piwik no script img

Kritik am Trassenausbau ohne WirkungNetzbetreibern ist Bürgerprotest egal

Der neue Plan für den Netzausbau in Deutschland liegt vor. 2.000 Stellungnahmen von Bürgern und Verbänden gingen ein. Geändert wurde fast nichts.

Für dezentralen Strom, gegen Hochspannungsnetze. Bild: dapd

BERLIN taz | Die Kritik der Bürger an geplanten Stromtrassen scheint für die Netzbetreiber keine allzu große Rolle zu spielen. Die Stellungnahmen von rund 2.000 Bürgern und Organisationen haben zu keiner entscheidenden Änderung geführt. Dies geht aus dem am Mittwoch veröffentlichten Netzentwicklungsplan der Stromfirmen hervor. Die Zahl und die Länge der geplanten Höchstspannungsleitungen ist mehr oder weniger dieselbe wie vor der Konsultation der Bürger.

Im Mittelpunkt des Netzentwicklungsplans (NEP) der vier privaten Betreiber des deutschen Höchstspannungsnetzes stehen vier neue Stromtrassen, die Windenergie von der Nord- und Ostsee nach Süddeutschland leiten sollen. Mit den Stellungnahmen, die die Bürger in den vergangenen Wochen einreichten, mussten sich die Netzbetreiber in ihrer Überarbeitung des NEP auseinandersetzen. Eine bindende Wirkung hatten die Bürgervoten jedoch nicht.

Die Bundesnetzagentur, die Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) untersteht, wird den renovierten NEP in den kommenden Wochen prüfen und eventuell ändern. Nach der Genehmigung durch sie soll ein Beschluss des Bundestags folgen. 2013 beginnt dann die konkrete Planung, wo die neuen Masten gebaut und Kabel verlegt werden.

Die dem überarbeiteten Netzentwicklungsplan beiliegende Deutschlandkarte zeigt keine Veränderung. Nach wie vor sind vier neue Stromkorridore eingezeichnet. Auch die Länge der Leitungen ist mit 2.100 Kilometern gleich geblieben. Die Trassen verlaufen von Emden nach Philippsburg, von Wehrendorf in die Nähe von Frankfurt am Main, von Brunsbüttel nach Schwäbisch Gmünd und von Sachsen-Anhalt in Richtung Augsburg.

Bedarf angezweifelt

Die Bürger, Umweltverbände und Kommunen, die Stellungnahmen eingereicht hatten, kritisierten unter anderem die Voraussetzungen, auf denen der Netzentwicklungsplan basiert. Angezweifelt wurde unter anderem der hohe Bedarf an neuen Windparks auf See. Stattdessen, so die Gegenargumente, solle man die bestehenden Windparks und Solaranlagen an Land ausbauen. Dadurch könne auch der Bedarf an neuen Stromtrassen von Nord nach Süd verringert werden.

Die vier Netzfirmen Amprion, Tennet, 50Hertz und Transnet haben die Argumente zur Kenntnis genommen und im neuen Entwurf des Netzentwicklungsplans mit einer Vielzahl von Erläuterungen kommentiert. Am Ergebnis haben die Stellungnahmen aber wenig geändert.

„Ich bin überrascht, wie wenig von der massiven Kritik, die Bürger und Experten vorgebracht haben, in diesem zweiten Entwurf berücksichtigt wurde“, sagt Thorben Becker vom Umweltverband Bund. „Das ist ein starkes Stück und stellt den Sinn der Konsultation insgesamt infrage.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • EW
    Edmond Wells

    Trassenausbau...

     

    Bei diesem Stichwort ging mir sofort ein Gedanke durch den Kopf:

     

    Müssen es denn riesige Stahlmonster sein, die sich allenthalben durch die Landschaft ziehen?

    Könnte es nicht auch eine unterirdische Lösung geben, zumindest teilweise? Die Fläche dafür mag im wesentlichen dann vielleicht trotzdem kaum weitergehend nutzbar sein, für Landwirtschaft oder Straßenbau. Doch statt der Witterung ausgesetzter und Unfallträchtiger Stahl-Hochspannungs-Dinosaurier, die auch leicht Ziel von absichtlichen Zerstörungen werden könnten, hätten wir dann einen Grünstreifen an der Oberfläche.