Kunden zahlen Offshore-Pannen: „Vertrag zu Lasten Dritter“
Umweltminister Altmaier und Wirtschaftsminister Rösler verteidigen die Regelung für Windkraft im Meer. Bei verspätetem Anschluss zahlen die Stromkunden.
BERLIN taz | So schnell kann es gehen: Am Dienstag berieten Umweltminister Peter Altmaier (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) noch gemeinsam mit Wirtschaft und Verbänden, wie der weitere Anstieg der Strompreise gebremst werden kann – am Mittwoch präsentierten beide ein Gesetz, das die Kosten weiter steigen lässt: Künftig sollen Stromkunden dafür bezahlen, wenn Windkraftwerke im Meer nicht rechtzeitig ans Netz angeschlossen werden und den Betreibern dadurch Schaden entsteht.
Das hat das Kabinett am Mittwoch beschlossen. Der Bundestag muss noch zustimmen. Bisher läuft der Aufbau der Windkraft auf hoher See schleppend – teils wegen technischer Probleme, teils wegen der ungeklärten Haftung. Das soll sich durch das Gesetz ändern. „Wir sorgen für Sicherheit bei Banken und Betreibern“, sagte Altmaier.
Rösler sprach von einem „absoluten Durchbruch“. Verbraucherschützer und Opposition kritisieren die Neuregelung jedoch. Gerd Billen, Chef des Verbraucherzentrale-Bundesverbands, hatte im Vorfeld vor einem „Vertrag zu Lasten Dritter“ gewarnt. Auch Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin missfällt, dass die Verbraucher das Netzausbau-Risiko tragen sollen. Johanna Voß (Linke) forderte als Alternative eine Verstaatlichung der Netze.
Altmaier und Rösler wiesen die Kritik zurück. Weil die Offshore-Leitungen künftig besser koordiniert werden und die Unternehmen einen Teil des Risikos selbst tragen, werde es idealerweise kaum zum Haftungsfall kommen. Je nach Schadensgröße zahlen Netzbetreiber bis zu 20 Prozent selbst.
Zudem sei die Umlage, aus der Entschädigungen finanziert werden, bei 0,25 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt, sagte Altmaier. Dies macht für einen Durchschnittshaushalt etwa 9 Euro im Jahr aus.
Langfristig bekämen die Verbraucher auch dieses Geld teilweise wieder zurück. Denn: Der Zeitraum, in dem die Betreiber ihren Strom zu garantierten Preisen verkaufen dürfen, werde entsprechend gekürzt, wenn zuvor Entschädigungen für fehlende Netzanschlüsse gezahlt werden mussten.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
Prozess gegen Maja T.
Ausgeliefert in Ungarn