Kommentar Reisefreiheit Kuba: Die Willkür bleibt
Die kubanische PR hat gute Arbeit geleistet. Denn die neuen Reiseregeln für die KubanerInnen haben mit „Reisefreiheit“ nichts zu tun.
E s ist eine beeindruckende Medienshow, die der kubanische Staat mit der Verabschiedung neuer Migrationsregelungen veranstaltet. Offenbar setzt die kubanische PR-Abteilung darauf, dass sich im Ausland niemand die in der Gaceta Oficial, dem kubanischen Amtsblatt, veröffentlichten neuen Gesetze wirklich ansieht. „Reisefreiheit für KubanerInnen“ soll die Schlagzeile lauten – das klingt schön, stimmt nur leider nicht.
Denn wirklich neu ist eigentlich nur, dass für eine Ausreise die Notwendigkeit wegfällt, ein Einladungsschreiben vorzulegen und die Einzelgenehmigung zu beantragen. Das heißt: Für jene, die schon bislang reisen dürfen, wird es leichter. Die Vorschriften darüber aber, wie ein Pass zu beantragen sei, und vor allem, wem der aus welchen Gründen verweigert werden darf, machen deutlich: Der kubanische Staat gibt hier gar nichts aus der Hand, schon gar nicht die Kontrolle über seine Bürger.
Dass dem so ist, steht sogar in der Präambel der neuen Gesetze, in denen Staatschef Raúl Castro von der Notwendigkeit schreibt, die Abwanderung qualifizierter Arbeitskräfte zu verhindern.
ist Redakteur im Auslandsressort der taz.
Es ist gerade dieses Denken, was die permanente Entmündigung der KubanerInnen durch den eigenen Staat verdeutlicht. Nicht die KubanerInnen selbst dürfen entscheiden, wann sie reisen wollen – der Staat entscheidet, wen er gehen lässt. Daran ändert sich nichts, und die Berufung auf ein nicht näher zu begründendes „öffentliches Interesse“, mit dem die Ausstellung eines Passes oder die tatsächliche Ausreise verweigert werden kann, lässt vermuten, dass die Willkür gegenüber missliebigen Personen bleiben wird.
So hat auch die lange erwartete neue Ausreiseregelung mehr Symbolik als Inhalt – wie so viele Reformen der letzten Jahre unter Raúl Castro.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alkoholpreise in Deutschland
Das Geschäft mit dem Tod
Experten kritisieren Christian Lindner
„Dieser Vorschlag ist ein ungedeckter Scheck“
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala
Regierungskrise der Ampel
Schmeißt Lindner hin oder Scholz ihn raus?
Soziologe über Stadt-Land-Gegensatz
„Die ländlichen Räume sind nicht abgehängt“
Grundsatzpapier von Christian Lindner
Eine gefährliche Attacke