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Korruptionsvorwürfe an Lüneburger UniMillionenauftrag unter Freunden

Daniel Libeskind entwirft für die Lüneburger Uni das Audimax. Der Rechnungshof rügt die Verbindung zwischen Architekt, Uni-Leitung und Baufirma.

Sorgt für Ärger: der Entwurf des Lüneburger Audimax. Bild: dpa

BREMEN/BERLIN taz | Der Landesrechnungshof in Niedersachsen hat schwere Vorwürfe gegen die Leitung der Leuphana-Universität in Lüneburg erhoben. Die Prüfer beklagen Wettbewerbsverstöße und mögliche Verstöße gegen die Antikorruptionsrichtlinie des Landes Niedersachsen beim Bau des neuen Zentralgebäudes der Universität.

Im Juli hat der Rechnungshof einen vertraulichen Bericht fertiggestellt, der die Finanzierung des umstrittenen Audimax untersucht. Die mindestens 60 Millionen Euro teure Immobilie wird von dem Stararchitekten Daniel Libeskind gestaltet und soll von der Rheinzink GmbH aus Datteln mitgebaut und auch gesponsert werden.

Libeskind, der in Lüneburg Architektur lehrt, Rheinzink und der Uni-Vizepräsident Holm Keller, ein Exunternehmensberater, stehen oder standen laut Landsrechnungshof in "enger privatwirtschaftlicher Verbindung".

In dem der taz vorliegenden Bericht heißt es: "Besonders erschwerend ist jedoch, dass mit dem Sponsoringvertrag der Wettbewerb unterlaufen wurde." Andere Lieferanten als Rheinzink seien "ausgeschaltet" worden.

Zweifelhafte Auftragsvergabe

Vizepräsident Keller, der an der Uni unter anderem für den Bau und die Fiananzierung des Zentralgebäudes zuständig ist, scheint die Ausschreibung im Jahr 2009 zum Vorteil von Geschäftsfreunden beeinflusst zu haben.

Keller ist Gründer und Gesellschafter der Berliner Proportion GmbH, die - so bestätigt eine Rheinzink-Sprecherin der taz - im Auftrag von Libeskind die Designvillen des Architekten vermarktet. Für die wiederum baut Rheinzink die aufwendigen Fassaden. Ein Marketingvideo aus dem Jahre 2009 zeigt Libeskind und Keller beim Richtfest für eine der Villen.

Die Homepage der Proportion GmbH nennt Rheinzink als "Partner". Im Fall des Audimax habe die zweifelhafte Auftragsvergabe möglicherweise zu hohen Mehrkosten für die Universität geführt, die Finanzierung des Gebäudes sei nicht gesichert, urteilt der Rechnungshof. Gleichwohl wurde bereits am 8. Mai der Grundstein für den monumentalen Bau gelegt.

Die Universitätsleitung gibt sich zugeknöpft. Keller habe "zu viele Termine", um Fragen zu beantworten, der mit ihm eng befreundete Präsident Sascha Spoun sei "länger verreist". Die Pressestelle lässt lediglich wissen, dass Uni und das niedersächsische Wissenschaftsministerium "derzeit gemeinsam eine Stellungnahme" zum Rechnungshofbericht vorbereiten und diese den Prüfern "fristgerecht übermitteln werden". Weitere Stellungnahmen würden derzeit nicht abgegeben.

Der Staat zahlt

Die als Modelleinrichtung geltende Leuphana ist seit 2003 eine öffentliche Stiftungsuniversität. Die Stiftungsgründung ging nicht nur einher mit einer Neuausrichtung auf den Bologna-Reformprozess. Vor allem bedeutete sie eine Beschneidung staatlichen Einflusses auf die Leuphana - auch wenn der Staat weiter den Großteil der Kosten trägt.

Geführt wird die Uni nach straff privatwirtschaftlichen Methoden: Der erst 42-jährige Präsident Spoun ist nebenbei Professor für Universitätsmanagement in St. Gallen, Keller war vorher bei der Beraterfirma McKinsey in New York.

Einige Professoren und Studierendenvertreter haben im Juni Klage eingereicht, weil Keller im Mai ohne korrekte Ausschreibung für eine erneute Amtszeit ernannt worden sei - in Teilzeit, damit er nebenher anderen Geschäften nachgehen könne.

"Der vom Landesrechnungshofs festgestellte Verstoß gegen die Antikorruptionsrichtlinie des Landes Niedersachsen bestätigt unsere schlimmsten Befürchtungen", sagt die Studierendenvertreterin Daniela Steinert. Keller sei als Vizepräsident "nicht tragbar".

