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Kommentar Homophobie in RusslandSotschi oder nie

Kommentar von Barbara Oertel

Der russische Sportminister schließt Sonderregelung für „Homosexuellenparagraphen“ für die Winterspiele 2014 kategorisch aus. Boykott ist aber keine Lösung.

Protest vor dem russischen Konsulat in New York. Homolympia! Bild: AP

H omosexuelle Athleten sollten im kommenden Februar lieber nicht Händchen haltend durch Sotschi laufen. Dann könnten für sie die Olympischen Winterspiele vorfristig beendet sein.

Genau das bedeutet die Ankündigung des russischen Sportministers Witali Mutko, das neue Gesetz gegen „Homo-Propaganda“ auch bei diesem sportlichen Großereignis anwenden zu wollen. Damit wird einmal mehr aller Welt eindrücklich vor Augen geführt, wie in Russland mit sexuellen Minderheiten umgegangen wird. Und dieser Umgang ist menschenverachtend.

Homosexuelle werden erniedrigt, gedemütigt und von der Gesellschaft ausgegrenzt. Sie werden als krank und abartig angesehen. Sie sind Menschen dritter Klasse, die selbst ernannte Hüter der Moral ganz nach Belieben quälen und manchmal sogar töten – und das in der Regel auch noch ungestraft. Denn anstatt die Täter zur Verantwortung zu ziehen, kriminalisiert der Staat Homosexuelle auch noch per Gesetz, was vorhandene Ressentiments weiter befeuert.

Wer angesichts dieser schwersten Menschenrechtsverletzungen einen Boykott der Spiele fordert, ist allerdings auf dem Holzweg. Präsident Wladimir Putin interessiert sich schon längst nicht mehr dafür, dass das Ausland seinen autoritären Regierungsstil kritisiert.

Auch die Annahme, die russische Führung könne Sotschi für sich instrumentalisieren, ist falsch. Oder hat sich vielleicht das Image der Ukraine nach der Ausrichtung der Fußballeuropameisterschaft 2012 nachhaltig verbessert?

Deshalb muss es jetzt darum gehen, Sotschi als Bühne zu nutzen. Gefragt wären nicht nur Sporttouristen, sondern vor allem AthletInnen, ihre Funktionäre, die Offiziellen, die Vertreter, die SportjournalistInnen. Sie genießen besonderen Schutz während der Wettkämpfe. Sie sollten ihn nutzen.

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Ressortleiterin Ausland
Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.
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21 Kommentare

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  • Leute, bei Olympia gehts um Sport. Ich finde es sehr traurig, dass es auch im 21. Jhd noch Leute und Staaten gibt, die Europa für das Zentrum der Welt halten und fest davon überzeugt sind, alle Welt müsse nach europäischer Pfeife tanzen. Ganz wie zu Zeiten des Kolonialismus: Der weisse Mann bringt den ''Wilden'' bei, wie sie zu leben haben.

     

     

     

    Olympia ist traditionellerweise ein internationales Treffen, wo Austausch und Bekanntschaften mit Menschen aus aller Welt im Zentrum stehen. Gerade an einem solchen Fest muss man akzeptieren, dass man nicht mehr im eigenen Dorf ist, dass die Menschen und Kulturen weltweit verschieden sind.

     

     

     

    Hier ist Toleranz gefragt! Jeder muss sich an die Regeln des Gastlandes halten und nicht einfach verlangen, es habe gefälligst alles so zu sein wie bei ihm zuhause.

  • I. Leider haben Sie offensichtlich das Demokratieprinzip nicht verstanden.

     

     

     

    Demokratie bedeutet gerade nicht Unterdrückung von Minderheiten durch die Mehrheit mittels Gesetz, sondern Demokratie setzt begriffsnotwendig die Möglichkeit von (jeglichen) Minderheiten voraus, am politischen Meinungsbildungsprozess zu partizipieren, d.h. ihre Anliegen und Forderung in den politischen Prozess mit Aussicht auf Erfolg, d.h. in Umsetzung entsprechender Gesetze, einzubringen.

     

     

     

    Demokratie beschreibt ein Verfahren, das gerade Minderheiten erlaubt, ungehindert ihre Meinungen zu formulieren und in ihrem Sinne prinzipiell Einfluss auf die Gesetzgebung zu nehmen.

