Müller-Brot ist insolvent: Schleim und Schaben
Müller-Brot ist zahlungsunfahig. Damit müssen die 1.300 Mitarbeiter um ihre Zukunft fürchten. Die bayerische Großbäckerei war zuletzt wegen massiven Hygienemängeln stillgelegt worden.
LANDSHUT/REGENSBURG/NEUFAHRN/FREISING dapd/dpa | Müller-Brot zieht die Reißleine: Die mit Hygieneproblemen kämpfende Großbäckerei aus dem oberbayerischen Neufahrn hat am Donnerstagnachmittag Insolvenzantrag beim Amtsgericht Landshut gestellt, wie der Vizepräsident des Landgerichts Landshut, Christoph Fellner, sagte. Die rund 1.300 Beschäftigten stehen damit vor einer unsicheren Zukunft.
Rechtsanwalt Hubert Ampferl wurde nach Auskunft seiner Nürnberger Kanzlei Beck & Partner zum vorläufigen Insolvenzverwalter und Gutachter bestellt. Der 43 Jahre alte Insolvenz-Spezialist fuhr demnach noch am Donnerstag zu Müller-Brot, um sich ein Bild von der Lage des Unternehmens zu machen.
Wegen Drecks und Schädlingen ist die Produktion bei Müller-Brot seit Ende Januar stillgelegt. Nach tagelangen Reinigungsarbeiten wollte die Großbäckerei mit 1.300 Mitarbeitern eigentlich am Freitag die Produktion wieder aufnehmen. Das Landratsamt Freising teilte am Donnerstag indes mit, dass die für Freitag geplante Teilabnahme des Betriebs durch die Kontrollbehörden durchgeführt werde.
Diese verzögert sich nun doch. Auf Wunsch des Unternehmens sei die Prüfung am Freitag um mehrere Stunden verschoben worden, sagte die Sprecherin des Landratsamtes Freising, Eva Dörpinghaus.
Großkunden Lidl und ALdi springen ab
Dabei sollte geprüft werden, ob in der Fabrik wieder hygienisch einwandfreie Zustände herrschen. Vor wenigen Tagen hatte die Geschäftsführung wirtschaftliche Probleme eingeräumt und einen Stellenabbau angedeutet. Wegen des Hygieneskandals kehrten mehrere Großkunden Müller-Brot den Rücken.
Nach dem Discounter Lidl verzichtete auch Aldi Süd auf Waren von Müller-Brot. Aldi-Sprecherin Kirsten Windhorn sagte am Donnerstag auf dapd-Anfrage, Aldi Süd habe "bis auf weiteres" den Verkauf von Produkten der Firma eingestellt. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) zeigte sich empört. "Es ist menschenverachtend, dass man am Samstag noch versichert, die Löhne seien gesichert und jetzt Insolvenzantrag stellt", sagte der bei der NGG für die Brotindustrie zuständige Mustafa Öz.
Die Mitarbeiter seien nicht von der Geschäftsführung informiert worden, sondern hätten von der Gewerkschaft und aus den Medien von der Insolvenz erfahren. Öz befürchtet einen "massiven Stellenabbau". NGG-Funktionär Freddy Adjan sagte dem Radiodienst BLR, die Nachkontrolle der Behörden werde am Freitag wie geplant stattfinden - hoffentlich mit positivem Ausgang. Ohne die Wiederaufnahme der Produktion, hätten die Mitarbeiter überhaupt keine Chance.
Keine Gesundheitsgefahr für den Verbraucher
Seit Mitte 2009 waren bei Müller-Brot 21 mal Kontrolleure angerückt. "Gravierende Probleme" wurden erstmals Ende 2010 festgestellt, darunter übelriechender Dreck, Schleim und Schaben, wie das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit berichtete. Die Staatsanwaltschaft Landshut ermittelt seit Mitte 2011 gegen Müller-Brot. Am 30. Januar 2012 wurde der Betrieb von den Behörden stillgelegt, nachdem schwere Mängel nicht beseitigt worden waren.
Gesundheitsminister Marcel Huber (CSU) stellte am Donnerstag klar, dass eine Wiederaufnahme des Betriebs nur erlaubt werde, wenn alles "picobello" sei und ein nachhaltiges Hygienekonzept vorliege. Im Gesundheitsausschuss des Landtags sagte der CSU-Politiker, es habe kein Kontrolldefizit der Behörden gegeben, vielmehr habe sich das Unternehmen verantwortungslos verhalten.
Da keine Gesundheitsgefahr für die Verbraucher bestanden habe, sei die Öffentlichkeit nicht früher informiert worden. Dem Fortbestand des Betriebs sei nach sorgfältiger Abwägung Priorität eingeräumt worden. Mittlerweile musste eine weitere Großbäckerei in Bayern ihre Produktion wegen Hygienemängeln einstellen.
Lebensmittelkontrolleure stellten beim Unternehmen Biendl und Weber im Landkreis Regensburg Schimmelbefall, Spinnweben und Verkrustungen an Geräten und Öfen fest; im Keller lagen tote Mäuse. Der Betrieb aus Donaustauf war nach Behördenangaben schon früher auffällig. Erstmals waren 2009 Hygienemängel festgestellt worden. Eine Gesundheitsgefährdung für die Kundschaft habe nicht bestanden, hieß es.
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