Neonazi-Aufmarsch in Dortmund: Linksextreme, wo Rechte marschierten
Der Düsseldorfer Landtag diskutiert über einen Polizeieinsatz bei einer Nazi-Demonstration. CDU und FDP fordern ein hartes Vorgehen gegen linke Gegendemonstranten.
DÜSSELDORF taz | Nach dem Neonazi-Aufmarsch in Dortmund Anfang September fordern CDU und FDP in Nordrhein-Westfalen Repressionen ausgerechnet gegen Linke und Autonome. GegendemonstrantInnen, denen die Polizei Gewaltbereitschaft unterstelle, sollten künftig schon bei Anreise kontrolliert und am Protest gegen Rechtsextreme gehindert werden, heißt es in einem Antrag der CDU-Fraktion, über den der Düsseldorfer Landtag am Donnerstag debattiert hat. Die FDP forderte, "entschlossen" gegen die "wachsende Gefahr der linksextremistischen Szene" vorzugehen.
In Dortmund waren am 3. September 700 Neonazis durch die multikulturell geprägte Nordstadt marschiert. Zum siebten Mal missbrauchten sie die zeitliche Nähe zum Antikriegstag für ihre volksverhetzende Propaganda. Um den Aufzug zu gewährleisten, hatte Polizeipräsident Hans Schulze große Teile der Nordstadt zum Sperrgebiet erklärt. Gegen 1.500 Linke, die versuchten, die Polizeisperren zu durchbrechen, gingen Beamte mit großer Härte vor: Wasserwerfer wurden eingesetzt und an sechs Stellen GegendemonstrantInnen eingekesselt.
Juristen des Republikanischen Anwaltvereins klagten über den "unverhältnismäßigen und riskanten Einsatz von Pfefferspray und Polizeiknüppeln" sowie "rechtswidrige Freiheitsentziehungen".
Der innenpolitische Sprecher der CDU, Theo Kruse, sprach von "unerträglichen Gewaltexzessen der Linksextremen" - einzelne Autonome hatten Polizisten mit Steinen, aber auch einem Feuerlöscher beworfen, ein Fernseher landete in der Scheibe eines Polizeiautos. CDU-Mann Kruse kritisierte besonders, dass auch SPD, Grüne und Linke zu friedlichen Sitzblockaden aufgerufen hatten. Der FDP-Innenpolitiker Horst Engel erklärte, damit habe "Rot-Rot-Grün" zu "Straftaten" aufgefordert.
Vertreter von Grünen, Linken und SPD wiesen die Vorwürfe zurück. Der Grüne Matthi Bolte warf Christdemokraten und Liberalen vor, den Protest von 10.000 Demonstranten abzuwerten. "Sie entdecken das Thema Neofaschismus nur, wenn es Ihren Interessen dient", kritisierte die Linke Anna Conrads. Selbst SPD-Innenminister Ralf Jäger erklärte, er habe "großes Verständnis" für alle, die "die Neonazi-Provokation nicht hinnehmen wollten". Der Antrag der CDU auf Beschränkung der Reisefreiheit von GegendemonstrantInnen wurde deshalb mit Stimmen von SPD, Grünen und Linken abgelehnt. Über den Vorstoß der FDP wird der Innenausschuss des Landtags noch einmal debattieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Repression gegen die linke Szene
Angst als politisches Kalkül
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“