Laufwege, Zweikämpfe, Pässe: Der gläserne Bundesliga-Spieler
Sven Bender lief im Bundesliga-Eröffnungsspiel 12,87 Kilometer. Solche Informationen erhebt die Firma Impire – und verkauft sie an "Bild", "Express" und "Spiegel Online".
BERLIN taz | Fußball-Profis der Bundesliga sind längst daran gewöhnt, dass den vielen Fernsehkameras nichts entgeht – keine Finte, kein Foul, kein Handspiel, nichts. Neu ist allerdings seit dieser Saison, dass alle Akteure der Ersten und Zweiten Liga auch von zwei stationären Kameras verfolgt werden, die in allen 35 Stadien des Landes auf Höhe der Mittellinie wettergeschützt unterm Stadiondach angebracht sind.
Zudem rollt zu jedem Spiel ein voll geladener Kombi an, indem sich ein transportables Computersystem befindet, das vier Stunden vor Anpfiff mit den Kameras verbunden wird. Alles für eine Überwachung, die zum einen den Vereinen, zum anderen aber auch den Berichterstattern und den Fans ganz neue Einblicke ermöglicht: Wer läuft wohin und wie viel? Wer ist schnell und wer ist langsam unterwegs? Wer gewinnt und verliert die meisten Zweikämpfe? Wer passt am besten? Wer schießt am häufigsten?
Bei der Ausschreibung der Deutschen Fußball-Liga (DFL), die offiziellen Spieldaten zu erheben, hat die Firma Impire den Zuschlag erhalten, die diese Statistiken und Grafiken nun vermarkten und verkaufen darf. So machen beispielsweise Bild, Express oder Spiegel davon Gebrauch. Impire betreibt neben dem sogenannten Scouting, wo Ballbesitz, Ballkontakte, Torschüsse und Zweikämpfe gezählt werden, auch den Bereich Tracking – das betrifft alle Bewegungen auf dem Spielfeld.
Laufleistung, Laufwege, Laufgeschwindigkeit
Somit lassen sich die Laufleistung, die Laufwege und die Laufgeschwindigkeit eines jeden Spielers abbilden – die geplante Veröffentlichung im Internet lässt den Spieler zum gläsernen Profi werden. Die Vereine bekommen überdies ein Datenpaket, das mittels einer speziellen Software umfangreich aufbereitet werden kann.
"Unsere Kunden haben noch viel mehr Möglichkeiten", sagt Impire-Manager Tim Schober, "mehr als die Hälfte der deutschen Profiklubs arbeitet bereits mit uns zusammen." So fordert der FC Bayern regelmäßig detaillierte Profile über die kommenden Gegner an, bei Borussia Dortmund werden die Profis seit Längerem mit den Zahlenkolonnen gefüttert.
Gerade im Falle der BVB-Profis lassen sich die subjektiven Eindrücke mit objektiven Fakten unterfüttern. Sven Bender lief im Eröffnungsspiel famose 12,87 Kilometer, Lukasz Piszczek schaffte eine formidable Höchstgeschwindigkeit von 32,69 Stundenkilometern, Mario Götze spielte nicht nur 90,6 Prozent seiner Pässe zum Mitspieler, sondern war auf dem Rasen auch noch überall zu finden, wie die bunte Grafik seiner Laufwege verriet – unter dem Strich hatte Dortmund eine Strecke von 124,7 Kilometern, Hamburg nur 113,7 Kilometer als Mannschaft zurückgelegt.
Torhüter schaffen auch 5 Kilometer pro Spiel
Selbst Torhüter machen im modernen Fußball mittlerweile kräftig Meter – meist 5 Kilometer sind es nach Spielende. "Ich muss bei den Spielsituationen immer mitgehen und mitverschieben", erklärt der BVB-Keeper Roman Weidenfeller.
Mit der neuen Methodik wird nicht nur der einzelne Spieler durchsichtiger, sondern auch Entscheidungen der Trainer sind nachvollziehbarer. Marco Kurz vom 1. FC Kaiserslautern lag etwa sehr richtig damit, seinen Offensivmann Richard Sukuta-Pasu gegen Werder Bremen (0:2) auszuwechseln: Sein Neuzugang war zwar 6 Kilometer gelaufen, hatte aber nur 12 Ballkontakte und gewann lediglich 2 von 21 Zweikämpfen. So einer durfte nach der Pause natürlich nicht mehr wiederkommen.
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