Kommentar Wahl Frankfreich: Der „Sozialist“ ist da
Hinter Francois Hollandes jovialen und geselligen Art verbirgt sich ein Mann, der genau weiß, was er will. Sonst wäre er nicht Präsident geworden.
D er Wahlsieg von François Hollande ist vor allem die persönliche Niederlage von Nicolas Sarkozy. Selten in der französischen Geschichte war Ablehnung so wahlentscheidend. „Tout sauf Sarkozy“, alles bloß nicht Sarkozy – das war das Ziel der Mehrheit der französischen Wähler.
Verwundern kann das niemanden. Sarkozy hat seine eigene Person so penetrant in den Mittelpunkt gestellt, dass viele Wähler nun allergisch auf seine Person reagieren. Natürlich wird Sarkozy geltend machen, seine Abwahl sei nicht seinem Versagen zuzuschreiben, denn sein wichtigster Gegner sei ja nicht François Hollande gewesen, sondern die Krise. Und genau diese hat der Expräsident skrupellos instrumentalisiert.
Sarkozy hat nicht nur den Sympathisanten von Marine Le Pen, sondern auch seinen eigenen Wählern das Gefühl vermittelt, dass er ihre Ressentiments gegen Ausländer und Muslime teile. Die letzten Grenzlinien zwischen bürgerlicher Rechten und Rechtsextremismus haben sich dabei immer mehr verwischt.
ist Frankreich-Korrespondent der taz.
François Hollande hat in seiner Kampagne immerhin gezeigt, dass er diesem Gegner rhetorisch gewachsen war. Ob er aber mehr als eine Verlegenheitslösung für den Wechsel ist, muss er erst noch beweisen. „Antisarkozysmus“ ist vielleicht ein Argument für Wahlen, aber kein Programm. Sein Hauptversprechen, Sarkozy von der Macht zu entfernen, aber hat er gehalten.
Zudem hat er mit seiner Wahlkampagne und seiner Forderung nach einem Wachstumspakt in der EU einiges in Bewegung gebracht. Der neue Präsident ist nicht weniger als sein Vorgänger von der Bedeutung und Größe Frankreichs überzeugt.
Doch sein „Sozialismus“ ist eine Alternative zum dominierenden Wirtschaftsliberalismus. Von Hollande darf in Zukunft Angela Merkel weniger Küsschen erwarten als von Sarkozy. Hinter seiner jovialen und geselligen Art verbirgt sich ein Mann, der genau weiß, was er will. Sonst wäre er nicht Präsident geworden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour