piwik no script img

Kommentar PalästinaEs wird neue Kriege geben

Andreas Zumach
Kommentar von Andreas Zumach

Die neue Initiative des Nahostquartetts ist eine Totgeburt und das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben steht. Die Gefährdung Israels wird nur noch größer.

D er UNO-Sicherheitsrat wird die Entscheidung über den Antrag auf die Anerkennung und UN- Mitgliedschaft des Staates Palästina für viele Monate verschieben. Hauptverantwortlich für diese fatalen und historisch tragischen Beschluss sind die Vetomacht USA und das nichtständige Ratsmitglied Deutschland. Hauptprofiteure dieses Beschlusses sind - zumindest kurzfristig - die Regierung Netanjahu und die Hamas. Beide wollen keinen Palästinenserstaat und keine Friedensregelung.

Zur Begründung für die Verschiebung der Entscheidung im Sicherheitsrat heißt es: Washington und Berlin wolle der neuen Initiative des Nahostquartetts für die "bedingungslose" Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern eine Chance geben. Tatsächlich rückt dieser Beschluss Friedensverhandlungen in immer weitere Ferne und programmiert die Eskalation von Gewalt und Terrorismus im Nahen Osten bis hin zu einem möglichen neuen israelisch-arabischen Krieg. Die Gefährdung für Israel wird durch diesen Beschluss größer.

Die neue Initiative des Nahostquartetts ist eine Totgeburt und das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben steht. Da das Quartett seine bisherigen Forderungen nach einem Stopp des illegalen Siedlungsbaus in den besetzten Gebieten sowie nach einer Zweistaatenlösung in den Vorkriegsgrenzen von 1967 ebenfalls aufgrund des Drucks von USA und Deutschland fallengelassen hat, blieb Abbas nichts anderes übrig, als diese Initiative abzulehnen.

Bild: kristin flory
Andreas Zumach

ist UN-Korrespondent der taz. Er arbeitet und lebt in Genf, Schweiz.

Viele Politiker und Medienkommentatoren qualifizieren diese beiden Forderungen nun ebenfalls als "inakzeptable palästinensische Vorbedingungen" ab und verurteilen Abbas sowie den israelischen Premier Netanjahu nach ihren Reden vor der UNO-Generalversammlung gleichermaßen als "kompromissunfähig". Eine Verdrehung der Tatsachen.

Israels Bau von Siedlungen in den 1967 besetzen Gebieten ist ein in zahlreichen UNO-Resolutionen festgestellter und verurteilter Bruch des Völkerrechts. Abbas Forderung, vor Verhandlungen wenigstens den Bau von weiteren Siedlungen zu stoppen, ist daher nur recht und billig. Auch das Bestehen auf einer Zweistaatenlösung in den Vorkriegsgrenzen von 1967 entspricht der geltenden Völkerrechtslage. Wenn Abbas diese wesentlichen Forderungen aufgibt, ist er politisch tot. Und es wird sich kein Nachfolger als palästinensischer Verhandlungspartner finden, der in diesen Punkten "kompromissbereiter" wäre.

Hingegen ist Netanjahus Forderung nach fortgesetzter Präsenz israelischen Militärs auch in einem künftigen Staat Palästina völkerrechtlich und politisch völlig inakzeptabel.

Die hinter dieser Forderung stehenden verständlichen Sicherheitsinteressen Israel ließen sich allerdings befriedigen, wenn eine US-geführte Friedenstruppe der UNO entlang der künftigen Grenze zwischen Israel und Palästina stationiert würde. Unter dieser Bedingung wäre auch von den Palästinensern zu verlangen, dass sie auf die Aufstellung eigener Streitkräfte verzichten.

Mit seiner zweiten Vorbedingung für eine Friedensvereinbarung, die Palästinenser müssten zunächst den "jüdischen Staat Israel" anerkennen, kann sich Netanjahu zwar auf den Wortlaut der UNO-Resolution berufen, mit der die Generalversammlung 1947 die Aufteilung des britischen Mandatsgebiets Palästina in einen "jüdischen Staat "und einen "arabischen Staat" beschloss. Die religiöse Identitätsbehauptung eines Staates - egal ob jüdisch, islamisch oder christlich - ist jedoch politisch und auch rechtlich grundsätzlich problematisch und dient fast immer als Instrument zur Diskriminierung von religiösen Minderheiten.

Je länger die israelische Regierung die Realisierung einer Zweistaatenlösung in den Vorkriegsgrenzen von 1967 verhindert, desto stärker werden die Kräfte unter den Palästinensern sowie in den arabischen Staaten, die entweder für zwei Staaten in den Grenzen der UNO-Resolution von 1947 plädieren oder für einen gemeinsamen Staat. Das bedeutete entweder einen rein "jüdischer Staat Israel" auf einem Territorium weit kleiner als das derzeitige Kernisrael. Oder aber ein gemeinsamer Staat, in dem die Juden auf Grund der demografischen Entwicklung sehr bald zu einer immer kleineren Minderheit würden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Andreas Zumach
Autor
Journalist und Buchautor, Experte für internationale Beziehungen und Konflikte. Von 1988-2020 UNO- und Schweizkorrespondent der taz mit Sitz in Genf und freier Korrespondent für andere Printmedien, Rundfunk-und Fernsehanstalten in Deutschland, Schweiz,Österreich, USA und Großbritannien; zudem tätig als Vortragsreferent, Diskutant und Moderator zu zahlreichen Themen der internationalen Politik, insbesondere:UNO, Menschenrechte, Rüstung und Abrüstung, Kriege, Nahost, Ressourcenkonflikte (Energie, Wasser, Nahrung), Afghanistan... BÜCHER: Reform oder Blockade-welche Zukunft hat die UNO? (2021); Globales Chaos-Machtlose UNO-ist die Weltorganisation überflüssig geworden? (2015), Die kommenden Kriege (2005), Irak-Chronik eines gewollten Krieges (2003); Vereinte Nationen (1995) AUSZEICHNUNGEN: 2009: Göttinger Friedenspreis 2004:Kant-Weltbürgerpreis, Freiburg 1997:Goldpreis "Excellenz im Journalismus" des Verbandes der UNO-KorrespondentInnen in New York (UNCA) für DLF-Radiofeature "UNO: Reform oder Kollaps" geb. 1954 in Köln, nach zweijährigem Zivildienst in den USA 1975-1979 Studium der Sozialarbeit, Volkswirtschaft und Journalismus in Köln; 1979-81 Redakteur bei der 1978 parallel zur taz gegründeten Westberliner Zeitung "Die Neue"; 1981-87 Referent bei der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste, verantwortlich für die Organisation der Bonner Friedensdemonstrationen 1981 ff.; Sprecher des Bonner Koordinationsausschuss der bundesweiten Friedensbewegung.
Mehr zum Thema

14 Kommentare

 / 
  • C
    Christine

    Ich bin es nun wirklich leid, immer das Selbe Geleier zu hören. Waren es nicht immer die arab. Bruderstaaten die einen palästinensischen Staat verhinderten. Unter anderem Aufgrund eigener territorialer Interessen. Ließen die Angriffe der arab. Staaten den Israelis einen anderen Ausweg als sich Grenzen anzueignen, die sie auch sichern können. Machten die Palästinenser und die arab. Staaten jemals einen Hehl daraus, dass es ihnen um die Vernichtung des jüdischen Volkes geht. Die Palästinenser haben nur einen Feind, dass sind ihre arab. Brüder, die sie geschickt beim Pockerspiel um Macht und Vormacht einsetzen. Wären diese nicht, würde es wahrscheinlich längst 2 Staaten geben. Voraussetzung wäre schon mal zumindest, dass man die Juden nicht einfach vernichten will. Der Judenhass im arab. Raum existiert nicht erst seit der Gründung von Israel. Erwähnt sei hier nur das Massaker von Hebron 1929. Wer Tatsachen verschweigt und in die Lösungen nicht einbezieht, ist an Lösungen nicht interessiert, sondern macht nur mit beim Pokerspiel der Politik. Wer nur über vetriebene und getötete Palästinenser berichtet und nicht auch die vertriebenen und getöteten Juden aus arab. Staaten erwähnt, zeigt, dass er nicht informieren sondern manipulieren will.

  • V
    vic

    Tatsache ist, Israel schert sich nicht um Völkerrecht und solchen Kram. Aus Prinzip nicht.

    Die USA und damit Deutschland stehen daneben und applauieren.

     

    @ Checker

    Du checkst es nicht. Es gibt keine Gefahr durch Araber in Deutschland, wohl aber durch Nazis.

  • M
    mula

    @Stefan: das was Sie so schreiben, rechtfertigt den israelischen Faschismus.

  • A
    Amplexor

    Die Palestinenser sollen auf Militär verzichten während Israel inoffiziell sogar Kernwaffen hat?! Wer glaubt das ein solcher Zustand zu Stabilität uns Frieden führt ist weltfremd.

  • S
    Stefan

    Immer wieder die "Vorkriegsgrenzen vor 1967"...

    Das Ewige Mantra der "Israelkritiker". Die Forderungen nach einem Palästina in den Grenzen vor 1967 sind bereits erfüllt. Es gab nämlich NIE ein solches.

    Geschichtsnachhilfe: 1.) Der zweite Weltkrieg fing NICHT mit der Vertreibung der Deutschen aus den Ostgebieten an, auch nicht mit der Bombadierung deutscher Städte. 2.) Der Nahostkonflikt begann NICHT 1967 mit der Einnahme der Westbank.

    Diese ist den Israelis zugefallen, nachdem sie sich mehrmals gegen ihre Vernichtung wehren konnten.

    Da der Autor und andere "Israel-Kritiker" nicht müde werden zu betonen, dass dies gegen das Völkerrecht wäre, jedoch die vorangegangenen arabischen Vernichtungsversuchen NIE erwähnt werden, können wir davon ausgehen, dass diese auf Zustimmung stoßen.

    Wie Kishon schon schrieb: Entschuldigung, wir haben gewonnen.

    Also: Den Staat Israel vernichten zu wollen ist kein Völkerrecht, Juden töten zu wollen ist kein Menschenrecht!

  • N
    Nassauer

    # werauchimmer:

     

    Sie haben vom Judentum keinen Dunst, oder?

  • R
    Richterlich

    Interessante Analyse der Situation! Leider kam die Hamas dabei nicht vor! Was denkt der Autor wird die Hamas wohl tun, wenn sie freien Zugang zu Ostisrael hat? Israel wird vorgeworfen ein Palaestina nicht zu akzeptieren, dasss die Hamas die Vernichtung Israels anstrebt, scheint ihrer Meinung den Friedensprozess anscheinend nicht zu behindern? Wuerden Sie Radikale in ihren Vorgarten leben lassen?

  • W
    werauchimmer

    Und wie soll das mit der UN-Truppe dann funktionieren? Greift die dann auch ein wenn Ägypten oder Jordanien Palästina angreifen? Ansonsten werden die Palästinenser sich wohl kaum auf einen Verzicht auf eigene Streitkräfte einlassen.

     

     

    "Oder aber ein gemeinsamer Staat, in dem die Juden auf Grund der demografischen Entwicklung sehr bald zu einer immer kleineren Minderheit würden."

     

    Wie soll eine Religionsgemeinschaft durch demografische Entwicklungen zur Minderheit werden? Religion wird nicht über Gene weitergegeben.

  • AK
    Albert Klein

    Das Zeitfenster, in dem die Möglichkeit einen gerechten Frieden auszuhandeln gegeben ist, schließt sich zu Israels Ungunsten immer mehr. Die Politik der Israelis ist kurzsichtig und dumm. Ich fürchte langfristig werden sie schrecklichen Folgen ihrer zwar verständlichen aber zutiefst ungerechten Politik zu tragen haben.

  • S
    Slobo

    Sehr guter Artikel zum größten Affentheater der Gegenwart! Es ist wirklich kaum zu begreifen...

  • MB
    Michael Bechtel

    Andreas Zumach hat ja recht, aber er schreibt ein so gausig schludriges Deutsch ...

  • T
    Tim

    Eine US-geführte UNO-Mission? Dafür müssten die USA erstmal die Führung im Friedensprozess übernehmen (und das nicht den Konfliktparteien überlassen).

    Das dürfte aber für die nächsten wenigstens fünf Jahre außer Frage stehen. Bis November 2012 ist Wahlkampf - wahrlich nicht die Zeit für Militäraktionen, die in den Augen der Wähler nicht deutlich zeigen, dass sie amerikanischen Interessen dienen. Danach wird sich der neue republikanische Präsident wie viele vor ihm hüten, sich in den Nahostkonflikt einzumischen, umso mehr falls er eine isolationistische Agenda haben sollte (Ron Paul).

  • A
    amantee

    Vielen Dank für diese endlich mal ehrliche Sicht. Man fühlt sich manchmal derart verhöhnt von Politik, Medien und der glaubenden Bevölkerung, dass es einen schämt, deutsch zu sein.

     

    Nun sind wir aufgrund unserer Führung mitverantwortlich für das kommende Elend --- wenn Radikalität auch uns betrifft, dann wird gejammert. Diese Uneinsichtigkeit in die Zusammenhänge macht traurig und wütend.

  • C
    Checker

    Wenn es Linksgrün argumentativ in den Kram passt,

    wird der demographische Terror der Araber/Moselems gegen den Westen/Israel nicht bestritten, so wie in diesem Kommentar.

    Wenn man auf die demographische Gefahr durch die Araber

    bzw. Moselms in Europa, mit all seinen fatalen Folgen,

    aufmerksam macht, wird man als Nazi verunglimpft.

    Das passt irgendwie nicht zusammen.