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Kommentar Gutachten der WirtschaftsweisenEin Schwenk zur Vernunft

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Die Wirtschaftsweisen lehnen Eurobonds nicht mehr grundsätzlich ab. Damit erkennen sie endlich an, dass es eine gemeinschaftliche Haftung im Euroraum geben muss.

S o schnell kann es gehen. Hatten die sogenannten Wirtschaftsweisen bisher jede gemeinschaftliche Haftung für europäische Staatsschulden entschieden abgelehnt, sind sie in ihrem neuen Gutachten auf einmal dafür. Zwar betonen sie, dass der von ihnen vorgeschlagene "Stabilisierungsfonds" etwas völlig anderes sei als die umstrittenen Eurobonds.

Doch faktisch handelt es sich um eine Variante davon, genauer gesagt um zeitlich und mengenmäßig begrenzte Eurobonds, deren Vergabe an strenge Bedingungen geknüpft ist. Damit sind die mehrheitlich konservativen Wissenschaftler in einer zentralen Frage auf den Kurs ihres linken Mitglieds Peter Bofinger eingeschwenkt.

Auch wenn die Bedingungen im Detail teilweise fragwürdig sein mögen, vollziehen die Wirtschaftsweisen mit ihrem Vorstoß insgesamt einen Schwenk in Richtung Vernunft. Sie erkennen damit an, dass die bisherigen Beschlüsse zur Stabilisierung des Euroraumes vermutlich nicht ausreichen.

Bild: taz
Malte Kreutzfeldt

ist Parlamentskorrespondent der taz.

Sie räumen ein, dass es zumindest in einem gewissen Umfang eine gemeinschaftliche Haftung für Schulden geben muss, wenn die Währung nicht auseinanderbrechen soll. Und sie präsentieren einen Vorschlag, der realistische Chancen auf eine Umsetzung hat.

Denn die Hauptkritik, dass eine gemeinschaftliche Haftung zu unbegrenzten Ausgaben führt, wird durch die Bedingungen entkräftet, zu denen eine Schuldenbremse und eine zweckgebundene Sondersteuer gehören. Und den Beschränkungen, die das Bundesverfassungsgericht aufgestellt hat, wird durch die zeitliche und mengenmäßige Begrenzung eines solchen Fonds Rechnung getragen.

Zwar hat Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Übergabe des Gutachtens sofort ablehnend auf den Vorschlag reagiert - die Reflexe gegen alles, was an Eurobonds erinnert, funktionieren. Aber ebenso wie die Wirtschaftsweisen wird sie ihre Meinung noch ändern. Denn auf Dauer lässt sich die Realität nicht ignorieren.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

1 Kommentar

 / 
  • V
    Volksverdummung

    "Sachverständige" Anstiftung zum Verfassungsbruch. "Schwenk zur Vernunft"?

     

    @Malte Kreuzfeldt

    Ich kaufe weder Ihnen noch diesen ISNM-Manipulatoren "diese NUMMER" ab!

    Haben sie nicht verstanden, was diese Lobbyisten unter dem Deckmäntelchen "sachverständige Wirtschaftsweise" als "Idee" vermarkten?

    Dann denkt die Kanzlerin -in diesem Punkt- offenbar weiter... :-I (!)

     

    Denn diese "Nummer" (Abzocke bei Bürger u. Bundesbank) bedeutet...

     

    Und jetzt lesen WIR noch einmal langsam, was diese GAUNER (!) da fordern:

    1. eine "teilweise Verpfändung der Währungsreserven"...

    2. "ein Aufschlag auf die Mehrwert- oder Einkommenssteuer, der nicht in den allgemeinen Haushalt fließt, sondern direkt dem Tilgungsfonds" zufliessen soll...

     

    Zu Punkt 1:

    Eine VERPFÄNDUNG oder ÜBEREIGNUNG deutscher WÄHRUNGSRESERVEN, es wurde über einen TRANSFER von Bundesbank-Goldreserven gesprochen, wurde erst am Freitag beim "G-20-Treffen" in Cannes von BUNDESBANKPRÄSIDENT Jens Weidmann unter Hinweis auf bestehende Verträge, Verpflichtungen, Gesetze und die VERFASSUNG mit aller Entschiedenheit abgelehnt...

     

    Wenn Sie, Herr Malte Kreuzfeldt, verharmlosend von "Währungsreserven" schreiben, dann verschleiern sie den Lesern, das damit die GOLDBESTÄNDE und GOLDFORDERUNGEN der Bundesbank gemeint sind!

    Die physisch hinterlegten GOLDRESERVEN sind INFLATIONSGESCHÜTZTE WÄHRUNGSRESERVEN. Sie stellen einen STABILITÄTSANKER für jede Währung und jeden souveränen Staat dar!

     

    Zu Punkt 2:

    Die INTERESSENVERTRETER, die nicht nur beim AWD u. im Auftrag der INSM, sondern auch als "Wirtschaftsweise" auftreten dürfen, plädieren dafür, dass die EURO-Staaten freiwillig auf SOUVERÄNITÄTSRECHTE Verzicht leisten!

    Denn mit der geforderten "ABTRETUNG von BESTEUERUNGSRECHTEN und den damit verbundenen STEUEREINNAHMEN" wäre eine TEILUNG der staatlichen SOUVERÄNITÄTSRECHTE verbunden!

     

    • Jede Regierung, die sich dazu bereit finden würde, hätte SOFORT (!) eine ORGANKLAGE am Hals!

    Denn auch der Bundestag müsste auf sein unteilbares HAUSHALTSRECHT Verzicht leisten, was er garantiert NICHT OHNE DRUCK, oder Notstands-PANIKMACHE machen wird! - WETTEN?

    .

    Liebe Freunde des OFFENEN, dummdreisten Verfassungsbruchs!

    Habt ihr nicht verstanden, dass hier ganz offen, unverblümt und "ohne Rot zu werden" von "sachverständigen Weisen" aus dem Lobbyistenland...

     

    (1.) ... eine UMSCHICHTUNG von SCHULDENLASTEN (faulen Krediten) propagiert wird, die den Bürgern eine DIREKTE RÜCKZAHLUNGSVERPFLICHTUNG auferlegt?

     

    (2.) ...die staatliche Finanzverwaltung für -mindestens- 25 Jahre zum "Gerichtsvollzieher und Schuldeneintreiber" der BANKEN avancieren soll, mit Hilfe einer exklusiven SCHULDENSTEUER?

     

    (3.) ...der Bundeshaushalt auf Jahrzehnte hinaus mit ...hunderten Milliarden EURO (!) weniger Steuereinnahmen auskommen soll? (2,3 Billionen /25 Jahre)=92 MRD. EURO pro Jahr; Zinslasten sind da gar nicht eingerechnet!

    • apropo: in Frankreich werden sich die Bürger gegen derlei übergriffige Begehrlichkeiten zu helfen wissen! WETTEN?

     

    (4.) ...Kindertagesstätten in Hessen bereits heute MANGELWARE sind, weil die STAATSKASSE -nach Aussage des Staatsministeriums- keine finanziellen Reserven dafür übrig hat?

     

    WER finanziert, löhnt und investiert in die Zukunft UNSERER KINDER, Ihr SONDERFONDS-SPEZIALISTEN und Vertreter des Verfassungsbruchs?

    .

    HESSE

    .