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8 Kommentare

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  • G
    guntherkummerlande

    Sorry, die Reichstagkuppel ist von

    Sir Norman Foster.

    An meiner Meinung ändert das aber nichts.

    Nur ehrliche Kritik schafft Fortschritt.

  • G
    guntherkummerlande

    Nicht nur teuer, sondern architektonisch

    verhundst, aufschneiderisch, und unbehaglich

    und nicht gerade heimatstiftend

    ist dieser Bau.

     

    Als ob man Studenten aus Lüneburg verjagen wollte.

     

    Daniel Libeskind hat zwar den Reichtstag

    gekonnt gestylt, aber das hier ist ein totaler

    Fehlschuss.

  • MF
    M. Fabian

    Die neusten Enthüllungen sind nur die Spitze des Eisberges. Bereits Anfang 2008 kam es zu einem Skandal, als die Nebentätigkeiten unseres Vizepräsidenten Herrn Keller erstmals öffentlich bekannt wurden. Da wusste noch niemand was von dem jetzt enthüllten Werbevertrag. In knapper Not rettete der Staatssekretär im Wissenschaftsministerium Josef Lange für Herrn Keller die Lage, in dem er gegen den Willen des Stiftungsrats eine Unbedenklichkeitserklärung für Keller abgab. Daraufhin traten der Stiftungsratsvorsitzende und ein weiteres Mitglied aus Protest über diese Missachtung des eigentlich zuständigen Gremiums zurück. Der AStA blickte vor einigen Monaten in seiner Zeitung zurück:

     

    Holm Keller & seine privaten Geschäfte

    Holm Keller ist ein Mann mit vielen Talenten. Eins davon zeigt sich in seiner Fähigkeit zu managen – und zwar bezogen auf das Management seiner Firmen und vor allem auf das Management seines Terminplans. Im Januar 2008 musste die gewöhnliche Studentin zu ihren Herztabletten greifen. Elke Schneefuß, Redakteurin des Hamburger Abendblattes, zündete eine wahre Bombe, die über Wochen die Leuphanawelt erschütterte und bis Hannover für Aufregung sorgte: Holm Keller hatte mehr Nebentätigkeiten, als alle wussten. Er war schon länger Geschäftsführer der Holm Keller GmbH, über die er seine zahlreichen Nebentätigkeiten abwickeln konnte, ohne alle einzeln beim Stiftungsrat genehmigen lassen zu müssen. Neuerdings war Keller aber auch der

    Geschäftsführer einer „Proportion“ GmbH in Berlin. Und es gab personelle Verstrickungen zwischen Uni und dieser Firma. Die Proportion GmbH ist laut Handelsregister mit der „Projektierung und dem Verkauf von Fertighäusern und der damit verbundenen Ausstattungselemente sowie dem zu diesem Zweck notwendigen Erwerb und Verkauf von Grundstücken" beschäftigt. Allerdings verkauft Proportion nicht irgendwelche Fertighäuser, sondern Villen im Libeskind-Stil. Es wird offen damit geworben, dass Daniel Libeskind an

    dem Projekt beteiligt ist. Er erstellt persönlich die Entwürfe für die Fertighäuser, ist aber auch zufällig der Architekt für das Audimax auf unserem Universitätscampus. Das alles ist noch nichts Ungewöhnliches, aber die Fertighäuser und das Audimax weisen erstaunliche Gemeinsamkeiten auf: Beide werden eine Zinkfassade haben. Diese wird von der selben Firma geliefert, der Rheinzink GmbH & Co. KG aus Datteln. „Vor eineinhalb Jahren habe Holm Keller den Kontakt zur Firma gesucht, mit Libeskind arbeite man bereits seit vielen Jahren zusammen“, sagte Unternehmenssprecher Frank Neumann damals dem Hamburger Abendblatt. Mit der Proportion GmbH liefen noch Vorgespräche, in Sachen Audimax war man schon weiter. „Wir haben bei der Vorplanung mitgewirkt, beraten in Sachen technische Realisierbarkeit und können uns ein Sponsoring vorstellen. Laut Planung sollen Fassaden und

    Dächer aus unserem Material entstehen,“ so Neumann. Dass das Audimax dann als Musterhaus für die Fertighäuser der Proportion GmbH dienen könnte, bestritt Neumann nicht. Aber nicht nur in punkto Fassade gibt es Gemeinsamkeiten. 2008 arbeiteten für die Uni ganz viele fleißige Helferlein daran, das Zentralgebäude zu einem Haus zu machen, das mehr Energie erzeugt, als es verbraucht. Das gab es bei Libeskindbauten noch nie: Man wollte erstmalig auf Solarenergie und Geothermie setzen. Ein Gebäude des Stararchitekten mit hohen Nachhaltigkeitsstandards sollte entstehen. Und auch die Libeskind-Villa sollte plötzlich „höchste Nachhaltigkeitsstandards“ erfüllen, nämlich ein Niedrigenergiehaus mit Solarkollektoren und Geothermie werden. Ein Schelm, wer vermutete, die ganzen Berechnungen der Uni für einen nachhaltigen Libeskindbau könnten zufällig im Briefkasten der Proportion GmbH landen. Belegt werden konnte dieser Verdacht nie - widerlegt auch nicht. Doch damit nicht genug. Nicht nur Holm Keller und Daniel Libeskind waren bei Proportion dabei, sondern auch der Architekt Robert Ketterer. Auch er ist mit der Universität geschäftlich verbunden, bearbeitet Dachgeschossausbauten und auch das Zentralgebäude. Nach Lüneburg geholt hatte ihn Holm Keller. Zusammengefasst bedeutet dies, dass Keller Vizepräsident einer Universität ist, die mit den gleichen Architekten zusammenarbeitet wie er privat. Und auch bei den geplanten Gebäuden gibt es erstaunliche Übereinstimmungen. Das erregte bereits die Gemüter, aber brenzlig wurde für Keller erst eine andere Angelegenheit: Alle Nebentätigkeiten müssen genehmigt werden, da er im Stiftungsrat zum Beamten auf Zeit ernannt worden ist. Daher gelten auch für ihn die Vorschriften des Niedersächsischen Beamtengesetzes, die besagen, dass die Nebentätigkeiten eines Beamten 20 % der regelmäßigen Arbeitszeit nicht überschreiten dürfen. Seine genehmigten

    Nebentätigkeiten würden de facto bei einem halben Arbeitstag pro Woche liegen, teilte Keller mit, es gebe also kein Problem. Dumm war nur, dass der Stiftungsrat von seinem Engagement bei der Proportion GmbH offenbar noch gar nichts wusste und es offenbar auch gar nicht genehmigt war. Der Wirbel um die Geschäftstüchtigkeit von Herrn Keller führte dazu, dass der Staatssekretär Dr. Lange ein Gespräch mit dem Vorsitzenden des Stiftungsrates (Jens Petersen), dem Unipräsidenten Sascha Spoun, Holm Keller und Heiko Gewers (fürs Ministerium im Stiftungsrat) führen wollte. Nach dem Gespräch sollte Herr Petersen eine Erklärung unterzeichnen, die alle Nebentätigkeiten von VP Keller legitimieren sollte. Petersen soll, so berichten gut informierte Kreise, eher dazu tendiert haben, den Vizepräsidenten abzumahnen. Am 18. Januar 2008 teilte Staatssekretär Lange mit, dass die Nebentätigkeiten von Holm Keller „nicht zu beanstanden“ seien. Wie man einen persönlichen Vorteil für Keller ableiten könne, sei ihm „schleierhaft“. Laut Presse stellte er einen „Persilschein“ aus. Petersen war damit nicht einverstanden: Einen Persilschein auszustellen, sei für ihn jedoch nicht in Frage gekommen. Vielmehr habe er den Sachverhalt mit den Mitgliedern des Stiftungsrates beraten wollen. Diese Möglichkeit sei ihm nicht gegeben worden. Am Tag nach dem Gespräch hat Jens Petersen, langjähriger Geschäftsführer der Lüneburger IHK, seinen Rücktritt als Stiftungsratsvorsitzender erklärt. Petersen sagte den Medien, die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen ihm und der hauptamtlichen Hochschulleitung sowie dem Ministerium auf der anderen Seite sei nicht mehr gegeben. Wenige Tage später folgte ihm Elke Sellmann, eine angesehene Juristin, die ihr Amt als Stiftungsrätin ebenfalls niederlegte. Sellmann war der Meinung, dass der Stiftungsrat hintergangen und vor vollendete Tatsachen gestellt würde und nur noch abnicken könne, was Ministerium und Hochschulleitung ausgehandelt hätten. Präsident Spoun wollte sich hierzu in der Öffentlichkeit nicht äußern. Der AStA forderte in einer Stellungnahme, dass alle offenen Fragen aufgeklärt werden müssten und dass Vizepräsident Keller seine Nebentätigkeiten offen legen müsse. Keller legte wenig später seine Position als Geschäftsführer der Proportion nieder, ist aber nach wie vor bedeutender Gesellschafter des Unternehmens. Er trat auch weiterhin bei Veranstaltungen der Proportion öffentlich auf. Die personellen und inhaltlichen Überschneidungen mit Uni und Zentralgebäude bestehen weiter und wurden nie näher untersucht. Auch die Holm Keller GmbH gibt es nach wie vor.

