Krieg in Syrien: Schutzzonen für die Bevölkerung
Der türkische Außenminister fordert Schutzzonen für die syrische Bevölkerung. Er sagt, wer nicht handelt, wird zum Komplizen. Die Mitglieder im Sicherheitsrat wollen warten.
FRANKFURT/M. dapd | Die Türkei hat den Sicherheitsrat aufgefordert, Schutzzonen für die syrische Zivilbevölkerung einzurichten. „Wie lange werden wird zusehen, wie eine ganze Generation mit willkürlichen Bombardements ausgelöscht wird?“, fragte der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu am Donnerstag die Mitglieder des höchsten UN-Gremiums.
Großbritannien und Frankreich signalisierten Sympathie, Russland und China Ablehnung. Moskau und Peking haben mit ihrem Veto als ständiges Mitglied bereits drei Resolutionen gegen Syrien verhindert.
Aber auch bei den USA, Frankreich und Großbritannien gibt es Skepsis bezüglich der Durchsetzung von Schutzzonen, verlautete aus diplomatischen UN-Kreisen. „Zur Zeit ist da noch niemand“, sagte ein Diplomat.
Davutoglu schien das direkt anzusprechen. Er mahnte, wer nicht gegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit einschreite, „wie sie vor unseren Augen“ in Syrien begangen würden, werde zum Komplizen. Er sei mit der Hoffnung nach New York gekommen, der Sicherheitsrat werden „lange überfällige Schritte“ machen, um den leidenden Menschen zu helfen und Lager für sie in Syrien zu errichten. „Offenkundig lag ich mit meinen Erwartungen falsch“, sagte er. „Dieses Treffen wird nicht einmal mit einer Präsidiumserklärung oder Pressemitteilung enden, geschweige denn einer robusten Resolution.“
Der syrische UN-Botschafter Baschar Dschaafari sagte, es gebe Sicherheitsratsmitglieder, die humanitäre Hilfe als Vorwand für eine militärische Intervention förderten. Er nannte keine Namen. Frankreich und Großbritannien schlossen aber bereits vor der Sitzung keine Option aus - auch nicht die einer militärisch erzwungenen Flugverbotszone zum Schutz der Zivilbevölkerung.
Der britische Außenminister William Hague sagte, die von der Türkei geforderte Einrichtung von Schutzzonen für Flüchtlinge ohne militärisches Eingreifen sei nicht durchsetzbar und werde daher im Sicherheitsrat derzeit keine Unterstützung finden. „Aber für die Zukunft schließen wir keine Option aus“, fügte Hague hinzu. Sein französischer Kollege Laurent Fabius erklärte, London und Paris seien sich in diesem Punkt „ganz und gar einig“.
Russland und China gegen Schutzzonen
Der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin sah die Haltung seiner Regierung dagegen von einer Äußerung des UN-Flüchtlingskommissar Antonio Guterres bestätigt, dass es wichtiger sei, die syrischen Grenzen für Flüchtlinge offenzuhalten. „Bittere Erfahrung zeigt, dass es selten möglich ist, effektiven Schutz und Sicherheit in solchen (Schutz-) Zonen zu gewährleisten“, sagte Guterres. Tschurkin sagte, einseitige Sanktionen von den USA und der EU erhöhten die Not des syrischen Volkes. Die humanitäre Lage der gesamten syrischen Bevölkerung müsse verbessert werden.
Der chinesische UN-Botschafter Li Baodong sagte, der türkische Vorstoß sei keine Lösung. „Die Lösung ist ein Waffenstillstand, Einstellung der Gewalt und die Implementation eines politischen Prozesses“, sagte Li.
Kofi Annan legt am Freitag offiziell sein Amt als Syrien-Sondergesandter der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga nieder. Der frühere UN-Generalsekretär hatte Anfang des Monats aus Enttäuschung über ausbleibende Fortschritte im Bemühen um eine friedliche Lösung des Syrien-Konflikts seinen Rücktritt erklärt. Für das Scheitern seiner Mission machte Annan unter anderem die mangelnde Unterstützung im UN-Sicherheitsrat verantwortlich.
Der Sechs-Punkte-Plan zur Beilegung der Gewalt, den Annan im April vorlegte, stieß sowohl bei den syrischen Regierungstruppen als auch bei den Rebellen auf taube Ohren. Nachfolger Annans wird der frühere algerische Außenminister Lakhdar Brahimi.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Berliner Sparliste
Erhöht doch die Einnahmen!