     

     

     

    Nur solche Meinungen sollen ausscheiden, die schlechthin sozialschädlich sind, z.B. Volksverhetzung u.ä.

     

     

     

    Gerade dieses grundlegende demokratische Recht wird homosexuellen Menschen durch die russsische Gesetzgebung verwehrt. Es ist untersagt, über die leider weiterhin verbreitete massive Ungleichbehandlung und Verfolgung Homosexueller zu sprechen, da das Spechen über Homosexualität, es sei denn, es erfolgt in negativer Form, strafrechtlich sanktioniert ist und als "Propaganda" etikettiert wird..

  • Ich finde es schade, dass die Taz zwar mittlerweile zu einer kritischen Berichterstattung ueber Sochi 2014 und die fehlende Verpflichtung des russischen Staates gegenueber den allgemeinen Menschenrechten gefunden hat, dabei aber immer noch die Tscherkessen als die primaeren Opfer von Olypmia 2013 in ihrer Berichterstattung aussen vor laesst und diesbezuegliche Kampagnen ignoriert. Ich hoffe sehr, das wird baeldigst nachgeholt.

  • Leute, bei Olympia gehts um Sport. Ich finde es sehr traurig, dass es auch im 21. Jhd noch Leute und Staaten gibt, die Europa für das Zentrum der Welt halten und fest davon überzeugt sind, alle Welt müsse nach europäischer Pfeife tanzen. Ganz wie zu Zeiten des Kolonialismus: Der weisse Mann bringt den ''Wilden'' bei, wie sie zu leben haben.

     

     

     

    Olympia ist traditionellerweise ein internationales Treffen, wo Austausch und Bekanntschaften mit Menschen aus aller Welt im Zentrum stehen. Gerade an einem solchen Fest muss man akzeptieren, dass man nicht mehr im eigenen Dorf ist, dass die Menschen und Kulturen weltweit verschieden sind.

     

     

     

    Hier ist Toleranz gefragt! Jeder muss sich an die Regeln des Gastlandes halten und nicht einfach verlangen, es habe gefälligst alles so zu sein wie bei ihm zuhause.

    • H
      Hans
      @Benz:

      Ich stimme zu, der olypische Gedanke ist der Gedanke der Toleranz.

       

       

       

      Die Olympischen Spiele 1936 von Berlin waren auch ein voller Erfolg. Und die Besucher haben Deutschland damals auch viel Toleranz entgegengebracht.

       

       

       

      Weiter so, für mehr Toleranz.

  • R
    Roman

    Es ist sehr primitiv die sexuelle Orientierung zu klassifizieren. In der antiken Welt von Rom spielte die Unterscheidung zwischen schwul, lesbisch, bisexuell etc. bei sexuellen Orientierung keine Rolle. Die Römer hatten Sex mit wem sie wollten und niemand kam auf die Idee daraus eine große Geschichte zu machen.. Schade, dass sich einige Menschen selbst züchtigen, denn die Wahrheit ist, dass der Mensch aus wissenschaftlicher Sicht bisexuell ist.

    • @Roman:

      @Roman

       

      ''Es ist sehr primitiv die sexuelle Orientierung zu klassifizieren.''

       

       

       

      Sagen Sie das mal den Schwulen, für die die sexuelle Orientierung Grundlage des ganzen Lebens ist, die darauf Lifestyle und politische Ansichten aufbauen und Sonderrechte für sich ableiten.

      • H
        Hans
        @Benz:

        Die meisten Homosexuellen, es gibt nämlich auch homosexuelle, die nicht "schwul" sind, wollen lediglich die selben Rechte wie alle anderen auch.

         

         

         

        Und es ist für die meisten Menschen doch relativ wichtig, wie sie sich selbst definieren. Hat was mit Erziehung und Gesellschaft zu tun.

         

         

         

        Ist Ihre sexuelle Orientierung nicht eine Grundlage Ihres Lebens? Ohne dabei asexuelle Menschen diskriminieren zu wollen.

  • A
    Arne

    Boykott wird hier diskutiert?

     

    Von mir aus. Ich wollte eh nicht in meinem Alter an den olympischen Winterspielen teilnehmen, zumal ich noch nie irgendetwas interessant fand an Wintersport.