    Weitere Infos: www.libeskind-villa.com

    www.folge-der-idee.de/libeskind-villa

     

    Originalquelle des Arikels: www.asta-lueneburg.de/asta2.0

    Zitiert mit freundlicher Erlaubnis des AStA.

     

    Nach den jetzigen Enthüllungen des Landesrechnungshofs wird das Verhalten des Staatssekretärs Lange neu zu bewerten sein.

  • BW
    Benjamin Walter

    Diese ganze Leuphana ist ein Witz! Die sind nichtmal in der DFG, weil das Niveau so mies ist. McKinsey, absolute Verbrecher!

  • MD
    maria daubenbuechel

    völlig überzogen und nicht einmal schön.das ist herausgeworfenes geld,das an anderen ecken fehlt.man sollte zurückkehren zu sachlichen bauten,wie sie zum beispiel die bauhausepoche hervorgebracht hat.man hat den eindruck,hier will sich jemand ( oder mehrere) ein denkmal setzen,sollen sie,aber bitte nicht mit steuergeldern.größenwahn sollte man selbst bezahlen.

  • R
    reblek

    "Im Juli hat der Rechnungshof einen vertraulichen Bericht fertiggestellt, der die Finanzierung des umstrittenen Audimax untersucht." - Ein Bericht untersucht nichts, sondern ist das Ergebnis einer Untersuchung.

  • AT
    Auf trag

    So etwas passiert seit Jahrtausenden. und jedesmal ist die Presse voll überrascht... .

    Jedes Projekt muss 5 Alternativen haben die sich öffentlich im Kampf (wie bei Ebay oder Handwerker-Internet-Börsen) unterbieten und bekämpfen. Daraus ergibt sich die billigste Mischung.

    Ach und: So lange das Land schulden hat, werden die Uni-Gebäuse als Einkaufszentren verkauft und die Vorlesungen per Internet und zum Download bei der Deutschen-Zentralbibliothek (oder Youtube, denen traue ich mehr). Professoren arbeiten per Internet zu Hause was die Sekretärinnen spart usw. Aus die Maus.

    Hörsäle sind von vorgestern.

     

    Privatwirtschaftlich ist Manageristisch (Managern in die Taschen füllen) oder Mittelständisch (gute Gewinne für die Eigentümer(-Familien) ).

    Die Eigentümer und Studenten finden das (Studiengebühren-Verschwendung) sicher auch nicht gut.

     

    Bei vernünftigen offenen Ausschreibungs-Systemen gäbe es quasi keine Ausschreibungs-Korruption mehr.

    Wer mein Geld (als Bürgermeister oder Landes-Chef) nicht will, braucht sich ja nicht um den Auftrag für die Stadthalle oder Hörsaal bewerben wenn er lieber wie im Darkroom seine Gelder rübergeschoben haben will.

    Transparenz ist der Feind der Miswirtschaft.

    Denn das Licht, mögen Parasiten nicht.

    Leider befolgen die vielen freien Bürgermeister das auch nicht.

    Erst Jahre später muss das Volk (und nicht die Kontrollfunktion der Qualitäts-Presse) die Wasserverträge outen lassen. Schon traurig.

    Schon die Idee, Verträge geheim zu halten untergräbt das Minimal-Preis-Maximal-Leistungs-Prinzip wirtschaftlichen Handelns.

    Wieso fragt Wahlomat nicht mal sowas wie "Ich werde als Minister fast alles outen um es noch viel billiger zu kriegen. Ja?Nein?".

  • AB
    ali baba

    wenn dat Ding mit aus Datteln gebaut wird, dann kann das unmöglich so teuer werden. oder gerade deswegen? ansonsten, also bis auf das obst, ist das natürlich ein echter Aufreger. Gewinne privatisieren, Verluste und Ausgaben auf die Gemeinschaft abwälzen...und der liebe Staat darf sich auch nicht einmischen, jaja, so liebt es die Privatwirtschaft. Aber BaföG kürzen und Studiengebühren...