Niederschlagung des Aufstands in Syrien: Armee stürmt zwei Städte
Mit Panzern ist die syrische Armee in die Städte Sakreb und Kusair eingedrungen. Vor dem UN-Sicherheitrat wird von "schockierenden" Menschenrechtsverletzungen berichtet.
DAMASKUS afp | Die syrische Armee setzt ihren Einsatz gegen die eigene Bevölkerung mit aller Härte fort. Am Donnerstag rückten Soldaten mit Panzern in die Stadt Sarakeb im Nordwesten des Landes und in die Stadt Kusair in der zentralsyrischen Provinz Homs ein, wie Menschenrechtler berichteten. Der UN-Vertreter Oscar Fernández-Taranco sprach bei Beratungen des UN-Sicherheitsrats von "schockierenden" Menschenrechtsverletzungen in Syrien.
Die Armee rückte nach Angaben der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Panzern in Sarakeb nahe der türkischen Grenze ein. Nach dem Einmarsch seien Schüsse in der Stadt zu hören gewesen, in der es zuletzt täglich Demonstrationen gegen Präsident Baschar el Assad gegeben hatte. Die Soldaten nahmen den Angaben zufolge mehr als hundert Menschen fest, unter ihnen 35 Kinder. Sarakeb liegt in der nordwestlichen Provinz Idleb. Noch am Mittwoch hatte die Armee eigentlich angekündigt, sich aus der Region zurückzuziehen.
In Kusair wurden nach Angaben eines Menschenrechtsaktivisten mindestens fünf Menschen von Sicherheitskräften erschossen. Die Bewohner seien über Felder aus der Stadt geflohen, als die Soldaten auf sie geschossen hätten. Im Viertel Baba Amro der Stadt Homs waren am Donnerstag ebenfalls weiter Schüsse zu hören, wie die Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte. Allein am Mittwoch waren dort den Angaben zufolge 18 Menschen getötet werden. Bei der blutigen Unterdrückung des Protestbewegung kamen nach Angaben von Menschenrechtlern seit Mitte März insgesamt mehr als 1600 Zivilisten ums Leben.
Schockierender Bericht vor dem UN-Sicherheitsrat
Im UN-Sicherheitsrat berichtete Taranco hinter verschlossenen Türen von den Ereignissen seit einer Erklärung des Sicherheitsrats vor einer Woche, in der die Vereinten Nationen die Gewalt gegen Zivilisten in Syrien verurteilt hatten. Nach Angaben von Diplomaten berichtete der UN-Vertreter von einer nicht nachlassenden Gewalt gegen Demonstranten, von Hinrichtungen und von desertierenden Soldaten, die keine tödlichen Schüsse abfeuern wollten.
Taranco habe "schockierende Menschenrechtsverletzungen" beschrieben, sagte der stellvertretende britische UN-Botschafter Philip Parham. Die UN-Botschafterin der USA, Susan Rice, sagte, in Syrien seien tausende Unschuldige "kaltblütig getötet" worden.
Westliche Diplomaten drangen auf eine erneute Sitzung des UN-Sicherheitsrats in der kommenden Woche. Sollte Damaskus die Forderungen der internationalen Gemeinschaft weiter ignorieren, müsse über weitere Schritte gegen die syrische Führung nachgedacht werden, sagte der französische Vize-Botschafter Martin Briens. Der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin erteilte Rufen nach Sanktionen dagegen erneut eine Absage. "Wir fordern Zurückhaltung, Reformen und Dialog", sagte Tschurkin.
Die Vetomächte Russland und China lehnen ein hartes Vorgehen gegen Assad strikt ab. Auch die derzeitigen Ratsmitglieder Indien, Brasilien und Südafrika haben sich bisher gegen eine Resolution zur Verurteilung der Gewalt in Syrien ausgesprochen.
Bei einem Treffen in Damaskus forderten die Vize-Außenminister der drei Schwellenländer Assad nach eigenen Angaben aber zu einem "sofortigen Ende der Gewalt" auf, wie das indische Außenministerium am Donnerstag mitteilte. Außerdem hätten sie alle Seiten zu "größter Zurückhaltung" und Respekt vor den Menschenrechten aufgefordert. Assad hatte bei dem Treffen am Mittwoch "einige Fehler" seiner Sicherheitskräfte zu Beginn der Proteste eingeräumt.
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