Kommentar Finanztransaktionssteuer: Die Steuer ist es nicht, Merkozy!
Indem sich Merkel und Sarkozy auf die Finanztransaktionssteuer kaprizierten, haben sie die Eurokrise komplett verfehlt. Denn die hat mit Spekulation hast nichts zu tun.
U nd ewig grüßt das Murmeltier: Wieder einmal soll eine Finanztransaktionssteuer eingeführt werden. Es fällt schwer zu glauben, dass die angepeilten Milliarden jemals fließen werden. Denn es ist ja nicht das erste Mal, dass sich Kanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Sarkozy für diese Steuer begeistern. Bisher folgenlos, wie man weiß.
Vor allem aber: Was hat die Finanztransaktionssteuer mit der Eurokrise zu tun? Die war nämlich das offizielle Thema, mit dem sich Merkel und Sarkozy befassen wollten. Indem sich die beiden auf die Finanztransaktionssteuer kaprizierten, haben sie die Eurokrise jedoch komplett verfehlt.
Die Tobinsteuer ist zwar eine wunderbare Idee, um einen Teil der Börsenspekulation zu unterbinden. Vor allem minimale Arbitragegewinne würden sich nicht mehr rentieren, so dass der computergesteuerte Schnellhandel auf den Devisen-, Rohstoff- und Aktienmärkten nachließe. Aber die Eurokrise ließe sich mit dieser Steuer weder verhindern noch beeinflussen noch refinanzieren.
ist wirtschaftspolitische Korrespondentin der taz.
Denn die Eurokrise hat mit Spekulation fast nichts zu tun - sondern mit Angst. Grundsolide Anleger wie Versicherungen fürchten, dass Italien pleitegehen könnte. Also meiden sie italienische Staatsanleihen, also schießen die Zinsen für Italien in die Höhe, also treibt das Land in den Konkurs, also kaufen die Versicherungen erst recht keine italienischen Staatsanleihen mehr. Dieser Teufelskreis wird nicht durchbrochen, indem man eine Finanztransaktionssteuer einführt.
Macht auch nichts, könnte man denken. Eine gute Idee wie die Finanztransaktionssteuer wird ja nicht dadurch schlechter, dass sie aus den falschen Motiven durchgedrückt wird. Wenn sie denn durchgedrückt wird. Bisher grüßt nur das Murmeltier.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren