersetzt worden sind – auch eine deutsche Ausgabe soll dieser Tage erscheinen.
Es sollen "mehrere" Bücher werden, kündigt Jensen an. Und am Montag erschien in Norwegens auflagenstärkster Tageszeitung Aftenposten ein von ihm unterzeichneter Debattenbeitrag, in dem er den norwegischen Rechtsstaat in der Folge des 22. Juli – der Tag der Breivik-Terrortaten – kritisiert. Vor allem was seine eigene Behandlung durch Polizei und Staatsanwaltschaft angeht. Jensen war als Zeuge und möglicher Mittäter verhört worden.
Die Vorstellung, es gebe eine Art "psychische Mittäterschaft", weil sich eine "verwirrte Person" auf seine Texte bezogen habe, weist er als absurd zurück: Mit dieser Logik müsse man jeden, der den Koran vertreibe, als Mittäter für dschihadistische Terrortaten zur Verantwortung ziehen, werde doch im Koran zu Gewalt gegenüber Ungläubigen aufgerufen.
Handfeste Drohungen gegen Satiresendung
Die norwegische Justiz habe sich in seiner Sache von der Einschätzung der Massenmedien hetzen lassen und sich als "Gesinnungspolizei" erwiesen. Eine rechtsstaatlich einwandfreie Begründung für die beim ihm durchgeführte Hausdurchsuchung, die Beschlagnahme von Büchern, Dokumenten und seinem Computer gebe es jedenfalls nicht. In Norwegen sei ein gefährlicher Präzedenzfall geschaffen worden, und es habe eine Vorgehensweise gegeben, wie sie bisher nur in totalitären Staaten üblich gewesen sei.
In einer Mail an NRK beschwert sich Jensen auch darüber, wie er im öffentlich-rechtlichen Fernsehen behandelt werde. Das Debattenprogramm "Trygdekontoret" ("Sozialamt") hatte Einspieler produziert, in dem nach Aussage der Redaktion einsame wütende Männer aufs Korn genommen werden sollten, die mit Allmachtphantasien vor dem Computerschirm sitzen und von dort Gift und Galle über das Internet verbreiten. Heraus kam der Charakter des behinderten Rollstuhlfahrers „Heine Fjordland“.
"Es ist unglaublich, wie verletzt diese Szene nun reagiert", sagt "Trygdekontoret"-Moderator Thomas Seltzer. Es habe eine Welle von Rückmeldungen gegeben, "die kaum anders denn als handfeste Drohungen" zu verstehen seien. Man habe zwar mit negativen Reaktionen seitens von Behindertenorganisationen gerechnet – die nicht gekommen seien -, aber nicht damit. Seltzer: "Wenn Fjordman zweihundertmal im Manifest eines Massenmörders genannt wird, muss er schon ertragen, ein wenig rangenommen zu werden."
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