Kreuzberg will den Uferweg: Zoff um die Promenade
Vor drei Jahren beschloss ein Bürgerbegehren das "Spreeufer für alle". Die Umsetzung des geplanten Uferwegs scheitert noch immer am Widerstand Einzelner.
Jetzt hat auch Kreuzberg seinen Uferstreit: Weil die Planungen für einen öffentlich zugänglichen Uferweg an der Spree nicht vorankommen, will der Bezirk nun Zwang auf widerwillige Grundstückseigentümer ausüben. Anfang September wird in der Bezirksverordnetenversammlung ein Bebauungsplan für das Gelände zwischen Schillingbrücke und Brommystraße beschlossen. "Das gibt uns die Möglichkeit, den Weg notfalls auch gegen den Willen der Eigentümer durchzusetzen", sagt der grüne Bezirksbürgermeister Franz Schulz. Das sei aber nur der letzte Ausweg - "für Verhandlungen steht unsere Tür weiterhin offen".
2008 entschieden sich die Friedrichshain-Kreuzberger mehrheitlich in einem Bürgerentscheid für einen durchgängigen, öffentlich zugänglichen Uferstreifen entlang des Mediaspree-Geländes am Wasser. Der erste Abschnitt, ein 600 Meter langer Streifen zwischen Brommystraße und Schillingbrücke, sollte eigentlich diesen Sommer eingeweiht werden. Doch nach zwei Jahren Verhandlungen ist ein "Spreeufer für alle" immer noch nicht in Sicht. Grund ist laut Bezirk die mangelnde Kompromissbereitschaft von Nicolas Berggruen. Der Immobilieninvestor besitzt das Grundstück, auf dem aktuell der Möbelladen "Exil Wohnmagazin" und das Restaurant des Sage-Clubs stehen. Während man mit den benachbarten Grundstücksinhabern, der Heeresbäckerei und der Berliner Hafen- und Lagergesellschaft (Behala), schon "zur Unterschriftsreife" gelangt sei, habe Berggruen vom Bezirk gefordert, als Gegenleistung für den Uferweg durch sein Grundstück eine geplante Neubebauung auf seinem Gelände abzusegnen. "Diese Planungen sind aus unserer Sicht aber bau- und stadtplanungsrechtlich problematisch", so Schulz. Als man Berggruen mitgeteilt habe, dass man sich auf diesen Deal nicht einlassen könne, habe er vor den Sommerferien eine endgültige "schriftliche Absage an den Uferweg" geschickt.
Bei den Berggruen Holdings sieht man die Sache dagegen ganz anders. "Wir haben den Wunsch nach einem Uferweg immer unterstützt - obwohl er nicht im Kaufvertrag stand, als wir das Grundstück gekauft haben", sagt Ute Kiehn, Berggruens persönliche Referentin. Grundsätzlich habe man keine Bedenken gegen einen Weg durch das Grundstück. Problematisch sei nur die vom Bezirk vorgeschlagene "Billigvariante" direkt am Wasser. Der gefährde die Existenz der Sage-Strandbar, mit der man eine mehrjährige Vertragsbindung habe. Wenn auch nur indirekt: Berggruen hat das große Backsteingebäude an der Köpenicker Straße an "Exil" vermietet, die wiederum den hinteren Gebäudeteil plus Ufer an das Sage verpachtet haben. "Statt die Strandbar und sechs große Bäume zu opfern, könnte man den Uferweg in einer Kurve durch das Gelände führen - weg vom Wasser", schlägt Kiehn vor. Dazu sei Berggruen bereit. Zuvor müsse allerdings geklärt werden, dass der Bezirk für Sicherheit und Instandhaltung des Weges hafte.
Auf eine geforderte Garantie von zehn Jahren für den Bestand des Uferwegs werde man sich aber nicht einlassen. Der Vertrag mit dem "Exil" läuft noch acht Jahre, für die restlichen zwei Jahre will Berggruen keine Garantie geben. Die Verhandlungen seien deshalb aber noch nicht gescheitert. Dass der Bezirk nun mit Enteignung drohe, hält Kiehn allerdings für "unsensibel".
Schulz widerspricht dieser Darstellung energisch: "Kurve oder nicht, das ist doch Pillepalle." Berggruen verstecke sich hinter vorgeschobenen Detailfragen, die man längst erschöpfend diskutiert habe. Die Haftung übernehme man natürlich, ebenso gebe es eine Entschädigung für den Investor. Eine zehnjährige Garantie für den Uferweg braucht der Bezirk aber, weil sonst die Mittel von 1,5 Millionen Euro aus dem Programm Stadtumbau West nicht fließen. Das letzte Mittel des Bezirks heißt deshalb wohl Enteignung: Ist der neue Bebauungsplan samt Uferweg erst abgesegnet, kann das Spreeufer für alle doch noch Wirklichkeit werden.
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