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Kommentar Iran und LateinamerikaDer Feind meines Feindes

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Ahmadinedschad und die linken Regierungen Lateinamerikas eint nur der Antiimperialismus. Aber der Iran hat klare Interessen.

E s ist schon eine skurrile Allianz, die der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad auf seiner Lateinamerikareise durch Venezuela, Kuba, Nicaragua und Ecuador demonstrierte. Denn mit der islamischen Theokratie Iran eint die Linksregierungen ausschließlich die gemeinsame Gegnerschaft zu den USA und hohle antiimperialistische Rhetorik.

Um etwas zu erreichen, müsste Iran seinen zahlreichen Versprechungen Taten folgen lassen. Ecuador etwa hat von den schon vor Zeiten angekündigten iranischen Investitionen in Höhe von 188 Millionen US-Dollar praktisch nichts gesehen. Nicaragua wartet auf die versprochenen 350 Millionen US-Dollar für einen neuen Hafen.

Sicher ist: Iran hat ein Interesse an Rohstoffen dieser Länder. Sowohl in Venezuela als auch in Ecuador ist von einem möglichen Uranabbau durch Iran die Rede. Und beide Länder ziehen mit Iran in der Opec an einem Strang, um die Ölpreise hoch zu halten.

Bild: taz
BERND PICKERT

ist Redakteur im Auslandsressort der taz und zuständig für die Amerika-Berichterstattung.

Hier hören die gemeinsamen Interessen jenseits der Feindschaft zu den USA aber schon auf - und diese Feindschaft ist darüber hinaus durchaus unterschiedlich. Während Lateinamerika den USA derzeit außenpolitisch herzlich egal ist, bestimmt der Konflikt mit Iran Washingtons Agenda. Es liegt also vor allem im Interesse Ahmadinedschads, irgendwo auf der Welt Freunde zu finden. Dass dabei gerade Lateinamerika ins Visier der iranischen Führung gerät, ist kein Zufall: Die in allen Ländern historisch gewachsene Abneigung gegen den Hegemon aus dem Norden scheint ein bereitetes Feld für die Avancen Teherans zu sein.

Seit ein paar Monaten ist etwa Hispan TV am Start, ein überall in Lateinamerika per Satellit zu empfangendes spanischsprachiges Vollprogramm - produziert in Teheran. Lateinamerika hat eine Geschichte falscher Propheten; derzeit schreibt Iran hierzu ein neues Kapitel.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

10 Kommentare

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  • H
    HaJo

    Prima Artikel!

    Speziell linken Regierungen sollten nicht mit dem Iran zusammenarbeiten wenn sie es ernst meinen.

    Ein Land in dem die Frauenrechte, und nicht nur die derart mit Fuessen getreten werden ist völlig abzulehnen.

  • AS
    Abu Sharif

    Druckfehler! Die Regierung Nicaraguas wurde unter "linke Regierungen" eingereiht.

  • S
    Stefan

    Wer sich mit den Klerikal-Nazis aus Tehran einlässt, der outet sich aber deutlich! Bei der "Feind meines Feindes"-Theorie vergessen die meisten Menschen leider, warum sie denn mit jemanden verfeindet ist. Wer sich von den USA in seinen Freiheiten beschränkt sieht, der sollte sich nicht aus Trotz mit diesen Menschen-Feinden aus dem Iran einlassen.

    Wenn ich als Rock-Fan den DJ Ötzi nicht mag, dann gehe ich doch nicht aus Trotz mit Karl Moik ins Bett, oder?

  • T
    Tomate

    @Susan:

     

    Ich achte Ihren persönlichen Hintergrund, und man muss Ihrer Kritik durchaus stattgeben. Bei dem einen Teil der linken gibt es hier einen grenzenlos naiven Solidarisierungstrieb, während sich ein anderer Teil in solchen Fällen beständig von der Schurkenstaat-Rhetorik der Amerikaner über den Tisch ziehen lässt.

     

    Allerdings ist es in der Weltpolitik leider immer zu beobachten, dass sich die stärkeren Schurken grundsätzlich keine Musterstaaten, sondern einen anderen, schwächeren Schurken raussuchen, um ihn zu überfallen und niederzumachen. Und hinterher erklärt sich der siegreiche Schurke zum Kämpfer für die Demokratie und gegen den Terrorismus. Die Bomben werden aber weder auf Milosevic, noch auf Gaddafi, noch auf Ahmadinedjad geworfen - sondern - verzeihen Sie mir - letztlich auf Leute wie Sie! Und was nach so einem Krieg kommt, ist mit fast völliger Sicherheit noch schlimmer und verzweifelter, egal, wer "gewinnt".

