Neues Konzept für das Ledigenheim: Freundliche Übernahme
Eine Initiative will das Männerwohnheim in der Rehhoffstraße übernehmen und in eine gemeinnützige Stiftung überführen. Dafür braucht sie drei Millionen Euro.
Die Initiative Ros e.V. will das Ledigenheim in der Rehhoffstraße übernehmen. Wenn sie bis Oktober genug Spendengelder sammelt, kann sie das Männerwohnheim in der Neustadt vom dänischen Investor kaufen. Ziel ist es, das Haus entsprechend seiner sozialen Konzeption als gemeinnützige Einrichtung und als sozialgeschichtliches Baudenkmal langfristig zu erhalten.
Das Ledigenheim gilt als Markenzeichen der Hamburger Reformarchitektur am Anfang des 20. Jahrhunderts. Als damals die Wohnviertel der Stadt stark überbevölkert waren und viele Arbeiter zur Untermiete lebten, ließ der Bauverein Hamburg das Ledigenheim 1912 westlich des Herrengrabenfleets bauen. In den möblierten Acht-Quadratmeter-Zimmern fanden 112 ledige Hafenarbeiter, Seeleute und Arbeiter auf Montage ein Zuhause.
Bundesweit gibt es heute nur noch zwei solcher Ledigenheime. Doch das Bestehen des Hamburger Hauses ist bedroht. Bis Mitte der 1990er Jahre funktionierte das Konzept des Hauses, dann verlor das Ledigenheim seinen gemeinnützigen Status und musste Gewinn bringen. Der Bauverein ließ nur noch das Nötigste instandsetzen und vermietete leer stehende Zimmer nicht neu.
2009 kaufte ein dänischer Investor, der Immobilienfonds Core Property Management, das Haus und die benachbarten Immobilien. Er wollte die kleinen Zimmer des Ledigenheims zu Wohnungen zusammenlegen. Doch das Bezirksamt Mitte machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Mit der sozialen Erhaltensverordnung konnte es die Umwandlung der Räume in Eigentumswohnungen verhindern. Inzwischen unterstützt das Bezirksamt die Initiative zum Erhalt des Ledigenheims und steht mit ihr im engen Kontakt.
Der Investor hat seine Pläne verworfen und will das Heim verkaufen. „Wir sind langfristig nicht die richtigen Eigentümer für ein Männerheim“, sagt John Bødker von Core Property Management. Bis Oktober hat der Eigentümer der Initiative Zeit gegeben, um Geld aufzutreiben.
„Damit das Ledigenheim wieder eine langfristige Perspektive erhält, wollen wir das Haus in einem ersten Schritt ankaufen und es wieder in die Gemeinnützigkeit überführen“, sagt Antje Block von der Initiative. Als sie zusammen mit Jade Jacobs vor vier Jahren Räume im Erdgeschoss des Hauses mietete und später den Verein Ros e.V. gründeten, war die Einrichtung bereits stark vernachlässigt und es kam immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen den Mietern. Nur durch einen nicht profitorientierten Betrieb ist es möglich, die notwendigen sozialen Dienste in ausreichendem Umfang zu gewährleisten, ist die Initiative überzeugt.
Die Unterstützer des Projekts sind sich einig, dass das Ledigenheim in den aktuellen Debatten um steigende Mietpreise, Verdrängung und Wohnungslosigkeit Antworten parat hat, die innovativ und richtungsweisend sein können. Zusammen mit den Bewohnern, Architekten, der Ambulanten Hilfe und der städtischen Lawaetz-Stiftung hat die Inititive ein Konzept erarbeitet, um Alleinstehenden in schwierigen Lebenslagen auch in Zukunft ein familienähnliches Zuhause geben zu können.
In den kommenden Monaten sammelt die Initiative nun Spenden. Insgesamt müssen drei Millionen Euro zusammen kommen, um das Haus zu kaufen und die erste Sanierung zu finanzieren. Als erster Spender überreichte der dänische Investor einen Scheck über 25.000 Euro. Um ein Zeichen zu setzen, wie er sagt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste