Neue Datenschutzbedingungen bei Google: Der große Datenhaufen
Google will wie Facebook werden: Für die Zentralisierung der Daten wirbt die Firma deshalb um das Einverständnis der Nutzer. Dagegen wehren können die sich nicht.
Dieser Ankündigung entkommt derzeit kaum jemand: Google ändert seine Datenschutzbedingungen. Ob bei Google Mail, Google Search, Google Reader oder Youtube, überall taucht derzeit der Hinweis auf, dass die "Privacy Policy" geändert wird: "Dies ist eine wichtige Sache" schreibt der Konzern dazu, um seiner Botschaft Nachdruck zu verleihen.
Beworben wird diese für Google-Verhältnisse bislang beispiellose Kampagne mit dem Slogan "One policy, one Google experience". Mit anderen Worten: Das Unternehmen legt seine Dienste datenschutztechnisch zusammen und braucht dazu das Einverständnis seiner Nutzer. Das bisherige Google bestand aus einzelnen Diensten, die relativ unabhängig voneinander waren.
Entsprechend gab es für jeden Service auch eine eigene Datenschutzerklärung - über 70 verschiedene sollen es gewesen sein. Aus Nutzersicht war das nicht unvorteilhaft: Google konnte User-Daten nur schwierig zusammenstellen - also etwa angeklickte YouTube-Filme oder Suchmaschineneingaben für sogenannte interessensbasierte Anzeigen kombinieren -, um die Aufmerksamkeit seine User noch teurer an die Werbewirtschaft verkaufen zu können.
Optimierte Kombinierfähigkeit
Nun will sich Google ganz offiziell die Genehmigung holen, mit einer einzigen "Privacy Policy" über all seine Dienste zu bestimmen. Schmackhaft gemacht werden soll das unter anderem mit dem Hinweis, das Googles Dienste so "noch besser" würden. Der Konzern wisse dann beispielsweise von seinen Nutzern, dass sie beim in Google Search eingetippten Wort "Apple" vermutlich die Computermarke meinen und nicht das Obst.
Und es kommt noch doller: Künftig könne Google beispielsweise Verwender von Google Calendar aufgrund ihres Aufenthaltsortes warnen, dass sie zu einem Termin zu spät kommen. Besonders interessant werden die neuen Datenschutzbedingungen im Zusammenhang mit Googles Mobilbetriebssystem Android, das sich mit Apples iPhone um Rang 1 im Smartphone-Markt streitet.
Während die neue gemeinschaftliche Datensammelleidenschaft auf Desktop-Rechnern nur gilt, wenn man auch mit einem Google-Account eingeloggt ist, man also quasi wählen kann, gibt es bei Android-Handys kaum ein Entkommen.
Der Grund: Ohne Einrichtung eines Zugangs kann man mit den Geräten kaum mehr machen als Telefonieren, das Web verwenden und die wenigen Standard-Apps verwenden. Wer mehr möchte - sei es nun Zugriff auf den Android-Softwareladen oder Chats und Mail, braucht logischerweise einen Google-Account.
Kleinste Datenkrümel werden gespeichert
Das, was Google speichern darf, geht hier leidlich weit: So können in den Server-Logdateien, die der Konzern vorhält, neben Suchbegriffen auch Telefonnummern samt Anrufdatum, Art des Anrufes und "SMS-Routing-Informationen" verzeichnet sein. Cookies, kleine Datenkrümel, die entweder den Browser oder gar den Google-Account selbst identifizieren können, dürfen auch gespeichert werden.
Alma Whitten, für den Datenschutz zuständige Google-Managerin, findet die Änderungen bei der "Privacy Policy" nur konsequent: "Wir behandeln den Nutzer als ein- und dieselbe Person, auch wenn er verschiedene Google-Dienste verwendet. Das macht die Nutzung unserer Produkte noch unkomplizierter und intuitiver." In seiner FAQ schreibt der Internet-Konzern, er werde nicht mehr Daten über den Nutzer sammeln als zuvor. Dafür wolle das Dokument aber klar machen, wie man die Daten über seine gesamten Dienste nutze.
Die neue Google-Datenschutzbedingungen treten zum 1. März in Kraft - ablehnen lassen sie sich nicht. Außer, man verwendet den Google-Account einfach nicht mehr verwendet. Das dürfte den meisten, vor allem den Android-Nutzern, recht schwer fallen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin