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Konflikt um GentechpflanzenRazzia wegen rabiater Feldzerstörung

Die Polizei verdächtigt den bekannten Politaktivisten Jörg Bergstedt, im Juli an der Genpflanzen-Zerstörung in Üplingen beteiligt gewesen zu sein. Der fühlt sich "geehrt".

Pflanzen in der Versuchs- und Demonstrationsanlage "Schaugarten Üplingen". Bild: dpa

BERLIN taz | Im Zusammenhang mit der bisher rabiatesten Aktion zur Zerstörung von Gentechpflanzen in Deutschland ermittelt die Justiz gegen den Aktivisten Jörg Bergstedt. "Es gibt einen Tatverdächtigen, einen Jörg B.", sagte Silvia Niemann von der Staatsanwaltschaft Magdeburg der taz. Bergstedt veröffentlichte im Internet einen gerichtlichen Durchsuchungsbeschluss, wonach ein Ermittlungsverfahren gegen ihn läuft. Die Tat in Sachsen-Anhalt gehört zu den beiden Feldzerstörungen im Juli, bei denen die Täter laut Polizei erstmals Wachleute gefangen hielten. Bei dem konkreten Tatvorwurf scheinen sich die Ermittler nicht sicher zu sein.

Laut Niemann beschuldigen sie Bergstedt, entweder Pflanzen in der Versuchs- und Demonstrationsanlage "Schaugarten Üplingen" zerstört, das Wachbuch der Sicherheitsleute geraubt oder sich wegen Hehlerei strafbar gemacht zu haben. Warum Bergstedt ein Hehler sein soll, ging weder aus Niemanns Angaben noch aus dem Durchsuchungsbeschluss hervor. Eventuell geht es dabei um ein verschwundenes Funkgerät der Wächter.

Das Amtsgericht stellte den Durchsuchungsbeschluss gegen den 47-Jährigen aus, damit die Polizei unter anderem das Wachbuch als Beweismittel sicherstellen kann. Bergstedt hatte in der taz berichtet, der "Projektwerkstatt" im hessischen Saasen, in der er wohnt, sei das Buch zusammen mit einem Bekennerschreiben zugeschickt worden. Am 14. November rückten die Polizisten dann zur Razzia aus. "Ich habe ihnen den Umschlag gegeben, und dann sind sie wieder gefahren", sagt Bergstedt.

Laut dem Durchsuchungsbeschluss war der Aktivist am 11. Juli gegen 1 Uhr nachts mit etwa zehn Komplizen in den Gentech-Schaugarten eingedrungen. Sie hätten Wachleute "durch Vorhalt von Pfefferspray und Schlaggegenständen gezwungen, sich auf die Knie zu begeben, die Hände hinter den Kopf zu nehmen, das Gesicht zur Wand zu drehen und den Anweisungen des Beschuldigten und der übrigen Täter zu folgen."

"Wenn sie nicht viel wissen, schreiben sie meinen Namen rein"

Trotz der Razzia glaubt Bergstedt nach eigenen Worten nicht an eine heiße Spur der Ermittler. "Wenn sie nicht viel wissen, schreiben sie immer meinen Namen rein", sagt Deutschlands bekanntester "Feldbefreier". Dafür spricht der Ermittlungsstand zu der Feldzerstörung nahe Rostock, die nach ähnlichem Muster wenige Tage vor der Aktion in Üplingen stattfand und mit dieser höchstwahrscheinlich zusammenhängt. "Tatverdächtige Personen sind bislang namentlich nicht bekannt", erklärte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Rostock.

Bergstedt antwortet auf die Frage, ob er an den Feldzerstörungen beteiligt war, nur ausweichend: "Ich sage dazu nichts, um das Ermittlungsfeld der Polizei nicht einzuschränken." Er fühle sich aber "geehrt, dass bei einer so erfolgreichen und effizienten Aktion an mich gedacht wird".

Feldzerstörungen werden von vielen Wissenschaftlern als Grund genannt, weshalb sie in Deutschland auf Freilandversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen verzichten.

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13 Kommentare

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  • V
    viccy

    @ Jörg Bergstedt

     

    "Die Polizei macht die Kriminellen" sagten Sie im Zusammenhang mit dem Verbot von Cannabis in brutal verkürzender und zuspitzender Form. Augenroller im Publikum waren eine häufig anzusehende Folge. Sie wurden sodann über das Wesen der Gewaltenteilung in Kenntnis gesetzt, wonach die Polizei Gesetze nicht macht, sondern ausführt (Legislative/Exekutive). Das sollte als Grundidee (!) doch eigentlich auch von Ihnen geteilt werden.

     

    Wer weiß, vielleicht wollten Sie auch nur dem Polizeimenschen auf den Nerv gehen und provozieren, ich weiß es nicht. Und ich gebe zu, dass es mit dem Thema nichts zu tun hat - aber ein wenig mehr Distanz auch zu Ihrer Person täte der Zeitung hier schon gut.

  • L
    lalü

    @Viccy

     

    "Feldzerstörungen werden von vielen Wissenschaftlern als Grund genannt, weshalb sie in Deutschland auf Freilandversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen verzichten."

    Sie wollten Namen wissen. Einige sind in dem taz-Artikel von 2008 genannt. Der Rückgang der Forschung läßt sich am Standortregister des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) ablesen:

     

    2007 wurden 81 Freisetzungen gemeldet mit rund 68 Hektar

    2008 waren es 39 mit 36 Hektar,

    2009 waren es 36 mit 30 Hektar,

    2010 waren es 25 mit 13 Hektar, und

    2011 blieben gerade mal 15 Freisetzungen mit 7 Hektar übrig.

    Ein traurig-toller und skandalöser Rekord für unser innovations- und forschungsfreudiges Land.

    Aber manche wird’s sicher freuen.

  • D
    dna

    Wachbuch und Hehlerei: War wohl nicht so schlau von Bergstedt öffentlich zu berichten dass die "Beute" aus einem bewaffneten Raubüberfall in seinem Besitz ist.

    "Wiki: Das Wesen der Hehlerei besteht in der Aufrechterhaltung einer widerrechtlichen Besitzlage an der durch die Vortat erlangten Sache." - kann auch geschenkt sein. Wichtig: er wusste dass es Diebesgut ist...

  • GF
    Gaius Faulus

    @malsogesehen63: ich habe zwar keine Ahnung, was Herr Bergstedt so treibt, aber solange Sie sich für irgendjemanden "den Buckel krumm machen", haben Sie schon mal keine Zeit, sich in Internetforen herumzutreiben. Sollten Ihre Mutmassungen zutreffen, dann erwiese Herr B. der Allgemeinheit also durchaus einen wertvollen Dienst.

    Meiner Meinung nach sollte das Land Hessen Herrn Bergstedt übrigens als verbeamteten Berufstatverdächtigen einstellen. Das würde Zeit und Kosten bei den Ermittlungsarbeiten sparen, käme weit billiger als ABM und man könnte einfach weitermachen, wie bisher, was zusätzliche Einarbeitungs- und Verwaltungskosten sparen würde,

  • JM
    Jost Maurin

    @viccy:

    Hier sind Wissenschaftler zitiert, die auf Feldversuche wegen Feldzerstörungen verzichten:

    http://www.taz.de/!23687/

  • H
    Hober

    Ich habe Herrn Bergstedt auch schon bei einem Gerichtsprozess erleben dürfen und kann nur bestätigen: Er ist sehr guter Redner, Beobachter und Analyst. Auch wenn seine Fähigkeiten zu wenig Erfolg führten (er war dort als Verteidiger für einen Feldzerstörer, der dann trotzdem veruteilt wurde, gegen Recht hilft nun mal keine Redekunst.

     

    Ich hoffe, dass die Ermittlungen der Polizei schnell zu einem Ergebnis führen und es dann diesmal für mehr als 6 Monate Haft für Herrn Bergstedt reicht.

    Ich freue mich schon auf Ihren Blog, Herr Bergstedt!

     

    @malsogesehen63

    Sehr schön auf den Punkt gebracht.

  • V
    viccy

    "Feldzerstörungen werden von vielen Wissenschaftlern als Grund genannt, weshalb sie in Deutschland auf Freilandversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen verzichten."

     

    Ein paar Namen der "vielen" Wissenschaftler vielleicht? Sonst wirkt es doch sehr wie eine hinterhergeschobene Lobpreispassage.

  • M
    malsogesehen63

    Gesamtgesellschaftlich analysiert unterscheidet sich der Lebensentwurf Bergstedts gar nicht so schrecklich von dem der Markliberalen. Die angenehmen Seiten des Lebens (hier Kohle, dort ein Leben ohne Erwerbsarbeit ) werden privatisiert, die unangenehmen sozialisiert. Ich gehe davon aus, dass Herr Bergstedt wie selbstverständlich medizinische, kulturelle und öffentliche Einrichtungen für sich in Anspruch nimmt und nehmen wird und für selbstverständlich hält, dass sich andere für ihn den Buckel krumm machen.

  • JB
    Jörg Bergstedt

    Solche Methoden sind ja süß. Also zur Klarstellung: Ich habe noch nie einen Vortrag oder Ähnliches über die Freigabe von Cannabis gehalten. Ich bin zwar in der Tat der Meinung, dass es unsinnig ist, Nikotin und Koffein freizugeben (nur weil es den Arbeitswillen steigern hilft) und auch den für krasse Probleme und viele Tote verantwortlichen Alkohol (bloß weil es die Ausbeutungsverhältnisse vergessen hilft) - und THC zu verbieten. Aber es ist in der Tat nicht mein Thema ... also eine Verwechselung oder gezielter Unsinn abseits vom Thema.

  • B
    blubb

    Finde ich super dass es Leute gibt die sich gegen diesen Bioterrorismus zur Wehr setzen - Gentechnik gehört ins Labor, nicht auf die Felder!

  • V
    viccy

    @ grooveman

     

    Es waren einige Anmerkungen gegenüber dem Polizeichef in Gießen, nachdem dieser aus Dresden übergewechselt war. Also kein Vortrag o.ä.

  • G
    groooveman

    @viccy:

     

    Ich kann deine Einschätzung nicht bestätigen, Habe Jörg bei mehreren Gerichtsverfahren gesehen und finde ihn extrem intelligent und seriös.

     

    Zum Thema Cannabis habe ich noch nie etwas von ihm gehört (obwohl ich alles aufsauge was damit zu tun hat)... Naja weiß nicht wo er das getan haben soll..

  • V
    viccy

    Hab den Bergstedt mal live reden hören über das Verbot von Cannabis. War ziemlich phrasendrescherhaft, intellektuell weder strukturiert noch durchdacht, ich war eher etwas peinlich berührt (Stichwort Fremdschämen), obwohl ich der Freigabe von C. offen gegenüberstehe.