     

    Zum einen ist ja bekannt, wie sich die USA ihre eigenen Schurkenstaaten produziert: entweder unterstützt man irgendein Mordregime von Anfang an (wie im Iran etwa das Shah-Regime), oder man bekämpft feindliche Staaten jahre- und jahrzehntelang mit Sanktionen (-> stürzen die Bevölkerung ins Elend und generieren Unzufriedenheit -> das Regime wird von selbst unterdrückerisch, um sich an der Macht zu halten: z. B. Kuba). Oder man baut über lange Jahre eine militärische Drohkulisse auf, inklusive Staatsterrorismus (Mordanschläge auf iranische Atomwissenschaftler), so dass sich die Bevölkerung unter der Flagge des Nationalismus hinter dem Regime sammelt. Im Falle des Iran haben die USA und Israel beides getan.

     

    Vor etwa zehn Jahren war, wenn ich mich recht erinnere, ein politisches Tauwetter im Iran, von dem man nicht weiß, zu welchen positiven Entwicklungen es weiter hätte führen können - wenn die USA dann nicht den Irak erobert und sich aggressiv drohend vor der iranischen Grenze positioniert hätten.

     

    Es fehlt hier noch ein "zum anderen": seit dem Beginn der "Antiterror-Kriege" gab es noch kein Land, das von den USA besiegt wurde und dessen Bevölkerung dann in irgendeiner Weise davon profitiert hätte. Sehen wir uns das heutige Afghanisten an; den heutigen Iran; und Lybien ist auch schon ein fast sicherer Absturzkandidat. In all diesen Fällen (selbst in Afghanistan!) zeigt sich heute, dass es besser gewesen wäre, keinen Krieg zu beginnen (diese völkerrechtlichen und humanitären Katastrophen), sondern diese Unrechtsregime zu tolerieren und der natürlichen politisch-gesellschaftlichen Entwicklung dieser Staaten ihren Lauf zu lassen.

     

    Aber ich gebe Ihnen Recht: das iranische Regime jetzt wegen seines Widerstandes gegen den US-Imperialismus zu heroisieren, wäre töricht. Es ist leider nur so, dass sie im Augenblick die größten Hoffnungsträger dafür sind, dass sich die noch größeren Verbrecher im Weltgeschehen eine blutige Nase holen und von ihrem furchtbaren Treiben endlich ablassen. Dann wird es langfristig auch weniger Diktaturen geben.

     

    Ich wünsche Ihnen und ihrer Familie, dass Sie den kommenden Krieg unbeschadet überstehen! Grüße aus Deutschland.

  • S
    Susan

    Danke für den Artikel.

    Denn seit Jahren befurchte ich - eine Iranerin und eine alte Linke - daß fortschritliche Menschen in Europa von Grundsatz "der Feind meines feindes ist mein Freund", die leeren Sprüche eines Ahmadinedjads

    ernst nehmen. Leider zu oft findet man so einen Tendez in den Artikel über Iran. Ein kaputes Land kann niemandem Widerstand leisten.

    mit Grüssen aus Tehran

  • V
    vic

    Kuba verbindet mit Iran ein von den USA angeordnetes Embargo, unter dem vor allem die Zivilbevölkerung zu leiden hat.

    Und Südamerika wird der mächtige Noeden irgenwann vor dem Frühstück übernehmen.

    Ich sehe also keinen Grund gegen ein wenig Zusammenarbeit.

  • DP
    Daniel Preissler

    "...bestimmt der Konflikt mit Iran Washingtons Agenda."

    Oder: Washingtons Agenda schafft den Konflikt mit Iran.

    stimmt beides irgendwie...

     

    "Außenpolitisch egal": Die Amerikaner waren schon extrem beleidigt, dass das Land, aus dem sie ihr Öl beziehen (Venezuela) eine strukturelle linke (oder zumindest anti-rechte und USA-kritische) Mehrheit hat.

  • T
    Tomate

    Lieber Herr Pickert, mal ganz ehrlich: so einen seichten und tendenziösen Meinungsartikel habe ich in der taz schon lange nicht mehr gelesen.

     

    Ich kriege Ihre Aussagen kürzer hin:

     

    1) Iran verbündet sich mit den anderen Gegnern der USA (so eine Überraschung! Böser, heuchlerischer Iran!);

    2) Iran ist voll doof, Fidel Castro und Che Guevara auch ("falsche Propheten").

     

    Klasse Niveau! Herzlichen Glückwunsch, dass man Sie in der taz schreiben lässt.

  • MH
    Martin Huber

    Nein, in Ecuador ist von einem Abbau der gar nicht erst vorhandenen Uranvorkommen bestimmt nicht die Rede. Eine Analyse auf dem Niveau von Ileana Ros-Lehtinen. Das ist peinlich.

  • J
    Jose

    eine gründliche Anaylse um die ignoranten lateinamerikaner darüber aufzuklären, mit wem sie gemeinsame sache machen müssen. der iran als falscher prophet...darauf muss man erstaml kommen! morgen kaufen wir wieder eine turbine bei siemens ok?