Kommentar Iran und Lateinamerika: Der Feind meines Feindes
Ahmadinedschad und die linken Regierungen Lateinamerikas eint nur der Antiimperialismus. Aber der Iran hat klare Interessen.
E s ist schon eine skurrile Allianz, die der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad auf seiner Lateinamerikareise durch Venezuela, Kuba, Nicaragua und Ecuador demonstrierte. Denn mit der islamischen Theokratie Iran eint die Linksregierungen ausschließlich die gemeinsame Gegnerschaft zu den USA und hohle antiimperialistische Rhetorik.
Um etwas zu erreichen, müsste Iran seinen zahlreichen Versprechungen Taten folgen lassen. Ecuador etwa hat von den schon vor Zeiten angekündigten iranischen Investitionen in Höhe von 188 Millionen US-Dollar praktisch nichts gesehen. Nicaragua wartet auf die versprochenen 350 Millionen US-Dollar für einen neuen Hafen.
Sicher ist: Iran hat ein Interesse an Rohstoffen dieser Länder. Sowohl in Venezuela als auch in Ecuador ist von einem möglichen Uranabbau durch Iran die Rede. Und beide Länder ziehen mit Iran in der Opec an einem Strang, um die Ölpreise hoch zu halten.
Hier hören die gemeinsamen Interessen jenseits der Feindschaft zu den USA aber schon auf - und diese Feindschaft ist darüber hinaus durchaus unterschiedlich. Während Lateinamerika den USA derzeit außenpolitisch herzlich egal ist, bestimmt der Konflikt mit Iran Washingtons Agenda. Es liegt also vor allem im Interesse Ahmadinedschads, irgendwo auf der Welt Freunde zu finden. Dass dabei gerade Lateinamerika ins Visier der iranischen Führung gerät, ist kein Zufall: Die in allen Ländern historisch gewachsene Abneigung gegen den Hegemon aus dem Norden scheint ein bereitetes Feld für die Avancen Teherans zu sein.
Seit ein paar Monaten ist etwa Hispan TV am Start, ein überall in Lateinamerika per Satellit zu empfangendes spanischsprachiges Vollprogramm - produziert in Teheran. Lateinamerika hat eine Geschichte falscher Propheten; derzeit schreibt Iran hierzu ein neues Kapitel.
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