Neues Ultimatum: Henkel lässt Flüchtlinge zittern
Der Innensenator setzt dem Bezirk eine neue Frist: Steht das Flüchtlingscamp auch am 18. Januar noch, will er räumen. Bürgermeisterin bedauert „Eskalationsstrategie“.
Es gibt ein neues Ultimatum für den Oranienplatz: den 18. Januar. Innensenator Frank Henkel (CDU) legte am Dienstagnachmittag auf einer Sitzung der CDU-Fraktion einen Zeitplan fest, wie er mit dem dortigen Flüchtlingscamp umzugehen gedenkt. Demnach bleibt dem Bezirk bis Mitte Januar Zeit, die Zelte selbst abzubauen – dann will Henkel räumen.
Der Innensenator hatte bereits Ende November Friedrichshain-Kreuzberg ein Ultimatum gestellt: bis zum 16. Dezember soll das Bezirksamt das „rechtswidrige“, seit einem Jahr bestehende Camp räumen. Bürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) aber lehnt einen Polizeieinsatz ab und kündigte an, die Frist verstreichen zu lassen.
Bleibt es dabei, will Henkel den Senat bei dessen Sitzung am 7. Januar in Stellung bringen. Bekommt er eine Mehrheit, würde dem Bezirk im Rahmen der Bezirksaufsicht eine zehntägige Frist auferlegt, den Platz zu räumen. Weigert der sich weiter, übernähme ab dem 18. Januar Henkel die Sache, mittels einer sogenannten „Ersatzvornahme“. Das Land kann laut Gesetz eingreifen, wenn das Handeln eines Bezirksamts „dringende Gesamtinteressen“ Berlins „beeinträchtigt“.
Laut Teilnehmern gab es bei der CDU-Fraktionssitzung spontanen Applaus für Henkels Plan. Dessen Sprecher bestätigte die Termine: „Bei einem entsprechenden Senatsbeschluss liegt ab dem 18. Januar die Rechtsgrundlage für eine Räumung beim Senator.“
Bürgermeisterin Herrmann nannte es „bedauerlich“, dass sich Henkel „für die Eskalationsstrategie“ entschieden habe. „Ich hätte mir mehr Souveränität vom Senat gewünscht.“ Auch wenn im Januar der Oranienplatz geräumt würde, sagte sie, wären die Flüchtlinge weiter in der Stadt, müsse sich der Senat weiter mit ihnen auseinandersetzen.
Die Frage ist nun, wie sich die SPD-Senatoren am 7. Januar verhalten. Richard Meng, Sprecher von Klaus Wowereit (SPD), hatte zuletzt von Rückendeckung des Regierenden für Henkels Vorgehen gesprochen. Am Dienstag sagte er, es gebe noch keine Haltungen einzelner Senatoren zu der Oranienplatz-Frage.
Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) machte aber klar, dass eine weitere Besetzung für sie nicht hinnehmbar ist: Sie habe schon früher „gesagt, dass das kein Dauerzustand ist“. Das sehe sie weiter so. Kolat ließ aber durchblicken, dass sie auf weitere Gespräche setzt. Sie erinnerte an ihr Vorgehen beim Hungerstreik von Flüchtlingen am Brandenburger Tor Mitte Oktober. „Dort haben wir erlebt, dass man Dinge im Dialog lösen kann.“
Scheitert der Dialog, bleibt indes offen, ob die Polizei bereits am 18. Januar am Oranienplatz anrückt. Der genaue Räumungstermin, so hieß es aus Sicherheitskreisen, bliebe letztlich "taktische Erwägung der Polizei".
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt