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Kommentar Flüchtlingspolitik EUDeutsch-französische Bigotterie

Jürgen Gottschlich
Kommentar von Jürgen Gottschlich

Die EU fordert mit ihren Grenzsicherungsplänen eine Politik, die für den Tod Tausender mitverantwortlich. Staat arabischen Staaten zu fehlen, macht sie genau das Gegenteil.

E uropa schottet sich weiter ab. Sollte der nun von der EU-Kommission vorgelegte Entwurf zur Grenzsicherung in den Schengen-Ländern und zu Frontex Gesetz werden, wäre das in mehrerer Hinsicht fatal. Zum einen verrät die Kommission ohne Not und nur aus Anbiederung an den europäischen Rechtspopulismus eine der größten Errungenschaften der EU. Zum anderen fördert sie eine Politik, die für den Tod Tausender Flüchtlinge zumindest mitverantwortlich ist.

Um hysterisch arabische Flüchtlinge abzuwehren, die man andererseits wohlfeil als Freiheitshelden bejubelt, opfert die Kommission die Reisefreiheit innerhalb Europas, also eine der wenigen für jeden Bürger spürbaren Errungenschaft der Union. Schlimmer noch: Statt arabischen Staaten wie dem postrevolutionären Tunesien zu helfen und vorübergehend junge Tunesier und schwarzafrikanische Flüchtlinge zuzulassen, macht sie genau das Gegenteil.

Frontex ist seit der Gründung 2005 die am schnellsten wachsende EU- Agentur. Musste sie aber bislang Hubschrauber oder Schiffe von den Mitgliedsstaaten anfordern, was nicht immer sofort möglich war, soll sie jetzt eigene Einsatzmittel bekommen. Zusätzlich zu den nationalen Grenzschutzorganen will die EU auf diese Weise noch einmal eine eigene, hochtechnisierte supranationale Grenztruppe schaffen.

Bild: taz
Jürgen Gottschlich

ist Türkei-Korrespondent der taz.

In diesem Jahr sind bislang mehr als 2.000 Flüchtlinge bei dem Versuch ertrunken, von Tunesien oder Libyen nach Italien oder Malta zu gelangen. Frontex ist die Antwort der großen EU-Staaten Deutschland und Frankreich auf die Klagen der Südstaaten, die vor allem mit dem "Flüchtlingsproblem" zu kämpfen haben. Anstatt selbst Menschen aufzunehmen, schickt man den betroffenen und armen Ländern mehr Polizei, die gleich deren Einreise verhindern sollen.

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Jürgen Gottschlich
Auslandskorrespondent Türkei
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10 Kommentare

 / 
  • AJ
    Andreas J

    an Maik

    Bis zum Jahr 2030 wird es 900 Millionen Hungertote geben ( Quelle: Fraunhofer-Institut), aber wohl kaum in Europa!

    Sonst noch Fragen?

  • I
    Ingo_meier

    "Die "Migranten" aus islamischen Ländern dienen den Grünen als Handlanger der Zerstörung Deutschlands."

     

    Das ist Unsinn, die Grünen haben der Erweiterung von Frontex ausdrücklich zugestimmt.

  • T
    Tom

    Man muss endlich die EuropäerInnen per Volksentscheid abstimmen lassen was mit den ganzen IllegalInnen passieren soll. Alles andere ist undemokratisch und am Volke vorbei regiert.

  • M
    Maik

    "Eurostat schätzt, dass im Januar 2010 in der EU27 insgesamt 22,979 Millionen Männer und Frauen arbeitslos waren, davon 15,683 Millionen in der Eurozone". (Quelle: Europa-Rapid-About,März 2010, nach Eurostat). Sonst noch Fragen?

  • JK
    Jürgen Kluzik

    Die Solidarität mit Flüchtlingen ist eine zentrale Selbstverständlichkeit jeder linken Bewegung. Die wird den Kampf für die Rechte der Asylanten nicht mit deren besonderer Notsituation begründen, sondern mit dem Recht auf globale Bewegungsfreiheit. Dass diese vorerst nur den europäischen und us-amerikanischen Barbaren zugestanden wird und die Ausdehnung dieser Freiheit auf die Habenichtse in der aktuellen Situation keine Chance hat, ist klar. Aber, das Fordern des Rechtes auf globale Bewegungsfreiheit ist wesentlich für das Entstehen einer kosmopolitischen Linken. Diese Linke wird den globalen Wert der Solidarität bejahen, die Staatsfixierung verneinen, die Rassisten und die nur materiell orientierten Privilegierten und deren Flüchtlingsabwehr bekämpfen.

  • TL
    taz Leser

    Die "Migranten" aus islamischen Ländern dienen den Grünen als Handlanger der Zerstörung Deutschlands. Der Austausch der deutschen Bevölkerung ist die wahre Agenda der Grünen, sie sind allerdings zu feige, das offen zuzugeben.

  • A
    andreas

    Sind es die gleichen Menschen die für Demokratie auf die Straße gegangen sind und Jene die jetzt das Land verlassen ?

    Also keine Menschen dabei die in diesen Diktaturen große und kleine Rollen gespielt haben ?

    Da "fliehen" 'neMenge Leute vor ihrer Verantwortung !

    Wie naiv ist der Autor eigentlich ?!

     

    @Jevu

    Die EU befindet sich aktuell in einem desolaten Zustand, und es ist noch nicht raus ob es die EU27 im nächsten Jahr überhaubt noch gibt !

    Warum es immer noch Zeiungen gibt die die EU zu so einer Art Schlaraffenland erklärt ist jedem in der wirklichen Welt lebenden Mesnchen ein Rätsel !

  • J
    Jevu

    "junge Tunesier und Schwarzafrikaner zeitweise aufnehmen". Wieviele der bisher eingewanderten Afrikaner sind denn nach zeitweisem Aufenthalt inzwischen zurückgekehrt? Wieviele Menschen würden z.B. allein aus Somalia einwandern, wenn die EU die Türen bedingungslos öffnete? Wer schafft Fortbildungen und Arbeitsplätze für hunderte Millionen "neuer Europäer"? Mit welchem Geld? Um Einwanderung wird Europa allein aus demographischen Gründen nicht herumkommen. Wenn aber einfach nur die Mauern fallen sind die sozialstaatlichen Systeme in wenigen Monaten pleite, die Staatsfinanzen brechen zusammen und die hungrigen Mobs gehen je nach Ethnie und Religion aufeinander los. Ein ziemlich hoher Preis für ein "gutes Gewissen", oder?

  • A
    alcibiades

    Die europäische Kommission ist für Entscheidungen dieser Tragweite nicht ausreichend demokratisch legitimiert. Das muss immer dazu gesagt werden. Es wird höchste Zeit, die EU-Strukturen von unten her umzukrempeln. Frontex könnte dabei gleich mal abgeschafft werden. Zu unmenschlich.

     

     

    Ein Anhängsel:

    "Staat arabischen Staaten zu fehlen, macht sie genau das Gegenteil" ist wirklich kein Satz. Könnte nicht mal jemand Staat durch Statt und fehlen durch helfen ersetzen? Dann macht es vielleicht mehr Sinn.

  • R
    @redaktion

    Der Teaser hat TYPOS! und hat Wortwiederholungen, die den Sätzen den Sinn nehmen.