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Krieg in SyrienOpposition berät in Damaskus

Während die Kämpfe in Syrien unvermindert weitergehen, trifft sich die Opposition in Damaskus. Uneinigkeit herrscht auch international über das weitere Vorgehen.

Am Boden? – Ein Rebellenkämpfer tritt auf die Insignien der regierenden Baath-Partei. Bild: dapd

DAMASKUS/BEIRUT dapd | Im Kampf gegen das Regime von Präsident Baschar Assad bündelt die syrische Opposition ihre Kräfte im eigenen Land. In der Hauptstadt Damaskus kamen am Sonntag Vertreter von mehr als einem Dutzend Oppositionsgruppen zusammen.

Sie forderten den Sturz Assads – ein möglicher Versuch, sich als Alternative zu dem überwiegend von Aufständischen im Exil koordinierten bewaffneten Aufstand zu positionieren. Erst am Tag zuvor hatte die oppositionelle Freie Syrische Armee (FSA) mitgeteilt, sie habe ihre Kommandozentrale von der Türkei nach Syrien verlegt. Unterdessen kam es am Samstag an den syrischen Grenzen zu Jordanien und zum Libanon zu Gefechten.

An der Konferenz in einem Hotel der syrischen Hauptstadt nahmen 16 in der Nationalen Koordinationsstelle für Demokratischen Wandel in Syrien zusammengeschlossene Gruppen teil. Auch Botschafter aus Russland und dem Iran, zwei Verbündete von Präsident Assad, waren gekommen. Die Behörden hätten allen Politikern die Teilnahme „ohne Einschränkungen“ ermöglicht, sagte Radschaa al Nasser, ein Mitglied der Koordinationsstelle.

In einer an Journalisten verteilten Erklärung hieß es anschließend, die Teilnehmer hätten sich auf eine Reihe von Prinzipien verständigt, darunter den Sturz „des Regimes mit all seinen Symbolen“. Zugleich hätten sie die Notwendigkeit eines „friedlichen Kampfes zum Erreichen der Ziele der Revolution“ betont.

Kommandozentrale in Syrien

Die Opposition in Syrien einerseits und im Ausland andererseits streitet vor allem darüber, wie Assad gestürzt werden soll. Anders als die oppositionelle Freie Syrische Armee (FSA) und der Syrische Nationalrat ist die Koordinationsstelle für Demokratischen Wandel gegen einen bewaffneten Aufstand und eine Militärintervention aus dem Ausland. Sie befürwortet hingegen Verhandlungen für eine friedliche Lösung des Konflikts.

Erst am Samstag hatte die FSA mitgeteilt, sie habe ihre Kommandozentrale von der Türkei nach Syrien verlegt. Mit der Verlegung der Kommandozentrale wolle man die Vereinigung aller Rebellengruppen erreichen, erklärte der Vorsitzende des FSA-Militärrates, Mustafa al Scheich. Der Schritt sei bereits vor einer Woche erfolgt, sagte er der Nachrichtenagentur AP, ohne den genauen Standort zu nennen.

Der FSA-Befehlshaber, Oberst Riad al Asaad, veröffentlichte eine Videobotschaft, derzufolge das Kommando in "befreite Gebiete" gezogen sei. Die FSA ist die bekannteste Rebellengruppe, die für den Sturz von Assad kämpft. Allerdings sind ihre Kommandeure in der Vergangenheit in die Kritik geraten, weil sie von der Türkei aus agieren. Zudem ist ihre Befehlsgewalt über die zahlreichen vor Ort befindlichen Kampfgruppen beschränkt.

Russland und China blockieren

Deutschland dringt weiter auf eine politische Lösung des Syrien-Konflikts, wie Außenminister Guido Westerwelle (FDP) am Wochenende kurz vor Beginn der diesjährigen Generaldebatte der Vereinten Nationen deutlich machte. Deutschland hat derzeit den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat inne, der sich ebenfalls mit Syrien befassen will. Hier blockieren Russland und China ein schärferes Vorgehen.

Unterdessen berichteten die libanesischen Streitkräfte von einem Angriff syrischer Rebellen auf einen ihrer Posten in dem Bergort Arsal. Die Attacke sei aber ohne Verluste zurückgeschlagen worden, hieß es weiter. Die Streitkräfte lieferten keine Begründung, warum die Rebellen den libanesischen Posten angegriffen haben könnten.

Derweil lieferten sich laut Aktivisten syrische Regierungstruppen nahe der jordanischen Grenze schwere Gefechte mit Rebellen. Die Kämpfe in und außerhalb der syrischen Grenzstadt Nasib hätten bis zum frühen Samstagmorgen gedauert, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Es habe auf beiden Seiten Verluste gegeben.

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7 Kommentare

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  • O
    opi

    Im folgenden habe ich zur Konferenz noch folgende Ankündigungung gefunden.