     

     

     

    Ich frage mich, wieso das hier wieder einige entscheiden wollen, was andere machen werden. Ich gucke das sowieso nicht, weil es mich nicht interessiert. Den Boykott können alle leisten. Das wird die Einschaltzahlen senken und somit den Profit der Spiele auch. Desweiteren steht es jedem frei, die Sponsoren dieser Spiele zu boykottieren. Das kann jeder für sich selbst machen.

     

    Es sind dies lt. ARD:

     

    IOC Sponsoren: Coca-Cola, Atos, Dow Chemistry, GE General Electric, McDonald’s, Omega, Panasonic, Procter & Gamble, Samsung, Visa

     

    Nationale Olympia Partner: Adidas, Audi, Sparkasse (DSGV), Vattenfall.

     

    Coca-Cola trinke ich nicht. Bei McDoof gehe ich nicht essen und ein Sparkassenkonto oder eine Visacard habe ich ebensowenig wie einen Audi. Meine Turnschuhe trage ich bis zum Auseinanderfallen, weil die sowieso immer unter unmöglichen Bedingungen produiziert werden. Und mein Strom kommt auch nicht von Vattenfall.

     

    Liebe taz! Wenn Ihr wirklich da Aktion haben wollt, dann schreibt doch was über die Unternehmen dort und wie man Produkte von denen erkennt und sie dann nicht kauft.

    • @Arne:

      @Roman

       

      ''Es ist sehr primitiv die sexuelle Orientierung zu klassifizieren.''

       

       

       

      Sagen Sie das mal den Schwulen, für die die sexuelle Orientierung Grundlage des ganzen Lebens ist, die darauf Lifestyle und politische Ansichten aufbauen und Sonderrechte für sich ableiten.

    • H
      Hans
      @Arne:

      Glück, die meisten davon nutze ich eh nicht :)

       

       

       

      Aber ein guter und nachdenkenswerter Punkt.

  • HS
    Hari Seldon

    @ben:

     

     

     

    1. Russland ist eine unabhängige Staat, und hat Anspruch (sogar festgelegt in der UN-Charta) für eigene Gesetze, und besteht kein Zwang sich an den "Rest der Welt" (eigentlich nach einer Minderheit) zu richten.

     

     

     

    2. "Demokratie" als solches bedeutet Entscheidungshoheit der MEHRHEIT. Entscheidungshoheit von irgendwelcher Minderheit heisst DIKTATUR, egal wie die Minderheit heisst.

     

     

     

    3. Last but not least, die sexuelle Orientierung ist eine reine Privatsache. Der Exhibitionismus ist eigentlich strafbar.

    • @Hari Seldon:

      @Hari

       

      Völlig richtig. Der russische Entscheid, die Propaganda zu unterbinden, ist demokratisch gefallen und wird von 80-90% der Russen unterstützt.

       

      Auch völlig richtig ist, dass Sexualität reine Privatsache ist. Ich verstehe die Leute nicht, die ihre Sexualität auf die Strasse tragen und unbedingt anderen davon erzählen wollen, oder gar Werbung für bestimmte Sexpraktiken machen.

      • @Benz:

        Das Hinweisen auf die Menschenrechte Homosexueller ist keine "Propaganda"; Homosexuelle werden weltweit tagtäglich beleidigt, ausgegrenzt, verletzt und getötet. Das Aufzeigen dieser Missstände und das Zurwehrsetzen sind berechtigte und notwendige Anliegen in einer zivilen und freien Gesellschaft.

         

         

         

        Selbstverständlich ist die Sexualität Teil der Privatsphäre. Es sind aber gerade weltweit v.a. Politiker und Kirchen und Religionsgesellschaften, die die Sexualität zum Thema machen, indem sie Homosexuellen aufgrund ihrer sexuellen Orintierung Menschen- und Bürgerrechte absprechen.

         

         

         

        Ich verweise in diesem Zusammenhang bspw. auf die katholische Kirche, die 2002 ein Legitimationspapier verfasste, dass ausgeübte Homosexualität, d.h. homosexuelle Partnerschaft, als strafbares Unrecht einordnete.

         

         

         

        Solange es insbesonderen diese klerikalen Angriffe auf das Selbstbestimmungsrecht gibt, werden und müssen sich Homosexuelle wehren und daher auch zwangsläufig ihre Sexualität thematisieren.

         

         

         

        Ob einige Erscheinungsformen bspw. bei CSD-Demonstrationen diesem berechtigten Anliegen gerecht werden, sei dahin gestellt.

  • H
    Hans

    Ich denke nicht, dass wir die Autorin vorschlägt, Sotschi als Bühne zu nutzen viel ändert, siehe ESC in Baku. Zumal ich nicht glaube, das die IOC-Funktionäre da groß aufmucken werden. Denen ist doch das Geld wichtiger als alles andere. Was einzelne AthlethInnen tun verläuft dann in der internationalen Presse nach nem Tag im Sande, solange sie sich nicht medienwirksam einknasten lassen, was auch nicht geschehen wird.

     

     

     

    Ich halte auch den Boykott für ein deutlicheres Zeichen. Dieses Zeichen sollte auch gegenüber allen anderen Ländern gesetzt werden, die solch diskriminierende Gesetze haben. Wobei wirtschaftliche Sanktionen noch besser wären

     

     

     

    Mein Bedauern gilt dann der russischen bevölkerung, die dann halt weiter im selbstgewählten mittelalterlichen Saft schmort und den bedauernswerten LGBTQI-Menschen, die in solch einem Land leben müssen.

  • D
    dbs

    Die Zwischenzeit konnte die "taz" nützen, um sich von Vorurteilen zu befreien und endlich das Gesetz zu lesen, wovon sie berichtet. Denn: Verbote fürs Händchenhalten sind da nicht drin. Schwulendiskos in Moskau oder Sotschi laufen ohne jegliche Beanstandung, usw. usf.

     

    Aber ihr habt ja noch Zeit. Vielleicht ändert die nächste "taz"-Reise was? Zumal der für seine tiefe Einsicht in russische Geschäfte bekannte Reporter Donath da nicht mehr mitmischen wird?

    • H
      Hans
      @dbs:

      Ja, was das Gesetz sagt und wie es ausgelegt wird sind zwei paar Schuhe. Das Händchenhalten oder Küssen zweier Männer/Frauen in der Öffentlichkeit kann schon als Anlass für eine Verhaftung dienen.

       

       

       

      Hmm, und Vorurteile könnten bei den Handlungen der russischen regierung doch wirklich begründet sein.

      • @Hans:

        @DBS

         

        Völlig richtig, Sotschi hat genügend Schwulendiskos. Wer will, soll gehen und sich da verlustieren. Dagegen hat niemand etwas.

         

         

         

        Aber auch noch öffentlich kundzutun, wie toll Schwulsein sei und dafür Propaganda zu machen- das braucht es wirklich nicht.

         

         

         

        Im öffentlichen Raum braucht es etwas Rücksichtnahme auf die Mitbürger, dann kommen alle wunderbar aneinander vorbei.

      • @Hans:

        @DBS

         

        Völlig richtig, Sotschi hat genügend Schwulendiskos. Wer will, soll gehen und sich da verlustieren. Dagegen hat niemand etwas.

         

         

         

        Aber auch noch öffentlich kundzutun, wie toll Schwulsein sei und dafür Propaganda zu machen- das braucht es wirklich nicht.

         

         

         

        Im öffentlichen Raum braucht es etwas Rücksichtnahme auf die Mitbürger, dann kommen alle wunderbar aneinander vorbei.

  • B
    ben

    Diese Einschätzung halte ich für falsch.

     

    Boykott ist das einzige Richtige.

     

    Nicht, weil sich Putin vielleicht dafür interessiert oder nicht, sondern weil es ein internationales Zeichen des Respekts für Homosexuelle und vor allem an zukünftige Austragungsorte ist.

     

     

     

    Mit zu machen und die Spiele, wie auch immer das aussehen soll, als "Bühne" zu benutzen würde nur eins zeigen: nämlich dass Russland und alle anderen Länder so homophob sein können wie sie wollen, der Rest der Welt spielt ohne Konsequenzen trotzdem mit.

  • D
    D.J.

    "Deshalb muss es jetzt darum gehen, Sotschi als Bühne zu nutzen."

     

     

     

    O.K. Ich erinnere Sie aber auch vor Qatar 2022 noch einmal daran (da ist nicht nur die "Propaganda" strengstens verboten).