     

    "Am 23.09.2012 findet die »Nationale Konferenz zur Rettung Syriens« in Damaskus statt, an dem mehr als 20 unterschiedliche Parteien und politische Gruppen aus syrischen, demokratischen Oppositionskräften in Damaskus teilnehmen.

    Machen Sie sich ein Bild von der innersyrischen Opposition. Ich habe im Netz noch dazu folgende Ankünigungstext zur Konferenz des NCC in Damaskus gefunden.

    Von Marionetten kann hier kaum die Rede sein...

    Das Ziel der Beratungen ist die Bewahrung der nationalen Souveränität und Einheit Syriens, unseres Heimatlandes, vor den folgenden Gefährdungen:

    1- Der Bedrohung durch den Fortbestand des syrischen, diktatorischen Regimes

    2 -Der Gefahr durch eine direkte als auch indirekte militärische Intervention

    3- Der Bedrohung einer weiteren Eskalation der Gewalt, die immer mehr in einen Bürgerkrieg abzugleiten droht

    4- Den entstandenen humanitären, sozialen und wirtschaftlichen Konflikten

    Die Konferenz setzt sich für eine gemeinsame Sichtweise und Einigkeit in der Vorgehensweise der syrischen demokratischen Bewegung zur Umsetzung eines grundlegenden und vollständigen demokratischen Wandels in Syrien ein."

     

    Hierzu interessanter Link eines Oppositionellen Herrn Manna des NCC im Interview

    http://www.dw.de/dw/article/0,,16250785,00.html

     

    Die Abschlusserklärung der "Konferenz zur Rettung Syriens" auf der Seite des NCC

    in englischer Sprache.

    http://syrianncb.org/category/english-topics/

  • T
    toddi

    nanu ... und keiner verhaftet, verschleppt, gefoltert oder ermordet? Mal wieder eine Gelegenheit das einige "Journalisten" oder besser Realisatoren ihre Kaffeesatzleserei und Kriegshetze Zitat "Erst einsperren, dann reden" (anonym, Redaktionsdienst?-für dieses Pamphlet wollte nicht einmal mehr jemand seinen Namen hergeben)zugunsten einer fundierten Berichterstattung (wie heißt es so schön objektiv und unparteilich) zu revidieren. Auf Basis von Informationen von BEIDEN Seiten können sich viele Leser mit Sicherheit eine fundierte Meinung bilden (ganz ohne in eine gewisse Richtung "geschubst" zu werden, dubiosen O-Tönen oder des Weglassens statt zu lügen - also den "Stilmittel" des Boulevard. Zaghafte Andeutungen in diese Richtung gab es in letzter Zeit - meinen Glückwunsch, weiter so ...

  • P
    pauli

    @vulkansturm:

    die konferenz hat gestern stattgefunden, obwohl teilnehmer am freitag (oder samstag) nach einer chinareise eingekerkert wurden.

    @suri

    naja, die absetzung des regimes wird schon gefordert, obwohl assad bisher nicht namentlich genannt wurde

  • V
    vulkansturm

    Ausser der taz brachte diese Meldung nur Welt-Online.

    Die berichten aber mittlerweile, daß diese Konferenz von den Organisatoren verschoben wurde, da die Organisatoren Assads Regierung beschuldigen für das Verschwinden zweier Teilnehmer verantwortlich zu sein.

  • V
    vulkansturm

    Was für Oppositionsgruppen sollen das sein, die mit Genehmigung von Assad ganz gemütlich sich in einem Hotel in Damaskus treffen dürfen, zusammen auch noch mit Iranern und Russen. Bastelt sich jetzt Assad eine

    eigene von ihm kontrollierte Pseudo-Opposition, mit der man dann super Kompromisse aushandeln kann, die einem nicht weh tun?

    Dieser Artikel wirft ziemlich viele Fragen auf, die eigentlich von der Redaktion geklärt werden müssten.

  • S
    suri

    Im Gegetel was in westlichen Medien immerwieder behauptet wird, die Opposition im Land verlangt nicht die Absetzung von Assad. Auch bei dieser Vollversammlung bestehend aus Russland, China, Iran und 15 Oppositionsgruppen wurde nicht Absezung von Assad gefordert, sondern die Beschleunigung der Reformen und eben gegen die Bewaffnung der aus dem Ausland opperierenden Terroristen und gegen die Einmischung aus dem Ausland.

  • D
    D.J.

    Das ist interessant. Oppositionsgruppen (ich vermute mal, das von den Saudis und anderen Ländern bezahlte Gesindel war nicht dabei) dürfen sich mitten in Damaskus treffen und über die Absetzung Assads diskutieren. Gern würde ich Näheres darüber erfahren. Von den gewissenlosen und/oder dummen Propagandisten der meisten anderen Medien (v.a. den fetten Staatsfunklern) erwarte ich da allerdings nichts.